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Berliner
Ordnungsruf
Politik und Ordnung
in der Zeitenwende
Themen:
#Bildung
#Titanic
#Enkelfähigkeit
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Auf Kollisionskurs mit der Zukunft
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Die großen Umbrüche der Gegenwart lösen eine Zeitenwende aus. Es ist Zeit für neue Ideen und eine progressive Ordnungspolitik: Wie können wir unsere Werte schützen und zukunftsfähige Visionen entwickeln? Und welche Rolle spielt Europa dabei?
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Liebe Leserinnen und Leser,
neben allen schlechten Nachrichten der letzten Monate – und es gab bekanntermaßen viele – ist diese besonders deprimierend, weil selbstverschuldet und absehbar: Der heute schon akute Mangel an Lehrkräften wird sich in den kommenden Jahren dramatisch verschärfen. Und es gibt eigentlich nichts, was jetzt noch getan werden könnte, um diese Entwicklung abzuwenden. Es ist wie in dem Film „Titanic“, als der Kapitän nach der Kollision mit dem Eisberg sagt: „Egal, was wir ab jetzt noch tun: Die Titanic wird untergehen.“ Kein Geld für Bildung zu haben, ist für eine Gesellschaft nichts anderes, als sich auf Kollisionskurs mit der eigenen Zukunft zu begeben. Wir spielen mit ihr wie an einem Roulettetisch, der auf der Titanic steht. Ganze Jahrgänge von Schülerinnen und Schülern werden wissentlich in einen lange bekannten chronischen Bildungsmangel geschickt, der ihr ganzes Leben prägen wird. Dabei wissen wir, und das ist gut belegt (vgl. die Forschung von James Heckman), dass gerade die frühkindliche Bildung die wichtigste Investition des Lebens ist. Das Versprechen von Bildung ist indes nicht Wohlstand allein, sondern vor allem Selbstbestimmung und Teilhabe, was in einer zunehmend fragmentierten Gesellschaft und im Zeitalter von ChatGPT und Fake News die vielleicht wichtigsten Errungenschaften von Bildung sind.
In Zukunft unterinvestiert
Der Umstand, dass wir an dem Mangel kurzfristig nichts ändern können, sollte dieses Mal aber nicht zu der Reaktion der vergangenen Jahre und Jahrzehnte führen, nämlich tatsächlich nichts dagegen zu tun. Im Gegenteil: Die ökonomische Rationalität verhält sich diametral zur menschlichen Psychologie: Gerade das, was lange dauert, muss man so früh wie möglich beginnen. Es ist eine ökonomische Banalität: Wenn wir wissen, dass es in Zukunft eine Knappheit geben wird, müssen wir heute in diese Knappheit investieren, damit sie nicht eintritt. Es ist geradezu absurd, dass heute so viel über Resilienz und Nachhaltigkeit gesprochen wird, aber dieses einfachste und wirksamste Instrument politisch kaum Beachtung findet. So verwundert es nicht, dass uns heute eine Krise nach der anderen ereilt. In fast allen wichtigen Bereichen sind wir unterinvestiert. Es gibt keine Resilienz im dauerhaften Mangel, keine Nachhaltigkeit in andauernden Krisen. Gut durch Krisen zu kommen, scheint die einzig verbliebene Ambition zu sein. Es ist nicht mal eine, sondern in Wahrheit die größtmögliche Bequemlichkeit einer Gesellschaft.
Wenn Gegenwart Zukunft kostet
Hat es Gründe, weshalb wir in diese Situation geraten sind? Ja. Ist allein die Politik schuld? Nein. Es ist eine krude Mischung aus Besitzstandswahrung, Sicherheitsansprüchen und Technologiefeindlichkeit, die hierher geführt hat. Automatisierung und der Einsatz digitaler Innovationen wurde bis heute mit dem Hinweis auf ungeklärte ethische Fragen und ungewisse arbeitsmarktpolitische Folgen – Stichwort "technologische Arbeitslosigkeit", die es jedenfalls dauerhaft nie gegeben hat, wohl aber einen dauerhaften technologischen Wohlfahrtseffekt – abgelehnt. Dabei könnte Technologie heute helfen, mit den vielfältig entstehenden Angebotsengpässen besser umzugehen. Das galt für die Pandemie ebenso wie es heute für die Energiewende oder eben den Lehrkräftemangel gilt. Der zweite Grund ist die Demografie: Besitzstandswahrung betont den Konsum gegenüber den Investitionen, den Status quo gegenüber dem Wandel, die Gegenwart gegenüber der Zukunft. Die „amtierende“ Generation, die in Amt, Würde und Verantwortung steht, verteidigt ihre altersegoistischen Interessen bis zum – wenn nötig, bitteren – Ende: Jetzt bloß nicht den über viele Jahre aufgebauten, hart erarbeiteten und wohlverdienten Wohlstand gefährden. Und koste es jenen der nächsten Generation. 2050 hat 2023 einfach keine Mehrheit. Viele kennen es aus eigener Erfahrung und Erinnerung: Wenn Kinder oder Jugendliche einen aufmunternden Rat oder Beistand für mutige Entscheidungen suchen, gehen sie eher als zu den Eltern zu den Großeltern, die das Leben bereits wieder aus einer anderen Perspektive betrachten. Wenn heute Kinder nach ihrer Zukunft fragen, werden sie eher bei den Älteren Gehör und Verständnis finden.
Enkelfähige Politik
Zukunftsfähigkeit von Politik wird oft mit dem Begriff der „Enkelfähigkeit“ umschrieben. Was könnte diesen Begriff besser illustrieren als ein Lehrkräftemangel, der unseren Kindern und Enkeln buchstäblich die Zukunft unter den Füßen wegzieht. Ordnungspolitik bedeutet eben auch, die Interessen zukünftiger Generationen in heutigen Entscheidungen mit zu berücksichtigen, die Grundlagen für Wohlstand und Fortschritt langfristig zu erhalten und immer wieder zu erneuern und weiterzugeben. Ordnungspolitik ist Politik hinter dem Rawls'schen Schleier der Unwissenheit. Gerade weil ihre Prinzipien abstrakt gelten, sind sie als Idee von Fairness allgemein abwendbar. Gemessen an dieser Definition schneidet die Wirtschaftspolitik der letzten Jahre schlecht ab. Ob Energie, Sicherheit oder eben Bildung – überall ist die Zukunftsrendite wegkonsumiert worden. Und noch eines sollte nicht übersehen werden: Wer in Krisen den Mangel lediglich umverteilt, statt den Fortschritt für alle zu fördern, erhöht langfristig die Ungleichheit. Krisen schaden denjenigen am meisten, die ihnen nicht ausweichen können. Es ist symptomatisch, dass mit Blick auf die Zukunftsprobleme die Lösung in Innovationen liegen sollen, gleichzeitig aber für diejenige Generation, die sie entwicklen soll, der MINT-Unterricht fast vollständig ausfällt. Die Rettungsboote werden bereits zu Wasser gelassen. Kinder bitte zuletzt.
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Prof. Dr. Henning Vöpel
Vorstand Stiftung Ordnungspolitik
Direktor Centrum für Europäische Politik
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Neue EU-Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit
Bei vielen Unternehmen schrillen derzeit die Alarmglocken. Denn im Januar 2023 ist eine neue EU-Richtlinie in Kraft getreten, die zahlreiche Unternehmen erstmals einer Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung unterwirft und sie vor enorme Herausforderungen stellt.
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Why Europe Needs New Antibiotics
Europe is lacking in the development of new antibiotics for the treatment of sometimes deadly infections. Support via grants from the EU and Member States have not had the desired effect. An incentives system for continuous innovation should be created.
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Ihr europapolitischer
ThinkTank
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