wir sind so weit / Und der Redakteur wird aufgehängt. / Denn in der gesamten Christenheit / Da wird dem Menschen nichts geschenkt. Die Ãlteren unter Ihnen mögen sich noch erinnern: Als in Deutschland noch Bühnen und Theater weit offen standen, erklang der den heutigen Newsletter einleitende Satz am Ende von Brechts âDreigroschenoperâ. Jetzt findet er sich gelegentlich noch in meinem Mail-Eingang wieder. Da schrieb ich gestern an dieser Stelle noch über das Ãbelnehmen - und, schupps, erhalte ich heute auch schon eine Mail-Zuschrift, in der gefordert wird, man möge den Redakteur doch bitteschön aufhängen. Was den Schreiber der Mail derart in Rage gebracht hat, dass er nicht nur Nettiquette, sondern gleich Fasson, Tischmanieren und den bürgerlichen Normalzustand über den Haufen warf, war unsere kritische Reportage über die pandemische Lage in Schweden. Nun mag man über âden svenska befolkningenâ und deren Doktor Tegnell ja meinen und denken, was man will, wichtig ist allein, dass man es eben meinen und denken darf. Ãber den Rest darf gestritten werden. Man wünschte sich allerdings, dass es dabei nicht mehr allzu oft zu einer derartigen Ãberhitzung und Verklumpung von neuronalen Strukturen kommen möge. Traurige Nachrichten Die beklagen derzeit landauf und landab und völlig zu recht auch zahlreiche Kommunalpolitiker. Eine Umfrage des Magazins Kommunal nämlich hat ans Licht gebracht, dass 72 Prozent aller Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Deutschland schon einmal beleidigt, beschimpft, bedroht oder sogar tätlich angegriffen worden seien. Bei einer vergleichenden Umfrage aus dem vergangenen Jahr habe der Wert noch acht Prozent darunter gelegen. Bei derart traurigen Nachrichten fällt einem eigentlich nur noch die Ãberschrift unseres heutigen Gastbeitrags von Mathias Brodkorb ein: âDas Undenkbare wird plötzlich möglichâ. Brodkorb regt sich darin zwar nicht über die latente Gewaltbereitschaft in Teilen der Bevölkerung auf, und doch geht es auch bei ihm um den schmerzhaften Verfall demokratischer Kultur und rechtsstaatlicher Gepflogenheit. Mit Hinblick auf etwaige Sonderrechte für Geimpfte nämlich schreibt er: âDie Grundrechte stehen allen Bürgern als Abwehrrechte gegen den Staat immer schon zu, und es ist dessen Pflicht, sie auch zu gewährleisten.â Kehren wir am Ende also zur Dreigroschenoper zurück. In deren Libretto heiÃt es sinngemäÃ: Und deshalb wird der Redakteur jetzt nicht aufgehängt / Sondern wir haben uns einen anderen Schluss ausgedacht. Und der geht so: Passen Sie auf sich auf und bleiben Sie offen und demokratisch! Ihr Ralf Hanselle, stv. Chefredakteur |