Brexit verursacht extreme Kursbewegungen
Brexit verursacht extreme Kursbewegungen von Sven WeisenhausHinweis in eigener Sache: Wir verbessern unser Versandsystem, so dass wir unter anderem den täglichen Newsletter „Börse-Intern“ noch schneller versenden können. Die Umstellung wird insgesamt ca. 14 Tage in Anspruch nehmen. In dieser Zeit kann es geschehen, dass Mails von uns zum Beispiel in Ihrem Spam-Ordner landen. Bitte verschieben Sie diese Mails dann wieder in Ihren Posteingang oder kennzeichnen Sie die Mail explizit als „kein Spam“. Falls Probleme auftauchen, können Sie uns immer auch gerne eine E-Mail an info@stockstreet.de schicken. Zur Börse: Die Briten haben entgegen den Umfrageergebnissen und den Wettquoten doch mehrheitlich für einen Ausstieg aus der EU gestimmt. Insgesamt haben 51,9 Prozent (17,4 Mio.) der Wähler für den Brexit votiert, 48,1 Prozent (16,1 Mio.) der Beteiligten stimmten für den Verbleib. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,2 Prozent. Dieses Ergebnis führte dazu, dass der Markt komplett auf dem falschen Fuß erwischt wurde. Es trat ein, was gestern in der Börse-Intern für diesen Fall beschrieben wurde: Viele Anleger wollten gleichzeitig aus dem Markt und auf der anderen Seite fehlten die Käufer. Bevor ich auf die Frage eingehe, wie es nun weitergeht, erst einmal eine kleine Übersicht der Extreme: Die Charts der Extreme Die britische Währung brach um mehr als neun Prozent ein und erreichte mit nur noch rund 1,32 Dollar den tiefsten Stand seit mehr als drei Jahrzehnten. Auch der Euro erlitt einen Schwächeanfall. Er brach um über 4,1 Prozent ein (rote Ellipse) und erlitt damit den größten Tagesverlust in seiner Geschichte: Der japanische Aktienindex Nikkei225 erlebte in der Nacht seinen schwärzesten Tag seit mehr als 16 Jahren. Er verlor knapp 8 Prozent auf 14.952 Zähler und schloss damit auf dem tiefsten Stand seit Oktober 2014. Erstmals seit 2013 wurde zwischenzeitig sogar der Handel mit dem Nikkei-Future aufgrund hoher Handelsvolumina kurzzeitig ausgesetzt. Die US-Futures lagen für den Dow Jones und den S&P 500 zwischenzeitig jeweils ca. 5 Prozent im Minus. Entsprechend schwach startete der DAX heute in den Handel. Er musste gleich zu Handelsbeginn einen Verlust von mehr als 1.000 Punkten bzw. rund 10 Prozent hinnehmen (rote Ellipse): Bei 9.226 Punkten markierte er sein Tagestief, nachdem er am Tag zuvor bei 10.257 Zählern den Handel abschloss. Nach einer schnellen Kurserholung befindet sich der DAX nun wieder genau dort, wo er zum Höhepunkt der Brexit-Sorgen stand – am unteren Ende der Seitwärtsrange (rotes Rechteck). Derweil waren sichere Häfen gefragt. Die Rendite der zehnjährigen deutschen Staatsanleihe fiel um bis zu 0,12 Prozentpunkte auf minus 0,17 Prozent und erreichte damit ein neues Rekordtief. Der Bund-Future schoss trotz seines bereits rekordhohen Niveaus noch einmal durch die Decke und erreichte fast die 169er Marke. Unvorstellbar! Und nun? So drastisch diese Kursreaktionen auch sind – man muss sie als das sehen, was sie sind: Kurzfristige Überreaktionen, weil der Markt auf dem falschen Fuß erwischt wurde und entsprechend panisch reagiert hat. Mehr ist es nicht. Trotzdem werden die zum Teil zweistelligen Kurseinbrüche dem Markt erst einmal zu schaffen machen. Stellen Sie sich das wie einen starken Kinnhaken beim Boxen vor. Der Boxer taumelt und ist ziemlich verwirrt. Denn nach einem solchen Schlag funktioniert das Gehirn kurzzeitig nicht mehr gut. Und so sind auch die ersten Marktreaktionen