überall Krisen, egal, wohin das Auge blickt. Hinzu kommt die Befürchtung, dass sich derzeit weit und breit niemand findet, der all dem wirklich gewachsen ist. Keine NGO, kein Politiker, nirgends ein Retter in der Not, der das Ruder herumreißen könnte. Aber nicht nur die Welt scheint verrückt zu spielen, auch das Wetter leistet seinen Beitrag, dass man sich nach den vergangenen Sommermonaten wieder daheim wegschließen möchte, um den ganzen Irrungen und Wirrungen der Gegenwart (und dem Regen) zu entfliehen. Immerhin beginnt bei uns in München am morgigen Samstag das Oktoberfest: Und so ein bisschen Eskapismus als Alternative zum Wegsperren kann ja auch nicht schaden. Wenn da nicht dieses vermaledeite Virus wäre. Kurz vor Beginn des Herbstes steigen die Corona-Zahlen erneut, und eine neue Herbstwelle wird befürchtet. In dieser Situation hat der Bundesrat den Weg heute frei gemacht für Gegenmaßnahmen, die vergangene Woche bereits vom Bundestag beschlossen wurden. Das Problem: Deutschland wird in Sachen Virusbekämpfung immer mehr zum Geisterfahrer der westlichem Hemisphäre. Warum das so ist, können Sie noch einmal in unserer Serie Corona International vom August nachlesen. Details zu den beschlossenen Maßnahmen für Herbst und Winter finden Sie dagegen hier. Und noch eine Baustelle wurde heute von den politisch Verantwortlichen beackert. Für die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt hat die Bundesregierung zum großen Befreiungsschlag ausgeholt. Die russischen Anteilseigner wurden unter Treuhandverwaltung gestellt und ein großes Maßnahmenpaket angekündigt. Aber reicht das, um die Kraftstoffversorgung und den Standort tatsächlich abzusichern? Rainer Balcerowiak hat so seine Zweifel. Aber nicht nur das Volk hat Probleme, sondern auch der oberste Volksvertreter im Land: Olaf Scholz. Also eigentlich. Denn bemerkenswert ist es schon: Ein Bundeskanzler gibt stur vor, sich rund um die Cum-Ex-Affäre nicht an wichtige Treffen erinnern zu können – und scheint bisher ganz gut damit durchzukommen. Wahrscheinlich, so meine Theorie, weil der Fall zu komplex ist, um ihn in 280 Zeichen auf Twitter behandeln zu können. Einer, der hier den Durchblick hat, ist mein Kollege Ulrich Thiele. Seit Monaten beschäftigt er sich mit der Cum-Ex-Affäre und den wichtigsten Protagonisten. Zu denen gehört unter anderem der Warburg-Bankier Christian Olearius. Dessen Tagebucheinträgen kommt bei der Aufklärung eine Schlüsselfunktion zu. Thiele hat ihn porträtiert. Abschließend gibt es dennoch einen Grund zur Freude: Denn eine neue Folge des Cicero Podcast Politik ist online. Und die ist wirklich hörenswert. Die Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter diagnostiziert darin angesichts der jüngsten Konflikte in der Ukraine, in Afghanistan oder Mali eine Hybris, aber vor allem auch eine Planlosigkeit westlicher Regierungen im Umgang mit Migrationsbewegungen, Islamismus und Cancel Culture – und spricht sich für einen Neustart aus. Cicero-Chefredakteur Alexander Marguier hat mit ihr gesprochen. Schon klar, auch in diesem Gespräch stecken wieder lauter Krisen drin. Aber ein klare und unverblümte Analyse stand doch schon immer am Anfang einer jeden klugen Lösung. Bleiben Sie optimistisch. Ihr Ben Krischke, Redakteur |