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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 25.03.2020 | Sonnig mit leichten Windböen bei max. 8°C. | ||
+ Abgeordnete positiv getestet + Schulprüfungen sollen nach Ostern stattfinden + Standesbeamter bietet Trauung in seiner Küche an + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, „Soziales Leben muss möglich sein“, sagte Michael Müller am Sonntag. Ein Satz, der nun seit zwei Tagen über der Stadt hängt, die zwischen Atemschutzmaske, Ausgehverbot und Aufgetautem irgendwie versucht, einen Alltag daraus zu machen. Schaffen wir das? Den einen ist es zu viel, den anderen zu wenig – ist die Mitte das Maß? Eine Ausgangssperre mit ein bisschen Ausgang, die nicht so heißen darf, weil das hier eben R2G ist und nicht CSU? In Bayern steht auch nicht mehr drin. Oder ist nicht gerade die Mitte das Halbe und nicht Ganze, sodass uns ein halbes Virus ganz lange beschäftigt? Wer will das schon sicher sagen. Die Polizei gibt sich jedenfalls alle Mühe, die recht offen formulierten neuen Berliner Verhaltensregeln (aka „Kontaktbeschränkungen“) freundlich umzusetzen, obwohl zum Beispiel bis heute unklar ist, ob ich denn nun auf der Parkbank sitzen darf oder nicht. Erlaubt ist „Sport und Bewegung an der frischen Luft, alleine, mit Angehörigen des eigenen Haushalts oder mit einer anderen Person, ohne jede sonstige Gruppenbildung“, das Verweilen allerdings wird nicht erwähnt. Also nein? Antwort aus dem Senat: „Soweit der Aufenthalt im Park – unter Einhaltung der Regelungen zu Mindestabständen usw. – dem Sport oder der Bewegung (auch Spaziergängen) dient, ist gegen eine Ruhepause nichts einzuwenden.“ Heißt: Sitzen darf man (kurz), dabei ist aber der Mindestabstand von 1,5 Metern zur anderen Person einzuhalten (egal, wo sie wohnt). Die Polizei erklärte es gestern, als sie eine Mutter bat, sich nicht mit den Kindern auf eine Wiese zu setzen: „Wo einige auf der Wiese sitzen, kommen schnell andere dazu.“ Das Herdenprinzip gilt leider nicht nur für die Immunität, auf die wir alle hoffen, sondern auch an Roten Ampeln und gesperrten Spielplätzen. Hätte es also vielleicht doch ein bisschen mehr sein dürfen? Solange dieser eisige Wind da draußen ohnehin nicht zum Verweilen einlädt, ist das vermutlich kein Problem. Doch bereits am Wochenende könnte es nach einer Woche Lagerkoller bei sonnigen 15 Grad schwieriger werden mit der Herdendisziplin. Zumal viele Menschen im Zwangsurlaub (aka Homeoffice) gerade sehr viel Zeit haben, sich darüber Gedanken zu machen, wann die Kurve eigentlich flach genug ist, um wieder gemeinsam auf der Decke sitzen zu dürfen. Vergessen Sie bei all dem nicht: Es geht nicht um irgendeine nervige Verordnung. Gestern ist in Berlin der dritte Mensch am Coronavirus gestorben. Er war 42 Jahre alt. Alle aktuellen Informationen zur Verbreitung des Virus in Berlin finden Sie hier. | |||||
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Wie schnell sich die Lage verändern kann, sieht man am Beispiel der Abiturprüfungen. Erst wollte die Schulsenatorin gar nicht verschieben, nun sollen die Prüfungen nach den Osterferien stattfinden – und während der Regierende schon weiß, dass Corona dann sicher nicht weg ist, zögert Scheeres, die Prüfungen ganz abzusagen. Während sie noch versuchte, eine gemeinsame Linie mit Hamburg, Brandenburg und Schleswig-Holstein zu finden (die alle den Zeitdruck der frühen Sommerferien haben), hatte SH-Bildungsministerin Karin Prien bereits ihre Prüfungen abgesagt. Was bleibt den anderen nun? Die Soziologin Jutta Allmendinger sagte heute als Gast in der Senatssitzung: „Die Menschen brauchen Sicherheit und Planbarkeit, klare Kommunikation.“ Und was kann man da anderes als absagen (Grüße ans IOC!)? Für die meisten Schüler wird es ein Vorteil sein, denn die Kursnoten (die dann zählen), sind meist besser. Und wer will ihnen diesen Vorteil jetzt verübeln? | |||||
