Darum bietet sich eine größere Konsolidierung auf hohem Niveau an
Darum bietet sich eine größere Konsolidierung auf hohem Niveau an von Sven WeisenhausDie Berichtssaison zum 3. Quartal 2020 befindet sich in den letzten Zügen. Laut der Unternehmensberatung EY erwirtschafteten die Unternehmen aus dem DAX in dem Zeitraum von Anfang Juli bis Ende September Rekordumsätze von rund 330 Milliarden Euro. Das klingt erst einmal sehr positiv. Allerdings lag das Wachstum gegenüber dem desaströsen Vorquartal „nur“ bei 16 % und gegenüber dem Vorjahresquartal sogar bei nur 0,4 %. Angesichts der Corona-Krise ist dies aber dennoch ein tolles Ergebnis. Etwas anders sieht es beim Gewinn aus: Von den 330 Milliarden Euro an Umsätzen blieben beim operativen Ergebnis 14,3 Milliarden Euro übrig. Im Vergleich zum vorangegangenen Quartal, in dem die Gewinne insgesamt bei gerade einmal 203 Millionen Euro lagen, ist dies eine deutliche Verbesserung. Im Vergleich zum Vorjahresquartal sind die Gewinne aber um 47 % gesunken. Hier gibt es also Licht und Schatten. Aber was hätte man in der aktuellen Krisen-Situation auch anderes erwarten können?! In Summe können sich die Zahlen aus dem DAX sehen lassen und man kann den aktuellen Stand des Index damit durchaus begründen. Das könnte man allerdings auch, wenn der DAX bei 12.000 oder 11.000 Punkten stehen würde. Berichtssaison mit Licht und Schatten auch im S&P 500 Ähnlich sieht es aus, wenn man über den großen Teich blickt. Die Unternehmen aus dem S&P 500 haben im Vergleich zum Vorjahresquartal 1,6 % weniger umgesetzt. Und bei den Gewinnen gab es einen Rückgang um 7,1 % (siehe folgende Grafik). Negativ zu werten ist, dass es sich bereits um den sechsten Gewinnrückgang in den letzten sieben Quartalen handelt. Positiv zu werten ist, dass Analysten vor Beginn der Berichtssaison am 30. September einen Gewinnrückgang um 21,2 % erwartet hatten. Daher gibt es also auch hier Licht und Schatten. Da die Unternehmen deutlich besser abgeschnitten haben als erwartet, lässt sich die Kurserholung des S&P 500 und der aktuelle Stand des Index von fast 3.600 Punkten ebenfalls damit begründen. Aber auch hier gilt: Man könnte mit den Zahlen genauso gut einen Indexstand von 3.300 oder 3.000 Punkten erklären. Nicht das beste Umfeld für neue Trend- oder Allzeithochs Denn letztlich sind die Geschäftszahlen weder im DAX noch im S&P 500 herausragend. Sie sind vielmehr gezeichnet von der Krise. Und wir haben es unter dem Strich in beiden Wirtschaftsräumen mit sinkenden Gewinnen zu tun. Das ist eigentlich nicht gerade das Umfeld für neue Trend- oder gar Allzeithochs. Deutlich tiefere Indexstände wären daher absolut plausibel. Beim DAX würden 11.000 Punkte bedeuten, dass der Index 16 % niedriger stehen würde. Und beim S&P 500 wäre ein ebenso großes Minus nötig, um ihn auf 3.000 Punkte zu drücken. Die Aktienmärkte haben schon viel Positives vorweggenommen Schaut man sich die aktuelle Differenz zwischen der Kursentwicklung des S&P 500 (helle Linie im folgenden Chart) und der Entwicklung der Gewinnerwartungen (dunkle Linie) an, dann würde sich die Schere mit einem Kursrückgang von 16 % gerade einmal in etwa zur Hälfte schließen. Und das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des S&P 500 läge dann mit ca. 18 immer noch oberhalb der Durchschnitte der vergangenen 5 und 10 Jahre. Man könnte also durchaus behaupten, dass ein um ca. 16 % niedrigeres Kursniveau im beim S&P 500 (und DAX) angesichts der aktuellen Geschäftszahlen auch angemessen wäre. S&P 500: Gemessen am