Hallo Achternaam, Hin und wieder werde ich gefragt, was passiert mit meiner Geldspende an ADRA? Wieviel von diesem Geld kommt an? Das ist eine berechtigte Frage, auf die jeder unserer Spender eine Antwort erhalten sollte. In unseren ADRA News, Jahresbericht und anderen Kommunikationskanälen finden sich Teile der Antwort. Um ein ganzheitliches Bild zu geben, möchte ich heute einmal etwas ausholen und mit den geschichtlichen Hintergründen beginnen. Wie hat sich die Entwicklungszusammenarbeit entwickelt In den 1970er Jahren begann die internationale Gemeinschaft, systematischer auf humanitäre Krisen zu reagieren. In dieser Zeit wurde auch der Grundstein für viele Hilfsorganisationen wie ADRA gelegt. Die Spendengelder wurden vorwiegend für Nothilfeprojekte nach Katastrophen eingesetzt. In den 1980er Jahren nahmen die Komplexität und die globalen Dimensionen von Krisen zu. Der Fokus verschob sich zunehmend von einzelnen Katastrophen (wie Naturkatastrophen) zu längerfristigen Krisen, die durch politische und wirtschaftliche Instabilität, Bürgerkriege und andere strukturelle Ursachen ausgelöst wurden. NGOs und die UN haben größere Hilfsaktionen durchgeführt, die nicht nur Soforthilfe, sondern auch längerfristige Hilfe und den Wiederaufbau betrafen. Zu dieser Zeit wurden Spendengelder neben der Nothilfe vor allem in Infrastruktur investiert. Ihr erinnert euch bestimmt, wie häufig Schulen gebaut wurden, Krankenhäuser, Brunnen, Wohnhäuser etc. In den 1990er Jahren wurde die Notwendigkeit einer effektiveren Koordination und die Einhaltung humanitärer Prinzipien (Unparteilichkeit, Unabhängigkeit, Neutralität) stärker betont, um die Qualität der Hilfe zu sichern. Ab den 2000er Jahren nahm die Professionalität der humanitären Hilfe weiter zu. Immer mehr Organisationen erkannten, dass proaktive Ansätze oft günstiger und effektiver sind als reine reaktive Hilfe. Ihr erinnert euch sicher an den Satz: „Wenn du einem Mann einen Fisch gibst, ernährst du ihn für einen Tag. Wenn du ihm das Angeln beibringst, ernährst du ihn sein Leben lang.“ Ausbildung wurde ein zentraler Bestandteil der Hilfe, ebenso das Vermitteln von Menschenrechten, Pflichten, Fürsprache für ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen. Somit bekamen Spenden einen Mehrwert durch ganzheitliche Ansätze und den Austausch von Wissen. Mehrwert entsteht da, wo wir mit den Menschen ihre Bedürfnissen und ihr Potenzial gemeinsam entedecken und auf der persönlichen-, sozialen- und wirtschaftlichen Ebene arbeiten um möglichst bald aus der Armutsspirale herauszufinden. Im Laufe des 21. Jahrhunderts wuchs die Zahl der internationalen Hilfsorganisationen. Große Internationale Organisationen waren zunehmend dazu aufgerufen und verstanden die Wichtigkeit dessen, sich stärker mit lokalen Organisationen vor Ortauseinanderzusetzen. Ihr Ziel ist es heute, diese kleinen Organisationen zu stärken und auszubilden, damit diese das lokale Schulsystem fördern, das Einkommen von Familien, die Ernährung und Gesundheit durch landwirtschaftliche Intensivierung und Marktanbindungen verbessern. Dadurch hat sich die Hilfe zur Selbsthilfe konsolidiert und die Spendengelder wurden zur Investion mit Mehrwert. Dieser Ansatz soll bewirken, dass die lokalen Akteure das Wissen und die Mittel haben, selber nachhaltig Veränderung in ihrem Umfeld zu bewirken. In den letzten Jahren hat sich die humanitäre Hilfe weiter gewandelt. Die Auswirkungen des Klimawandels, wie Dürren, Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen, haben neue Dringlichkeit für Soforthilfe und Katastrophenvorsorge erzeugt. Somit werden oft notgedrungen wieder mehr Spendengelder eingesetzt um akute Not nach Katastrophen zu lindern, anstelle pro-aktiv die Widerstandkraft der Ärmsten Bevölkerungsschichten zu stärken. Gleichzeitig investieren wir in Katastrophenvorsorge, so dass heute z. B. durch Evakuierungen deutlich weniger Menschen bei Naturkatastrophen ums Leben kommen. Dieser Überblick zeigt in groben Zügen wofür die Spendengelder schwerpunktmäßig in den vergangenen Jahrzehnten eingesetzt wurden. Wieviel von Deiner Spende kommt an? Zur Frage, wieviel von einer Spende am Bestimmungsort ankommt, kann ich nur für ADRA Österreich beantworten. Was bei den Zielgruppen wirklich ankommt, hängt vor allem von der Qualität der Zusammenarbeit und dem Einsatz unserer Teams im Projektgebiet ab. Wenn lokale Teams schlecht ausgebildet sind, oder Hilfsprojekte nicht sauber planen, besteht das Risiko, dass von einem bestimmten Betrag, der auf dem Projektkonto angekommen ist, durch ineffiziente Arbeit, falschen Prioritäten, falschem Zeitpunkt, schlechter Planung oder Zusammenarbeit usw. Geld verloren gehen kann. Wir haben alle in der Zeitung von Schulen gelesen, die gebaut wurden, aber dann von der lokalen Regierung keine Lehrer angestellt wurden und die Gebäude verwaisen. Eine Spende, die wirklich angekommen