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Aber wir gewöhnen uns ja zum Glück sehr schnell an alles. Oder hätten Sie vor zwei Wochen gedacht, dass Sie Menschen mit Masken im Supermarkt ganz normal oder sogar vernünftig finden würden? Doch die Welt heute ist eine andere, wir warten vorm Eingang wie einst an der Clubtür, hoffen auf Einlass, und dass noch was vom guten Stoff da ist (nicht dem, der so am Po kratzt). Auch gelten die alten Clubregeln: Abstand halten und wenn voll ist, ist voll. Nur dass der freundliche Einweiser nun darauf hinweist, dass man den Einkaufskorb nach Gebrauch doch bitte bei ihm zur Desinfektion vorbeibringen solle, bevor er wieder auf den Stapel darf. Was für ein Service. Fragwürdige Gestalten rufen wie früher am 1. Mai im Internet zur Vermummung auf (fällt diesmal hoffentlich auch aus), es gibt bereits haufenweise Bastelanleitungen, und wahrscheinlich werden bald Markenlogos und Glitzersteinchen drauf sein. Diese Maske wird empfohlen von Christian Drosten, dem Virologen ihres Vertrauens. Für ihn und seine Kolleginnen ist das Thema allerdings weder lustig noch glitzernd, sondern lebensbedrohlich. Dass Schutzmaskenlieferungen inzwischen von der Polizei begleitet werden, hat einen guten Grund: Gerade sind sechs Millionen von der Bundeswehr bestellte Masken spurlos verschwunden (Q: Spiegel). Wie viele davon in Berlin ankommen sollten, ist unklar, es erklärt allerdings eine gewisse Nervosität bei dem Thema in den vergangenen Tagen. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) wirkte selbst überrascht, dass bei einer erwarteten Lieferung für die Praxen nur 8000 Masken ankamen – etwa eine für jede Praxis. Ebay hat den Handel mit Masken übrigens eingeschränkt, also: wenn Sie welche finden, geben Sie sie im Krankenhaus ab. Und die fragwürdigen Gestalten meinen es in diesem Fall wirklich nur gut: Nach #bleibzuhause verbreitet sich jetzt #maskeauf rasant im Netz – und Prominente wie Charlotte Roche, Lena Meyer-Landrut und Rezo machen mit, weil nun Drosten & Co eben doch der Meinung sind, dass ein bisschen mehr Stoff zwischen den Mündern jedenfalls nicht schaden kann. Wichtigster Hinweis: medizinische Masken bleiben in der Medizin, denn dort werden sie weiterhin dringend gebraucht. | |||||
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Seine Regierungserklärung will Müller jedenfalls am Donnerstag nachholen – und Stand heute, 6 Uhr, findet die Sitzung des Abgeordnetenhauses wie geplant statt, obwohl es nun auch im Abgeordnetenhaus zwei bestätigte Corona-Fälle gibt. Frank Zimmermann (SPD) und Martin Trefzer (AfD) sind positiv getestet worden und nun in Quarantäne. Zimmermann hatte sich nach dem positiven Testergebnis des israelischen Botschafters testen lassen (Müller selbst war negativ). Eine Krisensitzung soll heute klären, ob das Parlament wirklich tagen und der Regierende seine Regierungserklärung nun halten kann – oder ob er sie ein zweites Mal vermutlich ein ganz klein bisschen umschreiben muss. | |||||
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Überhaupt gehen ja einige Dinge wesentlich harmonischer zu dieser Tage, „Corona hat unser Land verändert“, schreibt Staatssektretärin Sawsan Chebli (der Beitrag erscheint morgen im Tagesspiegel). „Ich meine nicht den Stillstand und die plötzliche Ruhe auf den Straßen und Plätzen.... Ich meine – nach all dem Hass, dem Rassismus und der Spalterei der letzten Zeit – das freundliche Gesicht, das unsere Gesellschaft angesichts der großen Herausforderung durch das Virus zeigt. An Hauseingängen kleben Zettel, auf denen Menschen ihren Nachbarn Hilfe anbieten. Im Netz kursieren Aufrufe, sich an der großen #Nachbarschaftschallenge zu beteiligen. Supermärkte rufen zum Helfen auf. Wohnungsbaugesellschaften bieten ihren Bewohnerinnen und Bewohnern Unterstützung. Auf Balkons applaudieren Nachbarn den wahren Stützen unserer Gesellschaft, also denen, die gerade rund um die Uhr alles geben, um die Versorgung aufrecht zu erhalten, Kranke zu versorgen, Leben zu retten oder diejenigen zu unterstützen, die aufgrund ihres Alters das Haus nicht verlassen möchten oder können.“ Im Checkpoint stellen wir jeden Tag eine Heldin oder einen Helden vor (weiter unten), und die findet man nun neben vielen Tipps, wie und wo man helfen kann, auch auf der Seite des Senats. Und wo wir gerade bei Eigenwerbung sind: Den Checkpoint gibt es jetzt auch auf Englisch, spread the word! | |||||
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