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Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 18.03.2022 | Erst wolkig, dann Auflockerungen bei um die 13°C. | ||
+ Der Bundestag schweigt und blamiert sich nach der Videoansprache des ukrainischen Präsidenten + Arnold Schwarzenegger appelliert eindringlich an seine „russischen Freunde“ + Lob für die Mitarbeiter des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, wir beginnen mit den neuesten Entwicklungen rund um Russlands Krieg gegen die Ukraine: +++ Etwa 80 Prozent der Wohnungen in der Hafenstadt Mariupol sind nach örtlichen Angaben zerstört, etwa 30 Prozent nicht wieder aufzubauen. „Täglich werden durchschnittlich 50 bis 100 Bomben auf die Stadt geworfen. Die Verwüstung ist enorm“, teilte der Rat der Stadt mit. +++ Biden bezeichnet Putin als „mörderischen Diktator“. Erst warf Biden dem Kreml-Chef Kriegsverbrechen vor. Nun legt der US-Präsident nach. Putin müsse für seine Aggression einen hohen Preis zahlen, sagte er. +++ Ukrainischen Angaben zufolgelaufen Militäreinsätze, um russische Einheiten aus den Dörfern rund um Kiew zurückzudrängen. Das sagte der Leiter der regionalen Militärverwaltung von Kiew, Olexander Pawljuk. Es gebe „Widerstand des Feindes“ und dieser verlege seine Einheiten. +++ Die US-Regierung berichtet von vermehrten Angriffen auf Zivilisten – und sinkender Kampfmoral bei den Russen. Alle weiteren Entwicklungen lesen Sie in unserem Liveblog auf tagesspiegel.de. Updates zur angespannten Lage der Geflüchteten in Berlin lesen Sie im Newsblog. | |||||
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„Reißen Sie die Mauer zwischen uns nieder“, hallte es gestern Morgen durch den Plenarsaal des Bundestags. Es war ein Moment, den niemand der Anwesenden vergessen wird, vergessen sollte. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj – zugeschaltet via Video – warf den Abgeordneten vor, nicht genug getan zu haben. Jahrelang falsches Vorgehen habe dazu geführt, die Ukraine zu isolieren und Russland auszuliefern: „Sie sind wie durch eine Art Mauer von uns getrennt“, sagte Selenskyj. „Es ist eine Mauer zwischen Freiheit und Unfreiheit und sie wird mit jeder Bombe größer.“ Und was kam als Antwort aus der Stadt, die sich wie keine andere mit Mauern zwischen Freiheit und Unfreiheit auskennt? Definitiv nicht genug. Frei nach dem Motto: „Wenn du nicht mehr weiterweißt, ruf den nächsten Tagungsordnungspunkt auf“ wurde wenige Minuten später über die Impflicht debattiert. „Es wirkte, als sei die Selenskyi-Rede für die Abgeordneten der Ampel-Koalition nur eine lästige Pflicht, die abzuarbeiten ist“, kommentiert meine Kollegin Claudia von Salzen. „Die deutsche Politik lieferte der Welt damit ein beschämendes Schauspiel.“ Die Mauer des Schweigens steht. | |||||
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Apropos Mauern: Was passiert eigentlich mit den vielen Berliner Wänden, die russischen Oligarchen gehören? Katrin Schmidberger, Grünen-Sprecherin für Wohnen und Mieten im Abgeordnetenhaus, jedenfalls will „Eigentümerschaften transparent machen“ und nimmt den Krieg in der Ukraine nochmal zum Anlass, um ein Miet- und Wohnungskataster für Berlin zu fordern. „Die EU-Sanktionsliste ist da ja eindeutig, und zu Sanktionen gehören nicht nur Yachten und Gelder, sondern auch Immobilien“, sagte Schmidberger dem Checkpoint. „Ein Kataster ist ein zentrales wohnungspolitischen Instrument, damit man solche EU-Sanktionslisten in Bezug auf Immobilien überhaupt umsetzen kann.“ Spätestens nach dem Wegfall des Mietendeckels habe man „genug Personal in der Senatsverwaltung gehabt, um das Thema aufzuziehen“. Linken-Politikerin Katalin Gennburg fasst etwas knalliger zusammen: #oligarchenenteignen. Die Häuser denen, die keinen Krieg führen. Wohin der Rubel tatsächlich rollt, hat Kollege Ralf Schönball versucht nachzuvollziehen. Seine Recherche zum verborgenen russischen Geld in Berliner Bauprojekten lesen Sie hier (T+). | |||||
