Liebe Frau Do, das Verhältnis zwischen der AfD und der deutschen Medienlandschaft muss man trotz der Versuche der Journalisten, die Partei fair zu behandeln und sie angemessen zu Wort kommen zu lassen, als gestört bezeichnen. In Wahrheit lehnt die AfD die Pressevielfalt ab, kritische Fragen sowieso. Björn Höcke, der Rechtsaußen der AfD und Vorsitzende der Partei in Thüringen, hat nun ein Interview mit dem ZDF abgebrochen, weil sein Sprecher fand, dass die Fragen Höcke unnötig „emotionalisieren“. Was wie eine peinliche Posse klingt und viel über Höckes Verständnis von Journalismus aussagt, ist in den aufgeregten sozialen Netzwerken gleich zur Staatsaffäre hochgejazzt worden. Das ist es natürlich auch nicht. Mein Kollege Gregor Mayntz kommentiert die Aufregung. Diese Exklusiv-Geschichte meines Kollegen Marc Latsch hat gestern bundesweit die Nachrichten dominiert: Abiturienten bekommen in fast jedem Bundesland immer häufiger ein Einser-Abitur, fast jeder vierte Abiturient hat inzwischen in Nordrhein-Westfalen eine Eins vor dem Komma. Das war vor 20 Jahren noch ganz anders. Woran liegt es? Ist die Schule zu leicht geworden oder sind die Schüler einfach zielstrebiger und die Qualität der Lehre besser? Die Debatte ist in vollem Gang. Marc Latsch bleibt dran. Er ist besonnen, ruhig und wirkt auf dem Chefsessel bei der Deutschen Bank ungewohnt bescheiden. Christian Sewing war gestern Gast beim Ständehaus-Treff im ehemaligen Düsseldorfer Landtag und gab sich trotz des wirtschaftlichen Abstiegs der größten deutschen Bank kämpferisch. Den radikalen Umbau der Bank will er konsequent umsetzen, die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank kritisierte er scharf. An den Aktienmärkten werden seine Bemühungen bisher nicht als schlagkräftiges Konzept wahrgenommen. Antje Höning und Georg Winters haben den Abend beobachtet, der auch für mich ein besonderer war. Denn es war mein letzter Ständehaus-Treff. 24 Mal durfte ich das renommierte Talk-Format in fünfeinhalb Jahren moderieren, ich habe es immer gerne und leidenschaftlich getan, auch wenn mir es manch ein Gast schwerer gemacht hat. Ich erinnere mich, wie der kluge Wolfgang Schäuble mir nach dem Talk einen Klaps auf den Rücken gab, und fragte: „War ich zu streng?“. Ich denke aber auch gerne an Gerhard Schröder, den ich mit Vehemenz zum Ständehaus gelotst hatte – und an diverse Verhandlungen mit seiner Sekretärin. Vor dem Gespräch musste ich dann gleich zwei Bier mit ihm trinken. Der Talk gab mir stets die Gelegenheit, den Gästen im Saal, aber auch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, die Einflussreichen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft von einer Seite zu zeigen, die in den Schlagzeilen nicht dominiert. Ein besonderer Gesprächspartner war auch Uli Hoeneß, der sich anschließend ärgerte, dass er zu viel preisgegeben hatte („Sie haben mich ganz schön genervt auf der Bühne!“). Auch Angela Merkel und Sebastian Kurz, die 2017 auf der Bühne waren, ließen ihre professionelle Maske fallen und private Fragen zu. Es waren politisch bedeutsame Momente dabei, wie zuletzt, als wir die beiden CDU-Frontleute Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz gemeinsam zu Gast hatten, eine Premiere. Oder 2016, als die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sich in der Kanzlerkandidatur-Frage etwas unglücklich äußerte – oder eher nicht äußerte und damit bundesweit Schlagzeilen produzierte. Es war interessant zu sehen, wie die Großen der Politik die überwiegend bürgerlich-liberale Düsseldorfer Klientel im Saal für sich gewinnen konnten – oder eben nicht. Ursula von der Leyen und Wolfgang Schäuble schafften dies schnell, Martin Schulz eher nicht. Auch Robert Habeck fand viele (weibliche) Anhänger, aber auch Kritik an seinen nebulösen Äußerungen. Ich bin gespannt, wen mein Nachfolger Moritz Döbler in den kommenden Jahren auf die Bühne lotsen wird. Mit dem Ostwestfalen Frank-Walter Steinmeier hatte ich 2014 direkt nach meiner Berufung zum Chefredakteur meinen Wunschgast auf der Bühne, mein Draht als früherer SPD-Korrespondent in Berlin half mir, schnell seine Zusage zu bekommen. Mit dem Ostwestfalen Sewing endet nun mein Gastspiel im Ständehaus. Das passt doch. Es war mir eine Ehre! Herzlich Ihr Michael Bröcker Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |