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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 30.09.2022 | Mix aus Sonne und Wolken bei bis zu 17°C. | ||
+ Berlin droht ein Jahr politischer Stillstand + Gaspreisbremse steht – aber noch nicht genau fest + Berliner Rockerclub „Hells Angels MC Berlin Central“ ist nun verboten + |
von Robert Ide |
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Guten Morgen, Berlin – mach‘ neu! Wenn es nur so einfach wäre. Ein Jahr ist die alte Wahl erst her, und schon ist alles ganz anders. Berlin hat eine neue Wahl, weil die alte verwurschtelt wurde. Doch weil gar nicht neu gewählt wird, sondern die alte Wahl wiederholt werden muss, tritt das gleiche Personal an – an der Spitze, auf den Listen, in den Bezirken. So schreibt es die Landeswahlordnung vor. Nur einer könnte fehlen: der frühere Innensenator Andreas Geisel (SPD), dessen Amt die Aufsicht über die alten Wahlen oblag. Geisel, inzwischen umtriebiger Bausenator, spürt zwar nach eigenen Worten seine Verantwortung, will sie aber bisher nicht übernehmen. Ja, das wird spannend: Werden sich nun Grüne und CDU verbünden, um die jahrzehntelange SPD-Herrschaft im Roten Rathaus zu brechen? Wird sich die von Parteipatriarch Raed Saleh angeführte SPD diesmal in eine Koalition mit CDU und FDP zu retten versuchen? Wie schwach wird die Linke, die es im Bund nicht schafft, sich glaubhaft vom russischen Kriegsdespoten Putin zu distanzieren? Wie stark wird die immer radikalere Protestpartei AfD, die es auch in Berlin nicht schafft, sich glaubhaft von Rechtsextremen zu distanzieren? Ja, das wird schwierig: Der Verfassungshof wird im Dezember endgültig entscheiden, einen Einspruch beim Bundesverfassungsgericht will niemand erheben. Spätestens auf den Weihnachtsmärkten beginnt der Wahlkampf. „Wir werden alle rote Pudelmützen tragen“, scherzte die Noch-Regierende Franziska Giffey (SPD) bei der Krisensitzung ihrer Partei. Doch die Bescherung für Berlin ist eine andere: Statt neuer Gesetze sind nun Stellungskämpfe zu erwarten, auch innerhalb der rot-grün-roten Koalition. Mitte März müsste neu gewählt werden. Die neue Koalition würde sich dann wohl bis Mitte Mai zusammenfinden. Danach hätte sie noch einen Monat Zeit für Sofortprogramme und politische Initiativen. Dann geht das Abgeordnetenhaus in die Sommerpause. In den Bezirken könnte die Neufindung sogar noch länger dauern – hier steht manch ein über Monate hinweg mühsam geschmiedetes Bündnis wieder am Nullpunkt. Das politische Berlin wäre also erst ab September 2023 wieder wirklich handlungsfähig. Ein weiteres Jahr wäre dann vergangen. All das spricht für intensive Monate – und das mitten in einem auch sozial frostigen Winter mit einem Krieg vor Augen und einem teuren Energiedispo auf den Konten. Berlin – mach‘ neu? Wenn es nur so einfach wäre. Doch all diese Umstände sind nicht die Hauptsache an der neuen alten Wahl. Das Wichtigste wird sein, zerstörtes Vertrauen zu reparieren – durch eine tatsächlich freie, geheime, faire Abstimmung, durch eine endlich funktionierende Verwaltung. Nur das wird die Demokratie in Krisenzeiten stärken und auch Berlin als Stadt wieder stärker machen. Wer übernimmt dafür jetzt die Verantwortung? | |||||
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Fall auf Knall geht’s hier weiter mit dem Doppelwumms – wie die SPD die neue Strom- und Gaspreisbremse nennt. Vielleicht liest ja Bundeskanzler Olaf Scholz, der bereits rhetorisch mit der Bazooka rumballerte, einfach zu viele Comics. Aber womöglich sollen die großspurigen Worte auch vom bisher kleinteiligen Streit in der Ampel-Koalition ablenken. Unklar ist weiterhin, wie viel Prozent des Gasverbrauchs für Verbraucher und Unternehmerinnen finanziell gedeckelt werden und ab wann die teuren Marktpreise zu zahlen sind. Ganz ohne Wumms dürfte keine Energierechnung dieses Winters bleiben. Immerhin lernt die Regierung in der Krise dazu. „Es muss darauf geachtet werden, dass die Spitzenverbräuche nicht subventioniert werden“, sagt Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Das ist schon mal ein Fortschritt zum Tankrabatt, dem verpufften Lieblingsprojekt von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Eine Übergewinnsteuer für Firmen, die sich an der Krise dumm und dämlich verdienen, sucht man allerdings vergebens. Eines ist zumindest klar: Die umstrittene und im letzten Moment zurückgenommene Gasumlage wird laut Habeck „in die Annalen der Geschichte eingehen“. Als Rumms, der der Regierung mit Wumms um die Ohren geflogen ist. | |||||
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Das Menschenrecht auf Menschenrechte wird gerade von den mutigen Frauen im Iran verteidigt, die für ihre Selbstbestimmung kämpfen und dabei um ihr Leben fürchten müssen. In Berlin regt sich nun eine Solidaritätsbewegung – etwa mit einer Kundgebung am Brandenburger Tor, organisiert unter anderem von Düzen Tekkal. Die kurdischstämmige Autorin und Menschenrechtlerin erzählt im Checkpoint-Interview, wie Berlin jetzt der Demokratiebewegung im Iran helfen kann. Frau Tekkal, es dringen immer weniger Nachrichten aus dem Iran heraus. Welche aktuellen Informationen haben Sie zu den Freiheitsprotesten? Wir kriegen immer noch viele Nachrichten von Protestierenden im Iran – teilweise sind sie kryptisch wegen der Internetsperren und wegen drohender Verfolgung. Die Informationen kommen von mutigen Menschen, sie berichten von Verhaftungen und dem Verschwinden von Angehörigen, aber auch von anhaltendem Widerstand. Es ist schon gefährlich, diese Informationen zu verbreiten. Die verfolgten Menschen sagen mir: Je leiser es bei uns wird, desto lauter müsst Ihr werden! Kehrt die Angst vor dem Mullah-Regime zurück? Viele junge Leute im Iran sind zum ersten Mal auf der Straße. Gegen ihren Mut und ihre Wut versucht das Regime die Angst zu setzen. Viele Eltern haben zu Recht Angst, dass ihre Kinder verschwinden und hingerichtet werden. Aber Mut macht auch Anderen Mut. Der Tod der jungen Mahsa Amini in Polizeigewahrsam war dafür ein Fanal. Sie ist gestorben, weil sie eine Frau war, weil sie Kurdin war und weil sie das Kopftuch angeblich nicht richtig getragen hat. Ihre Eltern haben es gewagt, das öffentlich anzuprangern – sie haben sie nicht heimlich beerdigt, wie das Regime es wollte. Dieser Mut, geboren auch aus dem kurdischen Widerstand, hat sich übertragen. Die Iranierinnen nehmen es als Verbrechen an sich selbst wahr. Sie haben eine Solidaritätskundgebung am Brandenburger Tor mitorganisiert. Wie kann die Berliner Community den iranischen Frauen helfen? Wir müssen unseren Blick auf das iranische Regime ändern. Auch viele Menschen in der iranischen Diaspora in Berlin haben Angst vor dem Geheimdienst oder fanatischen Regime-Anhängern; vor brutalen Männern, die ihnen ihr Aussehen und ihr Denken vorschreiben wollen. Meine Eltern machen sich auch Sorgen um mich. Angst hört nicht auf, weil man in Europa lebt. Diktaturen haben einen langen Arm auch in Deutschland – das sehen wir doch an Russland. Was dagegen hilft? Den Regimen entschlossen entgegenzutreten. Zeigen, dass wir frei leben wollen auf dieser Welt. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat zum Amtsantritt eine feministische Außenpolitik postuliert. Was muss die Bundesregierung und was kann Berlin jetzt dafür tun? Es braucht eine Wende in der Iran-Politik. Westliche Sanktionen müssen die Mächtigen treffen, nicht die Zivilbevölkerung. Bisher wurden Frauenrechte im Iran von unserer Politik ignoriert – mit der Ausrede: So ist das bei den Mullahs eben. Es braucht jetzt Taten für die geschundenen Frauen, die für unsere Werte kämpfen – was sonst soll feministische Außenpolitik sein? Die Frauen versuchen einen emanzipatorischen Befreiungsakt; dafür brauchen sie uns. Der Fokus einer neuen Außenpolitik gehört auf Menschenrechte gelegt, nicht nur auf die Beschaffung von Rohstoffen. Sonst verraten wir unsere Werte. Unsere Solidarität wird von den Opfern gehört. Dafür können alle etwas tun. | |||||
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So, bitte jetzt nicht aufregen: Am Wochenende gibt’s Regen. Berlin kann das Wasser gut gebrauchen, müsste es aber noch besser verbrauchen. Bisher sind in diesem Jahr gut 300 Liter pro Quadratmeter gefallen. „Das ist etwa die Hälfte der normalen Jahresmenge“, sagt Darla Nickel auf Checkpoint-Nachfrage. Die Chefin der Regenwasseragentur will das knappe Himmelsgut besser nutzen, wie sie zuletzt bei einer Tagesspiegel-Debatte in der Urania erklärte. Fast die Hälfte des Regens gluckert in die Kanalisation und damit irgendwann in die Ostsee. „Wo der Boden stärker versiegelt ist, landet noch mehr Regen im Kanal“, sagt Nickel, die die Sache besser kanalisieren will. Berlin weiß eigentlich, wie man den Kanal gut voll kriegt. In den 90er Jahren gab es hier schon viele Regenwasserprojekte, etwa an der Rummelsburger Bucht, in Karow Nord, am Wissenschaftsstandort Adlershof oder durch den Sickersee am Potsdamer Platz. Dann aber trocknete Berlin auch als Schwammstadt aus. „Nun sind wieder viele Projekte im Anmarsch“, kündigt Nickel an. Neue Sickerflächen sind geplant an den Buckower Feldern, dem Schumacher-Quartier in Tegel, dem Neuen Gartenfeld in Spandau, der neuen Siemensstadt sowie am Marx-Engels- und Rathaus-Forum im Stadtzentrum. Ja, Regen wird hip – und gehört nicht weggekippt. „Es ist dringend notwendig, Regenwasser von Dächern gezielt zu den Bäumen zu bringen“, verlangt Darla Nickel. Einfach mal das Regenrohr am Haus umbiegen – das wäre ein schöner kreativer Volkssport. Ansonsten empfiehlt Nickel kleine öffentliche Zisternen an Straßenrändern oder auf bisherigen Parkplätzen. Mal sehen, wie sich diese Idee niederschlägt. | |||||
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Regen ist ein Segen – für ein frisches Pils drinnen und einen frischen Pilz draußen. Falls Sie bisher noch nicht sammeln waren, trösten Sie sich mit dem Lehrsatz von Rita Lüder, Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Mykologie: „Die Erde ist eine Scheibe, was das Pilzwissen anbelangt.“ (via dpa) Falls Sie es dennoch auf dem Schirm haben, rund um Berlin nach schmackhaften Schirmchen zu suchen, hier drei Geheimtipps: 1) Am besten mal in der Woche vormittags in den Wald rausfahren. Da sind selbst rund um die S-Bahnhöfe die Pfade leer – und Ihr Korb wird schneller voll. 2) Pilzerkennungs-Apps sind eine schöne Spielerei. Aber bleiben Sie besser bei Maronen und den in diesem Jahr besonders üppigen Steinpilzen – die sind leicht erkennbar und stets genießbar. 3) Die besten Stellen, um Pilze zu finden, befinden sich – nee, die müssen Sie schon selber suchen. | |||||
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