erinnern Sie sich noch an Nenas alten NDW-Hit „99 Luftballons"? Was in den Achtzigern noch als Ausdruck von Harmonie und Friedenssehnsucht zu verstehen war, das hat sich mittlerweile in sein Gegenteil verkehrt: Über den USA wurden Spionage-Luftballons chinesischer Bauart gesichtet und der Weltfrieden scheint weitere Risse bekommen zu haben. Denn dass der von den USA abgeschossene chinesische Ballon Spionagezwecken diente, ist für Cicero-Autor Thomas Jäger offenkundig. Warum aber schickte Peking den Ballon ausgerechnet zu einer Zeit, da die beiden Länder ihre Spannungen abbauen wollen? War das Panne oder Provokation? Was immer es auch war, der ohnehin gefährdeten Gegenwart hat es nicht gut getan. Der amerikanische Geopolitik-Analyst George Friedman blickt daher auf die aktuellen globalen Krisenherde – und leitet daraus seine Vorhersagen für den weiteren Verlauf des Jahres 2023 ab. Auch für Friedman spielt dabei der Krieg in der Ukraine nicht die Hauptrolle. Diese Ehre gebührt auch in seinem Artikel China. Dabei gäbe es genug andere Probleme, denen sich die Menschheit mit vereinten Kräften zuwenden könnte: Den gut 5000 Toten zum Beispiel in der Türkei und Syrien oder auch nur dem kolonialen Unrecht. Bei letzterem Punkt müsste man allerdings gelegentlich genauer hinschauen. So genau, wie es der Kunsthistoriker Beat Wyss in Sachen Benin-Bronzen für uns getan hat: Die Bronzen, die von der Bundesregierung an Nigeria zurückgegeben werden, zeugen seiner Meinung nach nämlich weniger von Kolonialismus denn vom Menschenhandel des kleinen afrikanischen Königreichs. An ihnen klebt das Blut und der Schweiß vom Stamm der Igbo. Ein anderes Thema: Bei den jüngsten Wahlen in Niederösterreich hat die ÖVP die absolute Mandatsmehrheit sowie die Mehrheit in der Landesregierung verloren. Nun bildet sie mit dem zweiten Wahlverlierer, der SPÖ, eine Große Koalition. Dabei gilt die als Synonym für Lähmung und Machtproporz, meint Cicero-Autor Rainer Nowak, der sich als ehemaliger Chefredakteur der Tageszeitung Die Presse bestens auskennt mit der Retro-Republik. Aber kehren wir zum Schluss lieber auch mal vor der eigenen Haustür: Während nämlich in der 500-Seelen-Gemeinde Upahl ein Containerdorf für 400 Flüchtlinge errichtet wird, erhält Angela Merkel den Unesco-Friedenspreis für ihre „mutige“ Grenzöffnung im Jahr 2015. So geht Arbeitsteilung im besten Deutschland aller Zeiten, meint Cicero-Redakteur Ben Krischke in seinem bissigen Kommentar „Bitte nicht stören". Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur |