Die Aktie der auf Investitionen in Start-Ups spezialisierten Beteiligungsgesellschaft befindet sich weiter im freien Fall. Am Freitag ging es bei regelrecht explodierendem Handelsvolumen bis zum XETRA-Handelsschluss nochmals um 15 Prozent auf 1,649 Euro nach unten. Das ist ein neues 52-Wochen-Tief. Vor 14 Tagen hatte ich einen inneren Wert der Aktie von 2,00 bis 2,50 Euro ermittelt. Zugrunde gelegt hatte ich dabei die Bewertungen der einzelnen Beteiligungen bei den jeweils letzten Finanzierungsrunden. Mit Abstand die beiden wichtigsten der insgesamt sieben Firmen, die sich im Portfolio der Auden AG befinden, sind OptioPay und Fanmiles. Auden ist an sich auf Grund der geringen Größe des Unternehmens (Marktkapitalisierung aktuell nur noch 15 Millionen Euro) eher unbedeutend, aber speziell OptioPay gilt als eines der vielversprechendsten deutschen Start-Ups und das Börsenlisting von Auden gibt uns als Privatanlegern die Chance in solche potenziellen Stars von morgen zu investieren. Daher finde ich die Aktie an sich sehr spannend. Kritisch fiel mein letzter Artikel zu Auden vor allem deshalb aus, weil ich die offiziell von Analystenseite ausgegebenen Kursziele für viel zu hoch halte, die Kapitalerhöhung aus dem Oktober bei 7,00 Euro einen bitteren Beigeschmack gehabt hat und auch die Historie des Unternehmens (Listing von Kilian Kerner!) eher dubios ist. Hier nochmal der Link zu meiner Analyse von vor zwei Wochen. Vom damaligen Kurs bei 2,50 Euro hat die Aktie inzwischen nochmals über 34 Prozent verloren! Die Gründe sind auf den ersten Blick rätselhaft. Spekuliert wird darüber, ob ein Investor, der zu sehr hohen Kursen eingestiegen ist (z.B. bei der Kapitalerhöhung zu 7,00 Euro) jetzt unbedingt verkaufen möchte oder sogar verkaufen muss. Letzteres wäre dann möglich, wenn das Investment teilweise auf Kredit erfolgt wäre und nun Margin Calls der Banken erfolgen würden. Dafür spricht, dass der Verkaufsdruck enorm hoch ist und bei fallenden Kursen sogar noch zuzunehmen scheint (siehe Kursentwicklung am Freitag). Wer genau die Kapitalerhöhung zu 7,00 Euro gezeichnet hat, wurde von Auden nicht öffentlich gemacht. In der damaligen Meldung war lediglich die Rede von "institutionellen Anlegern aus Großbritannien und der Schweiz". Wörtlich heißt es: "Sämtliche 2.230.421 angebotenen neuen Aktien konnten im bisherigen Aktionärskreis sowie in der sich an das Bezugsangebot anschließenden Privatplatzierung zum Bezugspreis von EUR 7,00 platziert werden." Da die Aktie im Freiverkehr notiert ist gibt es auch keine Meldeschwellen bei deren Über- oder Unterschreiten eine Director´s Dealing-Meldung fällig würde. Somit tappen die Privatanleger im Dunkeln. Nur die Insider wissen, wer wieviel Aktien übernommen hat. Deswegen ist natürlich auch nicht auszuschließen, dass es sich beim Verkäufer um den Großaktionär der Auden AG, die Auden GmbH, handelt. Die wiederum gehört den beiden Unternehmenslenkern Christopher Radic und Ernst Frenko. Hier wäre eine Stellungnahme des Unternehmens zum aktuellen Kursverlauf wünschenswert. Schließlich hieß es in der Meldung ja, dass die institutionellen Anleger "langfristig orientiert" seien. Ich habe mir in dieser Woche auch nochmals die Auden-Meldung zur geplanten Finanzierungsrunde bei OptioPay angesehen. Dabei wurden meine Bedenken eher größer als kleiner. Am 17. Januar wurde angekündigt, OptioPay habe einen großen institutionellen Investor gewonnen, einen "internationalen Banken- und Versicherungskonzern", der "einen mittleren einstelligen Millionenbetrag als Wandeldarlehen bereit" gestellt habe. Dieses soll "zu einem festgelegten Bewertungsniveau bei der nächsten offiziellen Kapitalerhöhung in Anteile gewandelt werden." Und weiter: "Durch die aktuelle Finanzierung wurde darüber hinaus die bei der Kapitalerhöhung angestrebte Bewertung der OptioPay von 75 auf nunmehr 85 Millionen Euro angehoben." Auf Basis welcher Bewertung der internationale Banken- und Versicherungskonzern investiert bzw. investieren will, wurde aber nicht explizit genannt. Als Zeitfenster für den Abschluss der Kapitalmaßnahme ist in der Meldung von "in den nächsten Monaten" die Rede. Inzwischen sind über drei Monate vergangen - ohne dass Vollzug gemeldet worden wäre. OptioPay - Top oder Flop? Was macht OptioPay eigentlich genau? Das Unternehmen selber beschreibt es auf der Homepage folgendermaßen: Wir sind ein Berliner FinTech Unternehmen und haben die erste Softwarelösung entwickelt, mit welcher Auszahlungen, und damit Liquidität, vermarktet werden. Unsere Mission ist es, die Art und Weise wie Menschen Geld erhalten und ausgeben, zu verändern. Die OptioPay Auszahlungsplattform wickelt Zahlungen von Unternehmen an ihre Kunden oder Mitarbeiter ab und bietet diesen höherwertige Gutscheine als Auszahlungsoption an. Dank einer Vielzahl renommierter Werbepartner und der Möglichkeit, verschiedene Auszahlungsoptionen zu kombinieren, steigert OptioPay Flexibilität und Wert für Zahlungsempfänger. Unterstützt von internationalen Venture Capital Investoren und Banken als Anteilseigner, arbeitet ein vielfältiges Team aus über 50 Mitarbeitern aus 20 Ländern mit einer außergewöhnlichen Leidenschaft an unserem Ziel: Die Nummer 1 der Anbieter von Zahlungssystemen für Unternehmen zu werden. Am konkreten Beispiel: Ihnen wird das Fahrrad geklaut und ihre Versicherung zahlt Ihnen als Entschädigung 500 Euro dafür. OptioPay übernimmt nun für die Versicherung als "Auszahlungsdienstleister" und bietet Ihnen über seine Partner Alternativen zur Barauszahlung an, die einen Mehrwert bieten. Zum Beispiel - quasi "zweckgebunden" - einen Gutschein bei einem Fahrrad-Shop über 600 Euro. Oder auch alternativ einen bei z.B. Amazon für 535 Euro. Den Anreiz für die Marketingpartner wie den Fahrradshop oder Amazon beschreibt einer der beiden Gründer, Marcus Börner, hier schlüssig: "Unsere Argumentation bei Unternehmen beginnt immer mit der Frage: Wie ist eure Relation von Marketingkosten und Umsatz? Wenn ihr 20 Prozent eures Umsatzes für Marketing ausgebt, habt ihr auch bei OptioPay20 Prozent Spielraum für höhere Auszahlungswerte. Man kann natürlich auch die Straßen mit Plakaten vollkleistern, ohne zu wissen, was dabei herumkommt. Aber das ist doch ineffizient. Viel sinnvoller ist es, potenziellen Kunden individualisierte Angebote in dem Moment anzuzeigen, indem sie Geld erhalten. Wir machen 100 Prozent Performance Marketing, in einem für unsere Partner sehr lukrativen Moment, nämlich dann, wenn Menschen Kaufkraft haben." Der Knackpunkt ist aber die Frage: Was hat der "Auszahler", also z.B. die Versicherung, davon? Der Partner von Börner, Oliver Oster, äußert sich dazu im obigen Interview so: "Kannst du dich noch an die Zeit erinnern, als du Geld von deiner Oma erhalten hast? Mit dem Geld bist du dann in einen Laden und hast dir etwas gekauft. Und was du dir da gekauft hast, war noch immer mit Oma verbunden. So ähnlich ist das bei uns auch. Dieser Auszahlungsmoment ist ja durchaus sehr positiv und wurde vor OptioPay nicht zelebriert. Indem Auszahlungen über uns zu einer bewussten Entscheidung werden, verbindet der Kunde dieses Gefühl mit dem Auszahler. So erhöht man Kundenbindung und die Weiterempfehlungsrate." Dieser Argumentation finde ich deutlich weniger überzeugend. Ist das wirklich so? Oder könnte es nicht sein, dass der Versicherer das gar nicht will, weil er z.B. fürchtet, dass der Kunde an seiner Seriosität zweifelt? Was mir auch nicht gefällt war die Meldung aus dem Dezember, wonach drei Co-Founder, Moritz Claussen, Mike Rötgers und Oliver Neumann, das Unternehmen verlassen haben. Wenn ich als Start-Up kurz vor dem Durchbruch stehe, dann will ich doch die Lorbeeren mit ernten, erst Recht als Mitbegründer, und gehe nicht von Bord, zumal keine Gründe für den Abgang genannt wurden. Trotzdem: Ich finde das Geschäftsmodell zumindest interessant und es besteht durchaus eine Chance, dass OptioPay eine Erfolgsgeschichte wird. Die entscheidende Frage für uns als potenzielle Aktionäre ist aber doch: Wieviel bezahle ich durch den Kauf der Auden-Aktie - indirekt - für meine daraus entstehende Mitbeteiligung an OptioPay? Und wieviel hat Auden selbst dafür bezahlt? Und hier wird es interessant: Im Juni berichtete die "Wirtschaftswoche" folgendes: "Eine Commerzbank-Tochter hat – gemeinsam mit der KFW Bankengruppe und internationalen Privatinvestoren einen siebenstelligen Betrag investiert. Nun hat sich die Berliner Auden AG an dem Start-Up beteiligt – und zehn Prozent erworben. Zusammen haben sie sieben Millionen Euro investiert. OptioPay ist mittlerweile mit 15 Millionen Euro bewertet." Das ist gerade mal zehn Monate her. Bei der angesprochenen NAV-Berechnung für Auden war ich bereits - großzügig - von einem Wert von 85 Mio. Euro ausgegangen. Dabei habe ich also den angepeilten Wertansatz von OptioPay bzw. Auden für die angekündigte neue Kapitalrunde übernommen - obwohl diese ja noch nicht unter Dach und Fach ist. Das entspräche einer Wertsteigerung von 467 Prozent innerhalb dieses kurzen Zeitraums. Um höhere Kursziele zu rechtfertigen muss man schon ganz tief in die Discounted Cashflow-Trickkiste greifen, wie es First Berlin getan hat, die in der Analyse im März einen fairen Wert für OptioPay von 165 Mio. Euro angesetzt haben. Bei Fanmiles war der Aufschlag ja noch extremer (siehe auch hierzu den Artikel von vor zwei Wochen). Mir ist klar, dass die Bewertungsniveaus bei einzelnen Start-Ups explodieren können, wenn sie wirklich den Durchbruch schaffen. Aber das passiert durchschnittlich vielleicht in einem Fall von zehn. First Berlin geht in der Analyse quasi davon aus, dass jede Beteiligung von Auden sich perfekt nach Plan entwickelt, die Beteiligungen sich ALLE im Wert innerhalb von 12 Monaten vervielfachen (mit Ausnahme von Interstruct) - und kommt trotzdem "nur" auf ein Kursziel von 6,10 Euro. Ich frage mich, wie jemand tickt, der dann im Oktober vergangenen Jahres eine Kapitalerhöhung bei Auden zu 7,00 Euro je Aktie zeichnet, also zu einem Preis der nochmal 15 Prozent oberhalb des Kurszieles von First Berlin liegt und auch deutlich über dem damaligen Kurs der Aktie? Da liegt doch der Gedanke nahe, dass hier taktiert worden und der Preis bewusst zu hoch angesetzt worden ist, vielleicht um den Kurs der eigenen Aktie hochzutreiben? Irgendwie erinnert mich das fatal an den damaligen "Neuen Markt" um die Jahrtausendwende herum und der dortigen scheinbaren wundersamen Geldvermehrung. Blackbox OptioPay Wieviel ist OptioPay nun aber momentan tatsächlich Wert? Diese Frage lässt sich für einen Außenstehenden kaum seriös beantworten, weil keine konkreten Zahlen zur Geschäftsentwicklung bekannt sind. Auf der Homepage von OptioPay stammt die letzte Pressemitteilung vom 9. September 2015. Konkrete News über neue namhafte Kunden wurden nicht veröffentlicht. Fraglich ist auch, was es mit den Optionen auf sich hat, die Auden an OptioPay laut Pressemeldung besitzt: "Wir sind mehr als glücklich, mit der Auden AG direkt und mittelbar über Optionen eine Beteiligung von knapp über 20 Prozent an OptioPay zu halten", heißt es dort. Wie sind diese Optionen genau gestaltet? Beziehen sich die 20 Prozent auf den prozentualen Anteil, den Auden nach der geplanten Kapitalrunde besitzen wird? Und wie passt das damit zusammen, dass es ebenfalls laut Pressemeldung vom 17.01. ein "Pro-rata-Engagement der bereits beteiligten Investoren" geben soll. "Pro-rata" bedeutet ja soviel wie anteilig. Wenn Auden aber jetzt 10 Prozent an OptioPay besitzt und die Kapitalerhöhung anteilig zeichnet, würde das ja heißen, dass man danach auch nur 10 Prozent hält. Oder kann man die Optionen unabhängig von der Kapitalrunde zusätzlich ziehen? Jede Menge offener Fragen also. OptioPay und Auden könnten sämtliche Spekulationen auf einen Schlag beenden, wenn die Kapitalrunde zu 85 Millionen Euro tatsächlich unter Dach und Fach gebracht werden und Ross und Reiter genannt würden. Sprich: Klar aufgeschlüsselt würde, wer nach der Kapitalmaßnahme wieviel Anteile besitzt und was er dafür bezahlt hat. Sollte es dann tatsächlich so sein, dass externe Investoren (also außerhalb von Auden selbst) die Kapitalerhöhung zu 85 Millionen Euro in nennenswertem Umfang gezeichnet haben und Auden dann tatsächlich 20 Prozent von OptioPay gehören, würde der Kurs mit ziemlicher Sicherheit durch die Decke gehen. Denn dann hätte ja alleine die OptioPay-Beteiligung von Auden einen Wert von 17 Millionen Euro, was über der aktuellen Marktkapitalisierung von 14,7 Millionen Euro läge. Die ganzen restlichen Beteiligungen gäbe es umsonst oben drauf. Inzwischen halte ich dieses Szenario aber für ziemlich unwahrscheinlich. Die Erfahrung lehrt, dass es an der Börse oft so ist, dass zuerst die Kurse fallen und die schlechten Meldungen dann nachgereicht werden. Bei rund 580.000 gehandelten Aktien alleine am Freitag (bei insgesamt 8,9 Millionen ausstehenden Papieren) ist davon auszugehen, dass Großaktionäre auf der Verkäuferseite waren - und die haben oft einen Informationsvorsprung. Sollte der Marktwert von OptioPay aber seit Juni stagniert haben, fällt das obige Bewertungsszenario wie ein Kartenhaus zusammen. Dann wäre entsprechend natürlich auch die OptioPay-Beteiligung in den Büchern von Auden nur einen Bruchteil der obigen Summe wert. AUDEN AG (ISIN: DE000A161440) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | Innerer Wert (NAV) | Kurs | A16144 / AD1 | 14,6 Mio. EUR | keine Bewertung möglich | 1,64 EUR |
MEIN FAZIT: Meiner Schätzung für den fairen inneren Wert (NAV) der Auden-Aktie von 2,00 Euro bis 2,50 Euro lag die Annahme zugrunde, dass die Finanzierungsrunde für OptioPay - wie von Auden angekündigt - mit einer Bewertung von 85 Millionen Euro tatsächlich zustande kommt. Seither sind nun aber über drei Monate vergangen und der massive Verkaufsdruck in der Aktie deutet darauf hin, dass - im allgemeinen besser informierte - institutionelle Investoren hier Kasse machen. Das mahnt zur Vorsicht. Speziell bei Aktien, die im Freiverkehr notiert sind, lehrt die Erfahrung, dass oft zuerst die Kurse fallen und die schlechten Meldungen dann nachgereicht werden. Selbst nach einem Kursverlust von fast 75 Prozent, gerechnet vom 52-Wochen-Hoch bei 6,18 Euro, und seither scheinbar ausschließlich positiven News von Unternehmensseite, bin ich nicht davon überzeugt, dass die Aktie aus fundamentaler Sicht tatsächlich unterbewertet ist. Aus charttechnischer Sicht stellt sich die Frage, ob der Kursverlauf vom Freitag mit einer weiteren Beschleunigung des Absturzes bei deutlich steigendem Handelsvolumen tatsächlich auf Zwangsverkäufe wegen einer Schieflage bei einem Großaktionär (Margin-Call) zurückzuführen sind? Wenn ja, könnte eine heftige Gegenreaktion anstehen, wenn der Verkäufer "fertig" ist. Genauso gut könnte es aber sein, dass hier jemand ganz gezielt so schnell wie möglich aus der Aktie raus möchte, weil er weiß, dass schlechte News anstehen. Solange keine "echten" guten News von Unternehmensseite kommen, ist die Aktie ein reines Zockerpapier. Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in den genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert. Es liegt daher kein Interessenskonflikt vor. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. |