auf den Brexit kurzfristig nicht rational. Sie sind vielmehr das Ergebnis überhasteter Entscheidungen. Daher kann man erst nach einer Marktberuhigung das weitere Verhalten der Börsianer einschätzen. Beruhigung abwarten und schrittweise agieren Zu einer solchen wird es in den nächsten Tagen kommen. In dieser Zeit werden sich die großen Player, sofern sie es noch nicht getan haben, entsprechend dem nun feststehenden Ausgang des Referendums neu positionieren. Das kurzfristig wahrscheinlichste Szenario ist also, dass der Markt erst einmal ein wenig orientierungslos und damit schlicht unvorhersehbar agiert. Erst in den kommenden Tagen werden sich dann unter Umständen neue Signale oder sogar schon Trends ausbilden. Dabei kann es durchaus auch noch zu weiteren Kursverlusten kommen. Vielleicht fällt der DAX sogar noch auf die Jahrestief bei 8.700 Punkten. Das ist schwer zu prognostizieren. Und entsprechend sollten Sie vorgehen: Man kann die Kurse nutzen, um kleine Positionen aufzubauen. Dann sollte man weitere Signale abwarten, um die Positionen gegebenenfalls auszubauen. Das gleiche gilt, wenn man austeigen will. Diese Art schrittweise vorzugehen hat sich in solchen Marktphasen bewährt. Unser Tipp lautet also, wie schon so oft hier in der Börse-Intern geschrieben: Behalten Sie einen kühlen Kopf, stellen Sie sich „hinter“ den Markt und agieren Sie schrittweise. Politischer Prozess setzt sich in Gang Wie in Zukunft die Beziehung zwischen Großbritannien und der EU konkret aussehen wird, ist unklar. Sobald Großbritannien seinen Austritt aus der EU nach Artikel 50 der Verträge von Lissabon offiziell erklärt, werden Austrittsverhandlungen geführt. Dabei gilt eine Frist von zwei Jahren, in der beide Seiten die Entflechtung ihrer Beziehungen aushandeln. Am Ende muss das Austrittsabkommen durch die verbliebenen Mitgliedstaaten und das Europaparlament gebilligt werden. Entsprechend lang kann der Brexit nun dauern, womit eine neue Unsicherheit im Markt ist. Zumal die Frist sogar verlängert werden kann. Die Vertreter der EU dürften in dieser Zeit eine harte Verhandlungsposition einnehmen, um anti-europäischen Entwicklungen in anderen EU-Mitgliedsstaaten entgegenzuwirken. Hinzu kommt, dass England und Wales für den Brexit gestimmt haben, Schottland und Nordirland dagegen. Es könnte also auch durchaus zu einem Zerfall des Vereinigten Königreichs und anschließend zu neuen Beitrittsverhandlungen kommen. Es gibt also nun viele Unbekannte in der Gleichung, die entsprechende Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Wirtschaft haben werden. Politische Börsen und ihre kurzen Beine Doch man sollte sich die alte Weisheit „Politische Börsen haben kurze Beine“ ins Gedächtnis rufen. In den meisten Fällen haben politische Ereignisse nur kurz Einfluss auf die Börsen. Denn an den Märkten findet immer wieder ein Gewöhnungseffekt statt. Ein bestimmtes Thema wird relativ schnell verdaut und man widmet sich dem nächsten. Und das macht gerade auch in der aktuellen Situation Sinn. Denn für die meisten Anleger wird das Thema Rendite in den kommenden Jahren immer wichtiger werden. Und hier wird gerne vergessen, dass Aktien selbst in den größten Krisenphasen der Geschichte eine durchaus wertbeständige Anlage waren. Und wie in den vergangenen Wochen schon mehrfach geschrieben: Vielleicht könnte diese Korrektur Ihnen die Gelegenheit bieten, das letzte Mal zu so günstigen Kursen zum Zug zu kommen. Viele Grüße Ihr Sven Weisenhaus
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