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Die Mauern in manchen Köpfen unterscheiden offenbar zwischen „richtigen“ und „falschen“ Menschen auf der Flucht. Immer mehr Berichte gibt es, in denen Rassismus an den Grenzen beschrieben wird. „Die weißen Ukrainer hatten Priorität“, sagt zum Beispiel der ghanaische Fußballprofi Najeeb Yakubu, „erst kamen sie, dann die Schwarzen Kinder und Frauen und anschließend die Schwarzen Männer.“ (Q: taz) Berlins Senatorin für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung, Lena Kreck (Linke), hat deswegen nun das Bundesinnenministerium „gebeten“, „in der behördlichen Praxis des Bundes eine Diskriminierung rassifizierter Gruppen auf der Flucht in Deutschland für die Zukunft auszuschließen.“ Eine Antwort läge bislang nicht vor. „Putins Bomben unterscheiden die Menschen in der Ukraine nicht nach ihrer Herkunft”, sagte Philmon Ghirmai, Landesvorsitzender der Grünen dem Checkpoint. „Für uns steht fest: Die Bundesregierung muss allen Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchten, den gleichen Schutz und die gleichen Aufenthaltsrechte bieten.“ Eigentlich eine Selbstverständlichkeit – oder nicht? | |||||
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Keine Selbstverständlichkeit ist das, was Arnold Schwarzenegger gestern auf die Weltbühne gebracht hat. Auf Twitter und Telegram veröffentlichte der Hollywood-Star, Ex-Bodybuilder und Ex-Gouverneur von Kalifornien ein Video an seine „Russischen Freunde“: „Als ein langjähriger Freund der Russen hoffe ich, dass Sie hören werden, was ich zu sagen habe.“ In dem fast zehnminütigen Video spricht er die russischen Soldaten direkt an, bezeichnet die Demonstrierenden in Russland als seine Helden und bittet die russische Bevölkerung, ihm zu helfen „die Wahrheit zu verbreiten“. Und auch für Putin hat Schwarzenegger eine Botschaft: „Sie haben diesen Krieg begonnen. Sie führen diesen Krieg. Sie können diesen Krieg beenden.“ Ganz großes Kino. | |||||
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Dass bei solchen Zahlen nicht immer alles glatt läuft, ist verständlich, hilft den Betroffenen aber auch nicht weiter. Seit Mittwochabend sind im Hotel „Das Schmöckwitz“ an der Grenze zu Brandenburg 150 Geflüchtete untergebracht. Am Donnerstagvormittag erreicht uns ein Notruf per Mail, der die Verpflegung betrifft: „Für heute haben wir noch nichts bekommen und versuchen den Vormittag erst mal mit Rewe und Hotel Penta zu überbrücken. Aber da ist noch nichts klar! Es sind auch einige Kleinkinder dabei. Ich bitte dringend um Ihre Hilfe,“ schrieb Robert Schaddach, Chef des Tourismusvereins Treptow-Köpenick, an einen Caterer und das Landesamt für Flüchtlinge (LAF). Schaddach hat die Unterbringung der Menschen mit organisiert – und gestern dann auch selbst eingekauft und Suppe organisiert. Doch siehe da, auch die Berliner Bürokratie wächst derzeit über sich hinaus: Bereits am Nachmittag hatte er den Vertrag des Caterers auf dem Tisch. „Der bringt dann heute Abendbrot und Frühstück gleich mit, und dann geht das hoffentlich so weiter“, sagt Schaddach. „Aller Anfang ist schwer, aber die Mitarbeiter im LAF muss ich dennoch mal loben. Die leisten schon einen sensationellen Einsatz, und das findet man auch nicht überall in Berlin. Das Lob können die glaube ich auch mal gebrauchen.“ Zwischenfazit des Berliner Engagements: Es läuft nicht immer alles gleich. Aber es läuft. | |||||
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Jetzt soll sie doch dicht gemacht werden: die Evangelische Journalistenschule. Das hat das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP), der Träger der renommierten Schule mit Sitz am Bahnhof Zoo, in dieser Woche mitgeteilt. Man habe keine Möglichkeit gefunden, eine Weiterarbeit der EJS betriebswirtschaftlich zu verantworten. Dabei hatte der Freundeskreis der Schule über zwei Jahre an einem Konzept gearbeitet, das die EJS zur vermutlich innovativsten Journalistenschule in Deutschland gemacht hätte – mit einem Fokus auf Digitalisierung und Kursen wie „Telegram: Kanal für Querdenker oder die demokratische Öffentlichkeit in autoritären Regimen?“ (siehe Schwarzenegger!). Oder: „Datensicherheit und -sicherung in autoritären Regimen“. Themen also, die in der Journalistenausbildung in diesen Tagen wichtiger sind denn je. Die Evangelische Kirche hat offenbar andere Prioritäten: Am selben Tag hat sie beschlossen, den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonskirche mit weiteren 490.000 Euro bezuschussen zu wollen – ungefähr das Budget für ein Jahr EJS. Wenn die Kirche nicht will, sollte die Evangelische Journalistenschule einfach ohne sie weitermachen? Schließlich ist die Schule sowieso unter der Abkürzung „EJS“ bekannt – wer würde schon merken, wenn das E in Zukunft für „europäisch“ stehen würde, für „ethisch“, „edel“, „energieeffizient“ oder „endgeil“? Haben Sie Vorschläge, welches „E“ einer Journalistenschule gutstünde? Wir sammeln gern (Namens- und Finanzierungsvorschläge) unter checkpoint@tagesspiegel.de. | |||||
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