K-Frage: SPD-Streit spitzt sich zu - Auto-Gipfel: EVP will helfen
● K-Frage: Meinungsforscher warnt SPD |
● Söder: Kritik an ARD und ZDF |
● Forscher: So trocknete das Mittelmeer aus |
|
Liebe Leserin, lieber Leser,
so viel Abscheu ist lange nicht auf die FDP eingeprasselt. Dabei sind die Liberalen im parlamentarischen Schimpfwörterbuch traditionell gut vertreten: „Ökonomische Fundis“, „Pirouetten-Partei“, „Schutzgemeinschaft der Steuerhinterzieher“, „Umfaller-Partei“ und so weiter. Alles harmlos gegen die SPD-Rhetorik der letzten Tage: „Bösartigkeit als Methode: Ich bin tief erschüttert über dieses Verhalten der FDP“, leidet Arbeitsminister Hubertus Heil auf X. Gesundheitsminister Karl Lauterbach verspürt „unfassbare Enttäuschung“. Und für den Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich ist Christian Lindner gar ein „ehrloser“ Mensch. Man könnte meinen, der FDP-Chef habe Panzer-Konstruktionspläne nach Moskau verkauft und danach den Weinkeller des Willy-Brandt-Hauses leergesoffen. Mindestens. Ein ganz bisschen undramatischer war es dann doch: Der FDP-Spitze, so berichten „Zeit“ und „Süddeutsche“, ist nicht erst Anfang November in den Sinn gekommen, Dynamik in den Stillstand der Fortschrittskoalition zu bringen – mit einkalkuliertem Ende. Sondern – halten Sie sich bitte fest – es wurde schon seit dem Spätsommer im kleinen Kreis diskutiert, rumgesponnen, geplant. |
|
| Der politischen Inszenierung bezichtigt: FDP-Chef Christian Lindner (© dpa) |
|
Olaf Scholz, der wiederum seit August über einen Rauswurf Lindners nachdachte, hatte eigene Pläne, setzte dem Finanzminister die Pistole auf die Brust und hätte drei völlig unterschiedliche Reden vom Teleprompter ablesen können. Er wurde schließlich die schauspielerisch anspruchsvollste, die Empörungs-Variante. Im Ergebnis wurde einer Ampel der Stecker gezogen, bei der Rot, Gelb und Grün zuletzt ständig gleichzeitig aufleuchteten. Nun das „Wie“ dieses überfälligen Endes zu skandalisieren, ist verlogen. Doch im Wahlkampf überrascht es nicht, dass die SPD auf Frontalattacke gegen den Ex-Partner umschaltet. Schon eher, dass es auch die Union tut. Mein Kollege Felix Heck hat für den kommenden FOCUS in CDU-Kreisen recherchiert – und stieß auf Kritik: „Die Inszenierung des Ampel-Aus lässt Zweifel an der Ernsthaftigkeit des FDP-Politikansatzes aufkommen“, sagt zum Beispiel Unions-Fraktionsvize Steffen Bilger. Auch Bundesvorstandsmitglied Monica Wüllner wird deutlich: „Die Medienberichte zeigen, dass Christian Lindner sich seine Wahrheit gerne so zurechtbiegt, wie er sie gerade braucht.“ Schwarz-gelbe Romantik klingt anders. Klar, die Union hat nichts zu verschenken, wie noch 1983, als sie die FDP mit einer Leihstimmenkampagne rettete. Doch ob sie den akut vom Ausscheiden bedrohten Liberalen schaden sollte, bei so viel bürgerlicher Schnittmenge? Das ist mehr als eine Frage der Umgangsformen. Oder, wie es die FDP-Legende Otto Graf Lambsdorff einmal sagte: „Nach meiner Überzeugung wirken wir alle am besten, wenn wir arbeiten, nicht wenn wir reden.“ Was halten Sie von der aktuellen politischen Rhetorik? Schreiben Sie uns an feedback@focus-magazin.de |
|
| Wer hat bessere Chancen: Verteidigungsminister Boris Pistorius oder Bundeskanzler Olaf Scholz? (© Reuters) |
|
Demoskop zur K-Frage: Popularität ist nicht alles |
|
Thomas Peterson vom Allensbach-Institut warnt die SPD vor einem vorschnellen Kandidatenwechsel. „Popularität allein macht keinen guten Kanzler“, sagt der Meinungsforscher gegenüber dem FOCUS Briefing. Boris Pistorius steht im Insa-Politikerranking an der Spitze, Bundeskanzler Olaf Scholz rutsche diese Woche sogar hinter AfD-Chef Chrupalla auf den 20. und damit letzten Platz. Peterson wendet ein, die Zugkraft eines Kandidaten sei zwar wichtig. Doch die Auswahl müsse „von mehreren Faktoren abhängen und deswegen gehen solch hektisch getroffene Entscheidungen mit Blick auf Popularität gerne mal schief“. Er erinnert an 2017: „Ein totales öffentliches Geschrei um Martin Schulz, das ein paar Wochen lang anhielt und dann war das vorbei.“ |
|
Unterdessen spitzt sich – in Abwesenheit des G-20 Teilnehmers Scholz – der Konflikt in der SPD zu. Arbeitsminister Hubertus Heil mahnte, „aus den Fehlern von Herrn Söder und Herrn Laschet aus dem letzten Bundestagswahlkampf zu lernen.“ Altkanzler Gerhard Schröder warnte, die SPD „kann doch nicht den eigenen Bundeskanzler demontieren.” Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel hingegen schrieb auf „X“: „An der Basis der SPD steigt jeden Tag der Widerstand gegen ein Weiter-so mit Kanzler Scholz.“ Die Entscheidung der SPD-Führung soll bis zu einer „Wahlsiegkonferenz“ am 30. November fallen. Ein Parteitag am 11. Januar soll den Kanzlerkandidaten dann noch bestätigen. |
|
| ARD und ZDF ziehen vors Bundesverfassungsgericht (© imago-images) |
|
Söder: ARD und ZDF verspielen Vertrauen |
|
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kritisiert die angekündigte Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF: „Den Rundfunkanstalten würde mehr Zurückhaltung in eigener Sache guttun.“ Die Rundfunkanstalten ziehen vors Bundesverfassungsgericht, um einen von 18,36 auf 18,94 Euro im Monat erhöhten Rundfunkbeitrag durchzusetzen. Die zuständige Kommission KEF hatte den Mehrbetrag von 58 Cent empfohlen, die Bundesländer allerdings keinen Beschluss dazu gefasst. Eine fristgerechte Anhebung zum 1. Januar 2025 sei so nicht mehr möglich, so ARD und ZDF. Das Deutschlandradio beteiligt sich nicht an der Beschwerde. ARD-Chef Kai Gniffke erklärte, eine Verletzung des Verfahrens nicht hinnehmen zu können: „Recht und Gesetzestreue kennen nun mal keine Kompromisse“. Dem entgegnet Söder: „In Zeiten knapper Kassen ist eine erzwungene Gebührenerhöhung das falsche Signal.” Alle müssten maßhalten und „Rundfunkbeiträge von mehr als neun Milliarden Euro pro Jahr sind mehr als auskömmlich“. Eine Klage sei das falsche Signal, lasse Gespür für die allgemeine Lage vermissen und koste Vertrauen, so der CSU-Chef. |
|
| Roboter in der Automobil-Produktion (© dpa) |
|
EVP-Chef Weber ruft zum Autogipfel |
|
Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, hat Spitzenvertreter der Automobilbranche zum 1. Autogipfel („EVP Group Car Summit“) für heute ins Europaparlament nach Brüssel eingeladen. Unter anderem haben die Chefs von BMW, Volkswagen und Mercedes, Oliver Zipse, Oliver Blume und Ola Källenius, sowie weitere europäische Schwergewichte und Verbände zugesagt. „Wir werden gemeinsam mit rund 15 Vertreterinnen und Vertretern der Automobilbranche aus ganz Europa diskutieren, in welche Richtung wir die Weichen für die Zukunft stellen“, sagte Weber, 52, dem FOCUS gestern. Europaweit beschäftigt die Branche 2,4 Millionen Menschen, einschließlich der Zulieferer sogar 13 Millionen. Die Auto-Industrie sei „das Herz des industriellen Kerns Europas“ und stehe „vor großen Herausforderungen“, sagte ein EVP-Sprecher mit Blick auf den Wandel zum E-Auto. Vor allem chinesische E-Autobauer setzen Europa zu. Laut EU-Kommission profitieren BYD, Geely oder SAIC von hohen staatlichen Subventionen. Seit Ende Oktober gelten deshalb EU-Ausgleichszölle auf chinesische E-Autos, was Peking scharf kritisiert. Der Handelsstreit steht heute auch auf der Tagesordnung des Autogipfels. Außerdem gehe es um die Folgen des Wahlsiegs von Donald Trump, die „klimaneutrale Transformation“ und die „mögliche Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft“ der Automobilbranche. |
|
| Thyssenkrupp will im laufenden Geschäftsjahr wieder in die Gewinnzone (© dpa) |
|
Thyssenkrupp-Vorstand verspricht schwarze Zahlen |
|
Thyssenkrupp hat wegen hoher Abschreibungen auf seine Stahltochter erneut tiefrote Zahlen eingefahren. Im abgelaufenen Geschäftsjahr sei ein Verlust von 1,5 (Vj: -2,1) Milliarden Euro aufgelaufen, teilte der Konzern am Dienstag mit.Der Hauptversammlung will der Vorstand trotzdem eine stabile Dividende von 15 Cent je Aktie vorschlagen. Fürs laufende Geschäftsjahr peilt Konzernchef Miguel Lopez aber die Rückkehr in die Gewinnzone an. An der Börse kam das an. Am Dienstag legte die Aktie um gut zwölf Prozent zu. Auf der Pressekonferenz kritisierte Lopez erneut die schwierigen Rahmenbedingungen in Deutschland. „Die Energiekosten im produzierenden Gewerbe liegen weit über anderen Standorten“, sagte er und warnte: „Die Deindustrialisierung in unserem Land hat bereits begonnen.“ Erst vor wenigen Wochen hatte Lopez im Interview mit dem FOCUS eine Wende in der europäischen Energiepolitik angemahnt. |
