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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 21.12.2020 | Teils bewölkt bei frischen 7°C. | ||
+ Reiseverkehr mit England wegen Corona-Mutation unterbrochen + Spahn verschaffte Geschäftspartner lukrativen Gesundheits-Job + Diese beiden Berliner werden mit eigener Straße geehrt + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, wegen der Corona-Mutation, die zuerst in England festgestellt wurde, kam es gestern Abend am BER zu chaotischen Zuständen – seit Mitternacht ist der Flugverkehr zwischen Großbritannien und Deutschland unterbrochen. Passagiere ohne deutschen Pass, die noch vorher landeten, durften nicht einreisen, auch der Eurotunnel und der Fähranleger in Dover wurden gesperrt. Bei einem Patienten in Italien wurde die neue Virusvariante ebenfalls nachgewiesen – er war vor ein paar Tagen aus England zurückgekehrt. In unserem Corona-Blog auf tagesspiegel.de informieren Sie wir fortlaufend über die neusten Entwicklungen. | |||||
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Eine gute Nachricht: Unsere fabelhafte „Schnuppen“-Künstlerin Naomi Fearn kann nach ihrem schweren Roller-Unfall fast (!) schon wieder Joggen (not really…) – aber sehen Sie selbst (hier rennt sie gerade an Ihnen vorbei). Für den heutigen Checkpoint hat sie schon mal einen Blick auf eine typische Berliner Weihnachtsfeier unter Berücksichtigung der Corona-Verordnung geworfen („Berliner Schnuppen“, in der Abo-Ausgabe weiter unten – der Senat weist übrigens noch immer auf die Pflicht zur „Anwesenheitsdokumentation“ bei Familientreffen hin)... | |||||
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… und Naomi wirbt in ihrem Tweet auch für die finanzielle Unterstützung Obdachloser, die besonders unter der Pandemie leiden – vor allem in Massenunterkünften, die jetzt noch gefährlicher sind als die Übernachtung auf der Straße (die ersten musste bereits geräumt werden). Warum ist es nicht möglich, mit staatlicher Hilfe die ohnehin leerstehenden Hotels zu nutzen, für eine menschenwürdige Unterbringung mit Decke warmer Dusche? | |||||
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Heiner Müller bekommt 25 Jahre nach seinem Tod endlich eine eigene Straße in Berlin: Der Dramatiker wird im neuen Wohngebiet „Parkstadt Karlshorst“ geehrt (falls Sie nicht noch bis zum 1.1.21 widersprechen; aber warum sollten Sie?). Heiner Müller ist übrigens der Begründer der berühmten Berliner Corona-Weihnachtsverordnung, die anders als in anderen Bundesländern (die sich dann am Senat ein Beispiel genommen haben) von vornherein keine 10er-Ausnahme von der 5er-Besuchsregel vorsah, denn, wie der Meister bereits kurz nach dem Fall der Mauer weise erkannte: „Zehn Deutsche sind natürlich dümmer als fünf Deutsche.“ Aber das wussten Sie als Absolventen des Kurses „Mathe mit dem Checkpoint“ (und mit der Erfahrung von zehn Monaten Corona) natürlich auch längst. | |||||
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Und noch ein großer Berliner wird in der „Parkstadt“ geehrt: Adolf Wermuth, der als Oberbürgermeister vor 100 Jahren Berlin durch die Gründung der Einheitsgemeinde zur Weltstadt machte, bekommt hier sogar eine Allee. Moment mal: Es gibt in Berlin bisher keine Straße, die nach einem der wichtigsten Stadtpolitiker des vergangenen Jahrhunderts benannt ist? Na ja, wer ganz genau hinschaut, entdeckt zwischen den Hochhäusern der Gropiusstadt versteckt den 450 Meter kurzen „Wermuthweg“, von dem die meisten Bewohner denken, er sei nach ihrem Lieblingsgetränk benannt. Aber warum keine „Adolf-Wermuth-Straße“ in Mitte, wo er wirkte, oder in Pankow, wo er wohnte? Na, weil hier 1. die „Genderquote mit Einzelfallabwägung“ sehr ernst genommen wird – und sich 2. dort kaum ein Politiker für den Gründer der Bezirke zuständig fühlt (von ihm stammen u.a. die Bezeichnungen „Bezirksversammlung“ und „Bezirksamt“): Adolf Wermuth war parteilos und hat allein schon deshalb keine große Lobby (da könnte ja sonst jeder kommen). Anders in Lichtenberg – hier beantragte die SPD-Fraktion erfolgreich die Ehrung des gelernten Verwaltungsbeamten, der „kein schillernder Star“ war, aber: „ein Pragmatiker, der ein Projekt umgesetzt hat“. Und das kommt in Berlin in dieser Kombination ja auch nicht alle Tage vor. | |||||
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Auf den ersten Blick wirkt es absurd bürokratisch – auf den zweiten erschütternd: Das Amtsgericht Lichtenberg fordert Theodor Grünhut auf, sich bis zum 10. März 2021 zu melden: „Anderenfalls kann er für tot erklärt werden.“ Als letzter Wohnort ist die Tolkmittstraße 3 in Kaulsdorf angegeben, als Geburtsdatum der 5. April 1872 – Theodor Grünhut wäre demnach, lebte er noch, 148 Jahre alt. Es lassen sich Spuren finden von Theodor Grünhut: Im Arolsen-Archiv der NS-Verfolgten gibt es zu ihm einen Eintrag unter der Nummer 0732, Geburtsdatum und letzter Wohnort in Berlin stimmen überein. Auf einer handschriftlichen Karteikarte (F-/8-/20) fehlt nur ein „t“ in der Tolkmittstraße; sein Geburtsort wird mit „Kapach“ angegeben, eingekringelt ist das Wort „Tscheche“, und vermerkt ist auch: „verh.“ Eine zweite Karte, ebenfalls verknüpft mit dem Namen Theodor Grünhut, ist von der „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“, sie trägt die Nummer 59168 und einen Archivstempel („Carded on“) vom 16. August 1949. 442 Datensätze zum Namen „Grünhut“ sind bei Arolsen zu finden; die zentrale Datenbank von Yad Vashem kommt bei der Suche nach „Grünhut“ auf 1881 Einträge zu Opfern, die mit diesem Namen verbunden sind. Das Schicksal von Theodor Grünhut bleibt auch dort ungeklärt. Sicher ist nur: Er wird sich nicht melden bis zum 10. März 2021, 148 Jahre nach seiner Geburt – trotz Aufforderung des Amtsgerichts Lichtenberg, ergangen durch Beschluss am 2. Dezember 2020, Aktenzeichen 70 II 28/20. | |||||
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