die Wucht der Reaktionen auf ihre Videos dürfte selbst für öffentlichkeitserfahrene Schauspieler überraschend gewesen sein. Deren Aktion #allesdichtmachen wächst sich inzwischen nämlich zu einem regelrechten Politikum aus. Was ist geschehen? Insgesamt 53 Darstellerinnen und Darsteller – darunter Branchengrößen wie Ulrike Folkerts, Inka Friedrich, Wotan Wilke Möhring oder Ulrich Tukur – haben kurze Filme aufgenommen, in denen sie sich mit sarkastisch-ironischer Zustimmung zur die deutschen Corona-Politik äußern. Durchgehender Tenor: Die Regierung möge unbedingt noch mehr Angst verbreiten, noch mehr absurde Eindämmungsmaßnahmen beschließen und am besten gleich den ewigen Lockdown durchsetzen. Nur dann werde alles gut. Man kann das alles geschmacklos finden oder deplatziert. Ebenso wie man es als einen ironischen Befreiungsschlag in einer Zeit feiern kann, wo Fernsehen, Rundfunk und überhaupt der ganz überwiegende Teil unserer Medienlandschaft sich darin gefällt, Tag für Tag neue Panikmeldungen zu verbreiten und so zu tun, als wäre Corona das einzige existierende Problem der gesamten Menschheit. Ich habe mir die Videos angesehen und darf in aller Nüchternheit feststellen: Sie sind erstens gut gemacht, zweitens wirklich originell und drittens fast durchgehend lustig. Aber gerade der letzte Punkt ist natürlich äußerst angreifbar: In und vor allem über die Pandemie verbieten sich offenbar sämtliche Witze. Apropos: Früher wurden sogar Weltkriegs-Komödien gedreht. Nun denn. Meinungskorridor wird enger Erschreckend sind allerdings solche Reaktionen, die letztlich auf ein Berufsverbot für die an #allesdichtmachen beteiligten Schauspieler hinauslaufen. Der ehemalige SPD-Minister und WDR-Rundfunkrat Garrelt Duin etwa forderte via Twitter, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müssten die Zusammenarbeit mit Stars wie Jan Josef Liefers beenden. Liefers hat sich übrigens unmissverständlich von allen Verschwörungsquerdenkern distanziert, in deren Ecke er und seine 52 Kollegen von interessierter Seite natürlich sofort gestellt worden waren. Auch Duin hat seinen Tweet inzwischen gelöscht. Dennoch bestätigt sich abermals der Eindruck, dass der Meinungskorridor immer enger wird. Unser Autor Mathias Brodkorb hat einen bedenkenswerten Kommentar zu dem ganzen Vorgang geschrieben. Sein Fazit: „Für gewöhnlich gehört es im Feuilleton und in der politischen Öffentlichkeit zum guten Ton, Kunst wie Wissenschaft für ihre kritische Freigeistigkeit zu preisen. Derartige Sonntagsreden tragen dabei symbolisch der Tatsache Rechnung, dass die Freiheitsrechte von Kunst und Wissenschaft im Grundgesetz aus gutem Grund einen besonderen Status genießen. Sie sollen demnach genau das für die Gesellschaft leisten, was Liefers für sich in Anspruch nimmt: das Handeln der Mächtigen ,kritisch‘ zu begleiten.“ Ich wünsche ein unaufgeregtes Wochenende! Ihr Alexander Marguier, Chefredakteur |