erwarteten Gewinnwachstum fair bewertet Mit den Gewinnerwartungen für das kommende Jahr 2021 (siehe folgende Grafik) lässt sich allerdings besser das derzeitige höhere Kursniveau erklären. Analysten gehen aktuell im S&P 500 von um 22,1 % höheren Gewinnen als im laufenden Jahr 2020 aus. Setzt man dieses Gewinnwachstum von 22,1 % ins Verhältnis zum aktuellen KGV von derzeit 21,6, dann erscheint der Index schon gar nicht mehr so hoch bewertet. Denn eine Price-Earnings-Growth-Ratio (PEG, deutsch: Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis), bei der man das Kurs-Gewinn-Verhältnis ins Verhältnis zum Gewinnwachstum setzt, gilt bei einem Wert von 1 als fair. Und teilt man das KGV von 21,6 durch das Gewinnwachstum von 22,1 %, dann erhält man für den S&P 500 einen Wert von 0,98. Mit Blick auf das zukünftige Gewinnwachstum ist der S&P 500 also aktuell fair bewertet. Zudem lägen die Gewinne des Jahres 2021, so sie denn tatsächlich wie aktuell erwartet erwirtschaftet werden können, um fast 3,3 % über denen des Vorkrisenjahres 2019. Warum sollte der S&P 500 also aktuell nicht um eben diese 3,3 % oberhalb des Vor-Krisen-Niveaus stehen?! Vor dem Corona-Crash notierte der S&P 500 im Hoch bei 3.393,52. Heute notiert der Index bei ca. 3.565 Punkten markiert. Das sind rund 5 % mehr. Es passt also eigentlich ziemlich viel ziemlich gut zusammen. Kurspotential erscheint damit ausgereizt Allerdings darf der S&P 500 nun nicht mehr weiter zulegen. Denn dann würde er – sofern alles andere unverändert bleibt, insbesondere die Gewinnerwartungen für das kommende Jahr – wieder in eine Übertreibung hineingeraten, in der er sich historisch betrachtet – also gemessen am durchschnittlichen KGV der vergangenen 5 und 10 Jahre – sowieso nach wie vor befindet. Kurz zusammengefasst: Das Aufwärtspotential des S&P 500 erscheint fundamental betrachtet begrenzt, um nicht zu sagen ausgereizt. Eine größere Konsolidierung auf hohem Niveau bietet sich an Charttechnisch betrachtet gilt das Gleiche. Denn der Markt ist immer noch überkauft. Dieser Zustand wurde zwar durch eine seitwärts gerichtete Konsolidierung seit Anfang September bereits etwas abgebaut, aber im Verhältnis zum vorangegangenen Anstieg fiel diese Korrektur bislang eher moderat aus. Da verwundert es nicht, dass aktuell offenbar ein Versuch scheitert, den S&P 500 über das Hoch dieser Konsolidierung zu treiben (siehe roter Pfeil im folgenden Chart). Der Index hat es aber auf dem aktuellen Niveau auch mit einem starken Widerstand zu tun. Denn auch die obere Linie einer möglichen Trompetenformation (siehe dicke rote Linien im folgenden Chart), die ich schon seit geraumer Zeit beobachte und hier in der Börse-Intern auch immer wieder angesprochen habe, macht den Bullen seit Anfang September das Leben schwer. Daher habe ich sowohl aus fundamentaler als auch aus charttechnischer Sicht so meine Zweifel, dass es mit den US-Indizes wirklich weiter nach oben gehen kann. Dass die Devise derzeit „Aktien long“ lautet (siehe gestrige Börse-Intern) muss man also entsprechend einschränken. Es wäre nämlich denkbar, dass die US-Indizes ihre Seitwärtskonsolidierungen fortsetzen, was noch einmal stärkere Rücksetzer bedeuten würde. Und das würde dann auch für DAX & Co. gelten. Ein Kursniveau von 3.300 bis 3.000 Punkten im S&P 500 (und 12.000 bis 11.000 Punkten im DAX) ist damit ein realistisches Szenario. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Trading Ihr Sven Weisenhaus www.stockstreet.de
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