Gegensätze haben es in sich. Man denke nur mal an Friedrich Merz und Angela Merkel. Zu der Zeit, als die beiden noch um den Fraktionsvorsitz der CDU rangen, waren sie doch stets eher wie Feuer und Wasser, denn wie Pech und Schwefel. Ein Hauen und Stechen, das 2004 schließlich dazu geführt hatte, dass Merz die Brocken entnervt hinwarf und sein ewiges Ringen mit der späteren Kanzlerin aufgab. Nun ist das Universum bekanntlich erst im Gleichgewicht, wenn die Gegensätze eine Einheit bilden. Niemand geringeres als der große Gegensatz-Denker Herakleitos von Ephesos hat das mal behauptet. Und am gestrigen Dienstag war es dann auch endlich soweit: Auf Einladung der Helmut-Kohl-Stiftung trafen Nordpol und Südpol, Kathete und Ankathete - mithin Merz und Merkel in Harmonie und Gleichklang aufeinander. Kunststück: Inhaltlich ging es bei dem Treffen auch weniger um alte Wunden, als vielmehr um das gemeinsame Andenken an Helmut Kohl. Und noch ein anderes Ungleichgewicht stand an diesem Tag mit im Raum: der immer mehr eskalierende Gegensatz zwischen Ost und West. Für den aber hatte Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel interessante Impulse bei der Hand: „Neue Handlungsspielräume“ gegenüber Russland mahnte Merkel an. Es sei das Vermächtnis Helmut Kohls, „parallel immer auch das im Moment so Undenkbare, schier Unvorstellbare“ mitzudenken. Dabei erinnerte sie an den Gedanken des „Doppelbeschlusses“ aus der Kohl-Zeit, der Abschreckung und Gesprächsbereitschaft gegenüber Moskau verband. Das Eine geht eben nur mit dem Anderen zusammen. Die Gegensätze müssen sich vereinen. Erst darin besteht das, was Herakleitos die „Ewigkeit der Welt" nennt und Cicero-Redakteur Volker Resing „Merkels Doppelbeschluss“. Merkwürdig übrigens wird es, wenn selbige Gegensätze durch einen einzigen Menschen hindurchgehen. Gegensätze wie „Atomausstieg“ und „Streckbetrieb“. Bei Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) scheint das so zu sein. Denn jetzt will Habeck mit einem Mal doch zumindest zwei deutsche Atomkraftwerke bis zum Frühjahr laufen lassen. Cicero-Wirtschaftsredakteur Daniel Gräber ist sich sicher, dass das nicht reichen wird. Deutschland brauche eine echte Kehrtwende in der Atompolitik und eine richtige Laufzeitverlängerung für mehrere Jahre. Für parteipolitische Taschenspielertricks sei die Lage zu ernst. Was Deutschland noch braucht? Eine Kopftuchdebatte! Das meint zumindest der Islamismus-Experte Ahmad Mansur. Denn während im Iran Frauen gegen den Hijab-Zwang auf die Straße gehen, wird das Kopftuch in westlichen Gesellschaften verharmlost, so Mansour im Cicero-Interview. Deutschland ertrinke in seiner Naivität und sei auf eine neue Migrationswelle zudem schlechter vorbereitet als während der Flüchtlingskrise im Jahr 2015. Für den Autor und Psychologen ist klar: „Islamisten machen Kopftücher zu ihren Flaggen“. Zu einem anderen Thema: Nach dem Druckabfall in den Nord-Stream-Gaspipelines unter der Ostsee haben die dänischen Behörden drei Lecks an Nord Stream 1 und Nord Stream 2 festgestellt. Im Cicero-Interview erklärt Ralph Thiele, Militärexperte und ehemaliger Bundeswehr-Oberst, warum er eine Sabotage für wahrscheinlich hält, wie leicht es ist, kritische Infrastruktur im Meer lahmzulegen – und wem der Nord-Stream-Zwischenfall am meisten nutzt. Thieles Zwischenfazit: „Es kann kein Zufall sein, dass so viele Fehlfunktionen gleichzeitig auftreten“. Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur |