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5 nach 12 - Was ist heute wichtig? Das Mittags-Update von WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Kampf gegen das Coronavirus setzt die Bundesregierung offenbar auf eine massive Ausweitung der Tests als vorrangige Maßnahme. „Bund und Länder stimmen darüber ein, die Kapazitäten zur Testung auf das neue Coronavirus deutlich zu erhöhen“ – so zitieren die Kollegen der BILD aus dem internen Protokoll einer Telefonkonferenz zwischen Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) und den Chefs der Staatskanzleien der Länder.

Ähnliches steht auch in einem Strategiepapier des Bundesinnenministeriums, das sich auf Südkorea als Vorbild beruft. Den dortigen Behörden war es mit Massentests und der Isolierung von Erkrankten gelungen, die Ausbreitung des neuartigen Erregers stark zu verlangsamen, ohne das öffentliche Leben zum Stillstand zu bringen. Um die Suche nach Kontakten von positiv getesteten Personen zu erleichtern, sollen in Deutschland längerfristig computergestützte Lösungen und sogar das Location Tracking von Mobiltelefonen zum Einsatz kommen, heißt es in einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“.
 
Videokonferenz der EU-Staats- und Regierungschefs
Während in Deutschlands Regierung Einigkeit bei den Maßnahmen zur Eindämmung besteht, herrscht in der EU offener Streit darüber, welche finanziellen Maßnahmen nötig sind, um die Folgen der Corona-Krise in den Griff zu bekommen. Der Videogipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag (siehe Foto) war für zwei Stunden angesetzt worden, am Ende dauerte er sechs.

Die Südeuropäer, angeführt von Frankreich, Italien und Spanien hatten die Einführung von Euro-Bonds gefordert, also eine gemeinsame Aufnahme von Schulden aller EU-Staaten. Deutschland, Österreich und die Niederlande wehrten sich dagegen. Erfolgreich, zumindest vorerst. Das Ergebnis des Gipfels ist ein Kompromiss: Die Euro-Gruppe unter Vorsitz des portugiesischen Sozialdemokraten Mario Centeno binnen zwei Wochen ein neues Modell für einen gemeinsamen Rettungsschirm ausarbeiten. Dass damit die Debatte um Euro-Bonds vom Tisch ist, daran glaubt allerdings niemand.
 
Die Zahl der Infizierten ist in Deutschland erneut gestiegen. Laut Johns-Hopkins-Universität und den Landesgesundheitsämtern sind bis Freitagmorgen 43.938 Infektionsfälle registriert worden, 267 Menschen starben den Angaben nach. Besonders hohe Zahlen haben Nordrhein-Westfalen mit mehr als 10.800 nachgewiesenen Fällen und 82 Toten sowie Bayern mit mehr als 8800 Fällen und Baden-Württemberg mit mehr als 8400 Fällen. Gerechnet auf 100.000 Einwohner verzeichnet Hamburg mit einem Wert von 87,7 die meisten Infektionen.
 
Die USA haben einen traurigen Rekord zu verzeichnen: In den Vereinigten Staaten gibt es inzwischen mehr bekannte Coronavirus-Infektionen als in jedem anderen Land auf der Welt. So wies die Johns-Hopkins-Universität für die USA 82.400 Menschen aus, deren Infektion mit dem Virus Sars-CoV-2 bekannt ist, für China rund 81.800 und etwa 80.600 für Italien. Weltweit gibt es nun mehr als eine halbe Million bestätigte Infektionen.
 
Politischer Profiteur der Corona-Krise ist China, das sich zunehmend als Weltenretter geriert: Die Regierung verbreitet das Narrativ, das Land stehe kurz davor das Virus zu besiegen. Ihr Beleg: Es gebe in dem Land keine Neuinfektionen mehr. Allerdings bezweifeln Experten die aus China gemeldeten Zahlen. Nun hat Präsident Xi Jinping nach Angaben seiner Regierung in einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump für eine Verbesserung der bilateralen Beziehungen geworben. Xi bot an, die USA im Umgang mit dem Coronavirus zu unterstützen. Trump schrieb auf Twitter, er habe mit Xi „detailliert“ über den Virus-Ausbruch gesprochen. „China hat viel durchgemacht und ein starkes Wissen über das Virus entwickelt. Wir arbeiten eng zusammen. Viel Respekt!“ Das ist derselbe Trump, der noch vor wenigen Tagen Corona das „chinesische Virus“ nannte.
 
Bleiben Sie gesund,

Ihr



Ulf Poschardt


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