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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 02.06.2020 | Nachmittags ziehen ein paar Wolken vorbei, ansonsten sonnig bis max. 26°C. | ||
+ Black Lives Matter – was Berlin tun kann + Bootsdemo ohne Abstand und Anstand + Zwei-Klassen-Digitalisierung an Hauptstadt-Schulen + |
von Ann-Kathrin Hipp |
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Guten Morgen, I can’t breathe – ganze acht Minuten und 46 Sekunden lang kniete der weiße Polizist in Minneapolis auf der Kehle des schwarzen Verdächtigen George Floyd. Ich kann nicht atmen. Mindestens 16 Mal sagte Floyd diesen Satz, bevor er sein Bewusstsein verlor und später im Krankenhaus starb. Das zeigt eine Woche nach dem Vorfall eine Rekonstruktion der New York Times. Es ist bei weitem nicht der erste Fall von rassistischer (Polizei-)Gewalt in den USA. Und nach allem, was Präsident Trump verlautbaren lässt (wenig, er verschanzt sich lieber und twittert vom Kampf gegen die Antifa und Anarchisten), scheint es, als wäre es auch nicht der letzte, bei dem die Welt aufschreit, ohne einen strukturellen Wandel zu bewirken. Millionen Menschen haben in den vergangenen Tagen allein in den USA demonstriert. Mehrere tausend sind am Samstag und Sonntag in Berlin auf die Straße gegangen, um aus der Ferne ihre Solidarität zu zeigen. Was man außerdem hierzulande tun kann, um die OrganisatorInnen vor Ort zu unterstützen, hat „Black Lives Matter Berlin“ zusammengetragen: Petitionen unterzeichnen, Geld an die in Minnesota arbeitenden, von Schwarzen geführten Organisationen oder an Floyds Familie spenden, Mails an die Verantwortlichen schreiben. Druck erhöhen. | |||||
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Kurzer Blick auf Twitter: „Rassismus gegen Weiße“ trendet. Twitter zu. | |||||
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Mit Corona mehren sich seit Monaten auch die rassistischen Über- und Angriffe auf Menschen asiatischer Herkunft. Mit der Webseite „Ichbinkeinvirus.org“ haben Studierende und ArbeiterInnen aus den Bereichen Kunst, Medien, Strategie und Web-Entwicklung in Deutschland jetzt eine digitale Plattform geschaffen, die Betroffenen die Möglichkeit geben soll, sich auszutauschen und Ansprechpartner zu finden. „Wir sind keine AntirassismusexpertInnen, wollten uns aber mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln engagieren“, schreiben die MacherInnen. Verwirklicht haben sie das Projekt ohne Bezahlung, ohne Förderung und ohne Lobby. Beim Ende #wirvsvirus-Hackathon, den die Bundesregierung Ende März veranstaltet hatte, um Lösungen für Probleme rund um COVID-19 zu finden, schaffte es die Idee nicht einmal unter die Top 200 (von 1.500 Einreichungen). | |||||
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Vor einem Jahr wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke von einem mutmaßlichen Neonazi erschossen. Im Oktober 2019 attackierte der schwer bewaffnete Judenhasser Stephan Balliet die Synagoge in Halle. Im Februar 2020 feuerte in Hanau der Rassist Tobias Rathjen in zwei Shishabars auf Menschen mit Migrationshintergrund – tötete erst 10 Menschen und anschließend sich selbst. Deutschland hat ein Problem mit Rechtsextremismus und das Potenzial für weiteren Terror ist groß. 13.000 Rechtsextremisten hält das Bundesamt für Verfassungsschutz inzwischen für „gewaltorientiert“. 65 stuft das BKA als Gefährder ein. Sicherheitskreise schildern zwei Risikogruppen. Diejenigen, die seit der „Flüchtlingskrise“ radikalisiert sind und sich in der Coronakrise noch mehr aufheizen und diejenigen, die bis dato ruhig geblieben sind und sich jetzt emotionalisieren lassen. „Der nächste Attentäter könnte ein hochgradig erregter Impfgegner sein, bei dem sich die Wut auf Angela Merkel und den Staat mit der Dämonisierung von Bill Gates zu explosivem Wahn vermischt“, schreibt mein Kollege Frank Jansen. Gefährliche Extreme. | |||||
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Vertröstet, ignoriert, vergessen: Die Senatsverwaltung für Bildung enthält den freien Trägern offenbar die ihnen zustehenden Gelder aus dem Digitalpakt des Bundes vor. Während die öffentlichen Schulen seit mehr als einem halben Jahr Anträge stellen dürfen und bereits eine halbe Million Euro bekommen haben, warten die freien Träger noch immer auf die Förderrichtlinie, auf deren Grundlage ihre Anträge gestellt werden können. Bis die durch ist, werde es zwar „jetzt schon ermöglicht, mit dringenden Maßnahmen zu beginnen“, sofern zuvor bei der Bildungsverwaltung nachgefragt worden sei. Sollten die Maßnahmen allerdings „nicht förderfähig“ sein, trägt der Schulträger das Risiko selbst. Zwei-Klassen-Digitalisierungssystem. | |||||
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Nach Berlins maroden Schulen folgen jetzt Berlins marode Straßen: Trotz Schlagloch- und anderer millionenschwerer Sonderprogramme sind die nämlich in desaströsem Zustand. Mehrere Millionen Quadratmeter bestehen aus nicht befestigten „Pisten“. Das geht aus einer Anfrage der Berliner CDU-Fraktion hervor. „Die Straßenunterhaltungsmittel reichen für die äußeren Bezirke, in denen es Hunderte Straßen gibt, die keine Fahrbahn und keine Gehwege haben, bei Weitem nicht aus“, sagt CDU-Wirtschaftsexperte und Fragesteller Christian Gräff. Allein für die Straßenunterhaltung in Marzahn-Hellersdorf brauche es zehn Millionen Euro im Jahr – zur Verfügung stehen 2,8 Millionen. Und wo bröckelt‘s bei Ihnen? Wir sammeln (bestenfalls mit Bild) unter checkpoint@tagesspiegel.de. | |||||
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Dass es verdammt schwierig ist, einen Flughafen zu öffnen, hat uns jahrelang der BER gelehrt. Dass es auch nicht leicht ist, einen Flughafen zu schließen, zeigt uns jetzt Tegel. Bereits am 20. Mai hat sich die Gesellschafterversammlung auf eine temporäre Schließung zum 15. Juni verständigt. Seitdem warten offiziell alle darauf, dass die Oberste Luftfahrtbehörde (angesiedelt in der Verkehrsverwaltung) TXL aus der „Betriebspflicht“ entlässt. Das Problem? Bisher liegt nur ein veralteter Antrag (Schließung zum 01. Juni und überholte Prognosen) vor. „Die Flughafengesellschaft hat einen neuen Antrag angekündigt. Dieser Antrag ist sorgfältig zu prüfen, sobald er eingeht“, sagt Sprecher Jan Thomsen auf Checkpoint-Anfrage. „Wieviel Zeit die Prüfung in Anspruch nimmt, lässt sich nicht prognostizieren. Eine neue Anhörung ist nach Rechtslage dann unverzichtbar, wenn ein Antrag neue oder geänderte Betroffenheiten auslöst oder sich relevante Umstände geändert haben.“ Warum der neue Antrag noch nicht vorliegt und welche Änderungen er enthält, konnte Flughafensprecher Hannes Hönemann nicht sagen. Was er sagen konnte: Die Änderungen seien „nicht gravierend“ und die aktuelle Version werde „im Laufe dieser Woche eingehen“. Sein Chef, Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup, sagte derweil der Morgenpost: Sollten die Fluggastzahlen weiter steigen, könnte eine längere Offenhaltung Tegels sinnvoll sein. Und: „Je näher wir an die Inbetriebnahme des BER heranrücken, desto geringer wird der Sparbetrag, den eine vorzeitige Schließung bringt.“ Von dem bis dato nicht gestellten Antrag sagte er nix. Flughäfen in Berlin machen einen echt fertig. | |||||
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Optimistisch, wie wir trotzdem sind (und weil Tegel schließlich irgendwann schließen muss), starten wir an dieser Stelle schon mal unsere kleine Abschiedsserie „Tschüssikowski Tegel – ein Abschied in GUTEN Google-Rezensionen“. Auch bei nur 2,5 von 5 Sternen lassen die sich in den mehr als 9.000 Kommentaren finden… Los geht’s mit Kat von K.: „Mitarbeiter haben den typischen Berliner Humor und sind trotzdem freundlich. Ein besonderes Kompliment an den Mitarbeiter der Gepäckermittlung am Austrian Airlines Schalter A02 von Donnerstagabend! Nett, kompetent und er hat recht behalten. Nach 36 Stunden kam unser Koffer aus Wien zu uns nach Hause. DANKE!“ Mit der Hoffnung auf eine baldige Entscheidung. Gute Google-Rezensionen sind schließlich – im Gegensatz zu vielen Berlindiskussionen – endlich. | |||||
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Und sonst? Den Checkpoint gibt’s jetzt auch als Buch. Also quasi. Zumindest hat Chef-Checkpointer Lorenz Maroldt gemeinsam mit Harald Martenstein alle Absurditäten und das Schicksal dieser Stadt auf 288 Seiten zusammengefasst und mit viel Herz und Humor beschrieben. „Berlin in 100 Kapiteln, von denen leider nur 13 fertig wurden“, heißt das Werk und ist ein erzählerisches (und sehr persönliches) Porträt eines Ortes, der seinesgleichen sucht – im Guten wie im Bösen, von Bezirk zu Bezirk, zwischen bemitleidenswerten Ordnungsämtern und resignierenden Ordnungshütern, umspült von Touristenmillionen, mit PolitikerInnen, für die der Bau eines Flughafens lange Zeit nicht viel mehr war als ein Running Gag. Kurzum: Vom Wahnsinn umjubelt, ins Scheitern verliebt. Wer jetzt am liebsten gleich loslesen will: Zu jedem neuen Checkpoint-Jahresabo gibt’s in dieser Woche das Buch gratis obendrauf. Einfach hier anmelden. | |||||
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