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5 nach 12 - Was ist heute wichtig? Das Mittags-Update von WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt
Sehr geehrte Damen und Herren,
China hat es getan: Ungeachtet massiver internationaler Kritik hat der Volkskongress dem sogenannten Sicherheitsgesetz für Hongkong zugestimmt. So wie Präsident Xi Jinping (siehe Foto) stimmten die Abgeordneten des einmal im Jahr tagenden Parlamentes nahezu geschlossen (2878 zu einer Stimme bei sechs Enthaltungen) für die Pläne der Regierung in Peking. Das Gesetz umgeht Hongkongs Parlament und richtet sich gegen Aktivitäten, die als subversiv oder separatistisch angesehen werden und wäre der bisher stärkste Eingriff in die Autonomie Hongkongs. Zur Durchsetzung sollen „wenn nötig“ sogar chinesische Sicherheitsorgane eingesetzt werden. Die prodemokratischen Kräfte fürchten, dass sie zum Ziel des Gesetzes werden. Die ehemalige britische Kronkolonie Hongkong wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ als eigenständiges Territorium regiert. Die Bundesregierung hat sich angesichts des chinesischen Vorgehens sehr besorgt geäußert, die USA erwägen sogar Sanktionen.
XI am Drücker
Ohrenbetäubend ist das laute Schweigen der deutschen Wirtschaft zu Chinas Hongkong-Plänen. Kritik an Peking ist nicht zu hören. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) will sich gar nicht äußern, das überlasse man der Politik, heißt es. Auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und der Bundesverband deutscher Banken schweigen in der Hongkong-Frage. 
Zugleich intensivieren deutsche Firmen ihre Geschäfte mit China, wie unsere Wirtschaftsredaktion berichtet. So gehe etwa Volkswagen regelrecht auf Shopping-Tour in der Volksrepublik und wolle sich für Hunderte Millionen Euro am Elektroautopartner JAC und einem Batteriehersteller beteiligen. Noch diese Woche könnte der Deal abgeschlossen werden – während in Hongkong verzweifelte Menschen auf die Straße gehen. Dabei steht der Wolfsburger Konzern ohnehin seit Jahren in der Kritik wegen seines China-Engagements. VW betreibt in Provinz Xinjiang im Westen des Landes sogar ein Werk, obwohl in dieser Region die uigurische Minderheit unterdrückt  und in Umerziehungslagern interniert wird. Doch Kritik an der chinesischen Führung kann sich Volkswagen wie viele weitere deutsche Unternehmen schlicht nicht mehr leisten. Längst ist die Volksrepublik der wichtigste Absatzmarkt für die deutschen Autokonzerne. Und die Abhängigkeit hat in den vergangenen Wochen noch zugenommen. Denn während sich große Teile Europas und der USA im Lockdown befanden, die Wirtschaft und die Nachfrage am Boden liegen, wird in China wieder produziert und verkauft.
 
Wie die deutsche Wirtschaft in der Corona-Krise wieder in Schwung gebracht werden kann, hat der renommierte Ökonomen-Klub „Kronberger Kreis“ in einem exklusiven Beitrag für WELT durchdekliniert. Die Top-Ökonomen warnen darin vor einer Überdehnung des Sozialstaats und vor liebestollen Politikern. Jetzt brauche es nicht weniger Globalisierung, sondern mehr davon schreiben sie. Die programmatischen Forderungen des Kronberger Kreises lesen sie in voller Länge hier
 
„Warum ist der Mann, der George Floyd getötet hat, nicht im Gefängnis?“ ­– diese Frage des Bürgermeister der US-Großstadt Minneapolis bringt auf den Punkt, was den zweiten Tag in Folge zu massiven Protesten und nun auch zu einer Intervention Donald Trumps geführt hat. Der 40-jährige George Floyd war festgenommen worden, weil er einen gefälschten 20-Dollar-Schein für einen Einkauf benutzt haben soll. Auf einem Video im Internet ist zu sehen, wie bei dem Einsatz ein weißer Beamter mehr als fünf Minuten lang auf Floyds Genick kniet, obwohl dieser stöhnt: „Sie knien auf meinem Nacken. Ich kann nicht atmen … Mama. Mama.“ Floyd starb wenig später im Krankenhaus. US-Präsident Donald Trump bezeichnete Floyds Tod nun als „traurig und tragisch“. Er ordnete eine Untersuchung des Justizministeriums und der Bundespolizei FBI an. Trump versicherte am Mittwochabend auf Twitter: „Der Gerechtigkeit wird Genüge getan!“ Er habe die Behörden zu beschleunigten Ermittlungen aufgefordert. Zugleich sprach Trump den Angehörigen und Freunden des Opfers sein Mitgefühl aus. 

Bleiben Sie gesund,

Ihr



Ulf Poschardt


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