|
500 Liter selbst gebrautes Bier sollen ab 2025 steuerfrei bleiben. Bislang liegt die Obergrenze bei 200 Litern. Der Bundestag hat das entsprechend geänderte Jahressteuergesetz 2024 bereits durchgewinkt. Am Freitag soll auch der Bundesrat grünes Licht geben. Ziel sei, den Verwaltungsaufwand zu senken. |
|
| Trockengelegt: Von der Stiefelspitze Italiens war vor sechs Millionen Jahren nichts mehr zu sehen (© Paubahi/CC-by-sa 3.0) |
|
Spurensuche: Als das Mittelmeer austrocknete |
|
Vor etwa 5,5 Millionen Jahren bahnte sich im Mittelmeerraum eine geologische Katastrophe an: Tektonische Verschiebungen hatten die Straße von Gibraltar gehoben und kappten allmählich den Zustrom frischen Meerwassers aus dem Atlantik. Das Mittelmeer begann auszutrocknen. Ein internationales Forscherteam hat nun den genauen Verlauf der sogenannten Salinitätskrise erkundet. Ihre Analyse zweier Chlor-Isotope in den kilometerdicken Salzablagerungen unter dem Meeresboden zeigt, dass sich der Schwund des Wassers in zwei dramatisch kurzen Phasen vollzog. In einem Zeitraum von 35.000 Jahren lagerten sich zunächst lediglich im östlichen Mittelmeer Salze ab, hinter einer Schwelle bei Sizilien. In einer zweiten, nur 10.000 Jahre dauernden Episode verschwanden enorme Wassermengen im gesamten Gebiet. Der Meeresspiegel sank um bis zu 2,1 Kilometer, das Wasservolumen um 70 Prozent. Mit möglicherweise gewaltigen Sturzfluten aus dem Atlantik füllte sich das große mediterrane Becken dann wieder. Derzeit wird die Straße von Gibraltar allerdings erneut seichter. Das Austrocknungs-Drama könnte sich wiederholen – in zwei oder drei Millionen Jahren. |
|
Gewinner: Ein Zeichen für einen Zeichensetzer. Die Universität Würzburg verleiht Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, die Ehrendoktorwürde. Der 70-Jährige hat dort Humanmedizin studiert und promoviert. Nun würdigt ihn jedoch nicht die Medizinische, sondern die Katholisch-Theologische Fakultät für seine Verdienste „um die Wissenschaft und um das kirchliche Leben”. Schuster nennt den „Dr. h.c.“ eine „große Ehre” und „ein Zeichen gelebten, interreligiösen, christlich-jüdischen Austauschs”. | |
Verlierer: Dritte Runde im Skandal ums norwegische Königshaus. So oft ist Prinzessin Mette-Marits Sohn Marius Borg Høiby, 27, inzwischen festgenommen worden. Der jüngste Vorwurf: Sexualvergehen an einer Person, die bewusstlos oder aus anderen Gründen wehrlos war. Im August war Kronprinz Haakons Stiefsohn wegen mutmaßlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung verhaftet worden. Er soll seine damalige Freundin angegriffen haben. Festnahme Nr. 2 zwei folgte, als Marius gegen eine einstweilige Verfügung wegen eben dieser Frau verstieß. | |
|
„Fast jeden Tag wird in Deutschland eine Frau oder ein Mädchen getötet.“ Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gestern bei der erstmaligen Vorstellung von Daten des Bundeskriminalamts zu Straftaten gegen Frauen. 2023 wurden rund 180.000 Mädchen und Frauen Opfer von häuslicher Gewalt, 17 Prozent mehr als 2019. Die Sexualstraftaten gegen sie stiegen im selben Zeitraum um 27 Prozent auf 52.000. | |
|
… ein kleiner Trost, falls Sie gestern irgendwo in der feuchtkalten Republik stundenlang für Dubai-Schokolade anstanden und leer ausgegangen sind: Ihre Fettzellen werden es Ihnen danken. Wobei, die gerade nicht. Denn sie sind tückisch, gefräßig und haben ein gutes Gedächtnis. So dick wie sie einmal waren, wollen die Fettzellen nämlich immer wieder werden. Das ist Ursache für den gefürchteten Jo-Jo-Effekt, den Forscher der ETH Zürich nun entschlüsselt haben. In den Kernen der Fettzellen von gemästeten Labormäusen fanden sie charakteristische Genveränderungen – der Grund, warum viele radikale Diäten sinnlos sind. | | Sieht harmlos aus, ist sie aber nicht: die Fettzelle (© dpa) | Löschen lässt sich das Gedächtnis der Fettzellen nicht, erst nach zehn Jahren ersetzt sie der Körper. Der Rat der Forscher lautet daher: Übergewicht von vorneherein vermeiden. Herzliche Grüße | | Tanit Koch |
|
| © 2024 FOCUS Magazin Verlag |
https://mailings.focus-magazin.de/go/fqd7e7ptumjx6v0yl0krg8g0tq7xwnoch74gc8cws1g1/33