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Liebe Leserinnen & Leser,
der Handelsverband Deutschland (HDE) stellt sich angesichts der frostigen Verbraucherstimmung und hoher Energiekosten auf weitere Rückschläge für den stationären Einzelhandel und ein schnelleres Ladensterben ein. Der Verband warnt vor einem "Desaster in vielen Innenstädten", wenn Einzelhändler bei denen von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Milliardenhilfen gegen hohe Energiekosten außen vor blieben. Das wäre wohl ein gutes Wort zum Sonntag - wenn nicht heute erst Dienstag wäre.
Und nun zu unseren Retail-News, diesmal etwas internationaler als sonst.
Viele Grüße, Ihr Florian Treiß
Der chinesischen Fast-Fashion-Riese Shein steht in der Kritik, nachdem der britische Fernsehsender Channel 4 gestern Abend die Dokumentation "Untold: Inside the Shein Machine" ausgestrahlt hatte. In der Sendung besuchte eine Undercover-Journalistin Fabriken, die Kleidung für Shein liefern, und kritisierte "ausbeuterische Arbeitsbedingungen", die sie vor Ort gefunden habe. Demnach gäbe es in den Fabriken keine festgelegten Arbeitszeiten und die Arbeitnehmer*innen hätten nur einen einzigen Tag pro Monat frei. Es gäbe 18-Stunden-Schichten sowie hohe Geldstrafen für Arbeiter*innen, die Fehler machten. Shein selbst gehört keine der kritisisierten Fabriken. Das Unternehmen hat zu den Vorwürfen bereits Stellung bezogen und mitgeteilt, solche Fabriken würden "gegen den Verhaltenskodex verstoßen, dem jeder Shein-Lieferant zugestimmt hat." Jede Nichteinhaltung dieses Kodex werde schnell geahndet und man werde "Partnerschaften beenden, die nicht unseren Standards entsprechen." Shein arbeite zudem bereits jetzt mit Anbietern wie TÜV, SGS, OpenView und Intertek zusammen, "um unangekündigte Audits bei Zulieferern durchzuführen". Die Reporterin behauptete weiter, sie habe eine "Kultur des Designdiebstahls" bei Shein vorgefunden. Darauf antwortete Shein mit folgendem Statement: "Wenn berechtigte Beschwerden von gültigen Inhabern von IP-Rechten erhoben werden, geht Shein umgehend auf die Situation ein."
Die Video-App TikTok will offenbar stärker im E-Commerce mitmischen und plant den Bau und Betrieb eigener Versandzentren in den USA. Das geht aus verschiedenen Stellenanzeigen hervor, die der US-Fachdienst Axios entdeckt hat. "Mit der Bereitstellung von Lagern, Versand und Retouren-Management wollen wir Verkäufern dabei helfen, ihre Betriebsfähigkeit und Effizienz zu verbessern, Käufern ein zufriedenstellendes Einkaufserlebnis bieten und ein schnelles und nachhaltiges Wachstum von TikTok Shop sicherstellen", heißt es in einer der Stellenanzeigen. TikTok ist für immer mehr Influencer, Creators oder "TikToker" genannte Menschen die Plattform der Wahl, um Produkte zu vermarkten, und könnte Instagram dabei bald den Rang ablaufen.
Der Spezialist für wiederaufbereitete Elektronikartikel Refurbed aus Österreich peilt offenbar an, dieses Jahr bis zu 500 Millionen Euro Handelsvolumen zu erzielen. Das geht aus einem OMR-Podcast mit Gründer Kilian Kaminski hervor, wonach Refurbed für dieses Jahr mit einer "mittleren dreistelligen Millionensumme Außenumsatz" (General Merchandising Volume, GMV) rechnet. Die Marge liegt demnach bei etwa zehn Prozent. Der Großteil der Geräte seien Geräte, die Firmen an ihre Mitarbeitenden ausgehändigt hätten. 500 bis 1.000 Refurbishing-Partner seien auf Refurbed aktiv, so Kaminski. Denen stünden zwei Millionen Kunden gegenüber.
In den USA bahnt sich eine Neuordnung des Lebensmittelhandels an: Der zweitgrößte Einzelhändler des Landes Kroger will die Nummer 4 nach Umsatz Albertsons für 24,6 Milliarden Dollar übernehmen. Dadurch entstünde ein riesiges Supermarkt-Konglomerat mit rund 5.000 Standorten (siehe Bild), zu dem u.a. auch die Ketten Safeway oder Acme sowie auch kleinere regionale Anbieter gehören. Gemeinsam kämen beide Firmen auf einen Jahresumsatz von zuletzt 210 Milliarden Dollar, einen operativen Gewinn von über 11 Milliarden Dollar und einen Netto-Gewinn von über 3 Milliaden Dollar pro Jahr. Gemeinsam wollen die Partner den Rivalen Walmart und Amazon stärker Paroli bieten.
Der britische Online-Matratzenhändler Eve Sleep hat einen Insolvenzantrag gestellt. CEO Cheryl Calverley sagt, sein Unternehmen habe "Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt", um das Geschäft am Laufen zu halten, doch es habe "dem wirtschaftlichen Tsunami" nicht standhalten können. Dieser sei durch die Kaufzurückhaltung bei Einrichtungsgegenständen entstanden, der durch die hohe Inflation ausgelöst worden sei. Doch die Rettung naht offenbar: Wenige Stunden nach Bekanntgabe der Insolvenz teilte der stationäre Matratzenhändler Bensons for Beds mit, er habe von Eve Sleep die Website, die Marke und andere damit verbundene Vermögenswerte einschließlich kreativer Inhalte gekauft, um seine Attraktivität für jüngere Kunden zu erhöhen.
Viele D2C-Marken dehnen ihren Online-Direktverkauf auf stationäre Formate aus. Event, Genuss, Interaktion und Ausprobieren sind dabei oftmals zentrale Verkaufsargumente, wie "Stores + Shops" berichtet und dabei einige interessante Beispiele nennt. Dazu zählt O’Donnell, ein junges Spirituosen-Label. Es arbeitet mit ausgesuchten Fachhändlern zusammen, setzt aber vor allem auch Events wie Streetfood- und Weihnachtsmärkte, Tattoo-Conventions etc. Dazu kommen jährlich rund15 Pop-up-Stores in Shopping-Centern sowie auch schon acht eigene Stores.
Das Konzept Connected Commerce, also die Vernetzung von stationärem und digitalem Handel, könnte für den Handel der Zukunft richtungsweisend sein. Schließlich haben die Krisen der letzten Jahre gezeigt, dass der stationäre Handel arg gebeutelt ist und der digitale Vertrieb etwas krisenfester ist. Viele der großen Störfaktoren im stationären Handel könnten mithilfe eines Omnichannel-Modells beseitigt werden, wie eine Studie des ECC Köln zu Connected Commerce verdeutlicht. Gerade Omnichannel-Services wie Click & Collect, eine Instore-Navigation oder die Online-Produktverfügbarkeitsanzeige in Echtzeit reduzieren den Zeitaufwand und erhöhen den Komfort des Einkaufs.
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