Lange hat sich Ursula von der Leyen geziert, die Frage zu beantworten, ob sie für eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin antritt. Sicherlich auch, um nicht zu lange im Voraus eine Angriffsfläche für Gegner zu bieten. Heute wird sie sich wohl aus der Deckung wagen. Bei einer CDU-Vorstandssitzung im Konrad-Adenauer-Haus wird die ehemalige Verteidigungsministerin aller Wahrscheinlichkeit nach von der CDU für die Spitzenkandidatur der Europäischen Volkspartei (EVP) nominiert werden. Gegen Mittag wird erwartet, dass von der Leyen mit CDU-Chef Merz vor die Presse tritt, um dies auch offiziell zu verkünden. Der Wahlkampf wird dabei das geringste Problem für von der Leyen werden. Die EVP liegt in der EU auf Kurs, stärkste Kraft im Europaparlament zu werden. Ihre Hauptgegner, die europäischen Sozialdemokraten, nominierten den relativ unscheinbaren EU-Kommissar Nicolas Schmit aus Luxemburg, was fast schon wirkt, als habe die Konkurrenz sich damit schon in ihr Schicksal gefügt. Schwieriger wird die bevorstehende zweite Amtszeit werden. Nach Prognosen steht dem Parlament mindestens ein leichter Rechtsruck bevor. Um von genügend EU-Abgeordneten bestätigt zu werden und handlungsfähig zu bleiben, muss das neue Programm der zentristischen von der Leyen dies widerspiegeln. Wie auch schon in von der Leyens erster Amtszeit, werden die bestehenden Herausforderungen nicht geringer. Es gilt, dem Klimawandel, Russlands Krieg in der Ukraine, Wettbewerbsfähigkeit und einer möglichen Rückkehr Donald Trumps Herr zu werden. Wie eine Auswertung von von der Leyens offiziellen Reisedaten zeigt, ist die Beziehung zu Deutschland dabei auf allen Ebenen von zentraler Bedeutung. Doch nicht nur im positiven Sinne: Ihre eigene Partei könnte sie dazu zwingen, gegen ihre eigene Bilanz anzuarbeiten, wie wir hier analysieren. |