EDITORIALLiebe Leserinnen und Leser, die vergangene Woche ist mit einer aufsehenerregenden Rede von US-Vize-Präsident JD Vance vor der Münchner Sicherheitskonferenz zu Ende gegangen, in der er Europa aufforderte, es müsse vor allem die Zensur bekämpfen, die unliebsame Stimmen zum Schweigen bringen würde. Was das mit Gesundheitspolitik zu tun hat, können Sie sich mit Recht fragen. Weil man JD Vance zum Beispiel fragen müsste, warum sein Präsident eine Anordnung unterzeichnete, in deren Folge die Zentren für Seuchenkontrolle und -prävention (CDC) und die Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelzulassungsbehörde (FDA) mehrere Webseiten vom Netz nehmen mussten. Dadurch waren Informationen zu Forschungsergebnissen, Datensätzen und Empfehlungen, wie Ärzte sexuell übertragbare Infektionen behandeln sollten, und auch Impfleitlinien für Erwachsene nicht mehr erreichbar. So stand zeitweise auf der CDC-Webseite nur noch ein Hinweis, dass die Seite derzeit geändert würde, um der Durchführungsverordnung von Präsident Trump zu entsprechen. Da passt es auch ins Bild, dass das Weiße Haus die US-Nachrichtenagentur AP aus Trumps Büro und dem Präsidentenflugzeug ausgeschlossen hat. Gespannt darf man sein, wie es mit dem US-Gesundheitsministerium weitergeht, nach dem der US-Senat Robert F. Kennedy jetzt endgültig als US-Gesundheitsminister bestätigte. Die der US-Regierung unterstehenden Nationalen Gesundheitsinstitute (NIH) hatten bereits eine deutliche Kürzung ihrer Zuschüsse an Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen angekündigt. Welche Auswirkungen Europa angesichts der Entwicklungen in der US-Gesundheitspolitik zu befürchten hat, erklärt der Infektiologe Christoph Spinner im Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt. Hierzulande beginnt die letzte Woche vor der Bundestagswahl. Die Gesundheitspolitik spielt auch weiterhin bis auf die Pflegeversicherung kaum eine Rolle. Noch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) brachte sich schnell nochmal in die Medien, als er vergangene Woche per Erlass das Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit (BIÖG) gründete. Allerdings war dies eher ein Termin für die Wahlkampfbühne, denn von seinem ursprünglichem Plan, mit dem „Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit“ die Strukturen vom Robert-Koch-Institut (RKI) und der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu ändern, um die Prävention zu verbessern, bleibt schließlich nur ein neues Institutsschild und eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem RKI und BZgA. Lauterbachs Digitalisierungsbemühungen haben ebenfalls einen Dämpfer bekommen. Denn die bereits im Vorfeld als viel zu kurz kritisierte Testphase der elektronischen Patientenakte machte dennoch schnell klar, dass der bundesweite Rollout noch länger dauern wird. Heute in einer Woche hat Deutschland gewählt. Man darf gespannt sein, ob dann auch die Gesundheitspolitik wieder vermehrt in den Fokus kommt. Beim gestrigen sogenannten TV-Quadrell mit den Spitzen der vier großen Parteien war dies – mal wieder – überhaupt nicht der Fall. Ich wünsche Ihnen eine gute und möglichst stressfreie Woche!
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