Liebe Leserin, lieber Leser,
jüngst ist in einer Fußgängerunterführung im oberfränkischen Markt Hirschaid ein Feuer ausgebrochen. Jetzt werden Sie sagen: „Aha, und in China ist ein Sack Reis umgefallen, oder was?“ Der Unterschied: Das Malheur in Hirschaid bremst aktuell den kompletten Fernverkehr zwischen Berlin und München aus. Mal wieder.
Der kleine Tunnel unterquert nämlich die ICE-Trasse, die jetzt aufwendig untersucht werden muss. Das kann dauern. Man ist bei der Deutschen Bahn ja viel gewohnt, aber diesmal ist Brandstiftung verantwortlich, nicht Bahnchef Richard Lutz, was trotzdem zu der Frage führt: Warum ist der Mann eigentlich noch im Amt?
Mein Verdacht: Die neue Regierung hat bisher genauso wenig einen Plan für den Mobilitätskonzern wie Lutz selbst, der schon vor Jahren mahnte: „Wir können so nicht weitermachen.“ Seither macht er so weiter – und übersieht beim Genörgel über frühere Regierungen, dass er selbst seit 15 Jahren im Vorstand sitzt, den er seit acht Jahren anführt. Da hätte er doch mal Laut geben können, oder?
Aber ihm persönlich geht’s ja gut. Im vergangenen Jahr schrieb die Bahn einen Verlust von 1,8 Milliarden Euro. Lutz bekam trotzdem ein Rekordgehalt samt Boni von 2,1 Millionen. Bereits vor zwei Jahren habe ich ihm in einem Anfall von Größenwahn den Rücktritt nahegelegt. Ich tat das weniger aus Enttäuschung oder Notwehr, obwohl ich als treuer Bahncard-100-Kunde alle Dramen in vollen Zügen (teils doppelt überbucht) genossen habe. Ich meinte es gut mit ihm. Aber er wollte ja nicht hören.
Und wenngleich ich Bahn-Wortspiele nicht überstrapazieren möchte: In den vergangenen Monaten ist Lutz endgültig entgleist. Ursprünglich hatte er zum Beispiel versprochen, bis 2030 die 40 meistbefahrenen Strecken der Republik zu sanieren. Das sei nicht zu schaffen, heißt es nun. Fünf Jahre länger dauere es wohl. Das gesamte Sanierungskonzept sei eh „nicht tragfähig“, schlug der Bundesrechnungshof Alarm. |