ist, bewirkt bei den Zielgruppen positive Veränderung, die sie in die Unabhängigkeit und Selbständigkeit führt. Dafür ist es notwendig, dass wir regelmäßige Besuche in den Projekten abstatten, bei denen wir uns die Arbeit, Zusammenarbeit mit der Bevölkerung und deren Wirkung kritisch ansehen, mit den Begünstigten sprechen und vor allem unsere Teams ausbilden, wo wir Bedarf feststellen. Deshalb wird ein Teil der Spende für administrative und technische Arbeiten gebraucht, um die Qualität der Projekte sicherzustellen. Diese projektspezifischen Aufwände werden zu einem hohen Prozentsatz von den Projektbudgets gedeckt und betragen 1-5% des Projektvolumens (je nach Projektgröße). Neben der Planung von Projekten und fachlicher Begleitung unserer ADRA-Projektpartner vor Ort sammelt und verwaltet unser Büro in Österreich Spendengelder von Privatspendern, Firmen und öffentlichen Fördergebern. Dies sind zum Beispiel die Europäische Union, die Austrian Development Agency und die Stadt Wien. Um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren, gibt es einige Administrative Aufgaben (Buchhaltung, Datenschutz, Risikomanagement, Kommunikation usw.) zu erledigen. Dazu kommen die Anforderungen des Finanzamts, des Spendengütesiegels (für Spendenabsetzbarkeit, die jährliche externe Buchprüfung und Berichte an öffentliche Stellen, die erfüllt werden müssen. Diese Aufwände belaufen sich bei ADRA Österreich derzeit auf ca. 7 Prozent der Spendeneinnahmen. Auch Weiterbildung, Miete der Büroräumlichkeiten, Arbeitsmittel, Software und deren Unterhalt sind inkludiert. Mehr hierzu erfährst du im ADRA Jahresbericht. Gleichzeitig bringt diese Arbeit aber auch einen Mehrwert. Als Spender erhältst du vom Finanzamt einen Teil deiner Spende zurück (dieser Betrag ist in der Regel höher, als der Teil der für administrative Zwecke benötigt ist). Wenn wir erfolgreich um Projektförderungen ansuchen, ist es bei einigen Projekten so, dass sich die Hilfe verdoppelt oder bei einigen Projekten die Geldmittel, die im Feld ankommen 10-20x so hoch sind wie die Spenden, die wir zum Projekt beitragen müssen. So können aus 50.000 Euro Spenden 1 Million Euro Hilfe werden. Es ist also nicht pauschal so, dass durch Administrative Arbeit weniger Hilfe bei den Menschen ankommt. Im Gegenteil. Die Qualität ist ausschlaggebend Gute Zusammenarbeit zwischen unserem Büro und den Projektpartnern ist die Voraussetzung, dass von der Spende nicht nur möglichst viel bei den Ärmsten ankommt, sondern dass dieses Geld auf eine Weise investiert wird, dass es, wie in der Privatwirtschaft Mehrwert generiert. In der Entwicklungszusammenarbeit reduziert sich dieser Mehrwert nicht nur auf wirtschaftliche Aspekte wie mehr Einkommen für die Ärmsten, sondern vor allem auch auf persönliche Entwicklung, Inklusion und Stärkung der Dorfgemeinschaft, Zugang zu Informationen und Rechten, sowie die Stärkung der Resilienz der Menschen, um Rückfälle möglichst zu vermeiden. Die Begünstigten werden von Anfang der Planung bis zum Abschluss des Projekts in alle Abläufe und Arbeiten eingebunden, damit sie das Gelernte auch nach Abschluss der Projektlaufzeit ohne weitere Unterstützung von außen umsetzen können. So können sie sich langfristig und eigenständig entfalten. Praktische Umsetzung Kürzlich konnten wir ein Entwicklungsprojekt in Mozambique erfolgreich abschließen, das eine landwirtschaftliche-, einkommensfördernde- und Nahrungsverbessernde Komponente hatte. Mit diesen drei Aktivitäten konnten die Bauern bessere Qualität und produktiver anbauen. Die Familie konnte ihre Ernährung verbessern und wir konnten für diese Bauernfamilie neue Märkte erschließen. Neben Gemüse und Getreide haben die Bauern intensiv Sesam zur Saatgutvermehrung angebaut und wurden von einer Saatgut Firma angeleitet und für Sesam-Saatgut zertifiziert. Die Firma hat das Saatgut zu einem fairen Preis gekauft, die nun neben dem bereits weitverbreiteten hybridsaatgut auch das natürliche, biologische Saatgut verkaufen. Der Preis für Saatgut liegt weit über dem von Gemüse und hat somit den Bauern gutes Einkommen eingebracht, das ihnen nun ermöglicht die Bedürfnisse der Familie abzudecken. Dies ist rundum einen Gewinn für alle Beteiligten und auch für die Umwelt und viele Bauern im Land die vorher nur Hybridsaatgut kaufen konnten. Die finanzielle Investition durch das Projekt wurde durch das Einkommen der Bauern fast verdreifacht. Die Familien können ihre Kinder zur Schule schicken, die vorher auf den Feldern mithelfen mussten und die Gesundheit der Familie hat sich stark verbessert, weil ihr täglicher Speiseplan mit mehr Gemüse und anderen Lebensmittel angereichert wurde, das sie sich auf dem Markt nun kaufen können. Ähnlich wie dieses Projekt schließen wir unsere Entwicklungsprojekte nach 3-7 Jahren ab, wenn deutlich wird, dass die Zielgruppen statt mit Spendengeldern, mit ihrem eigenen Einkommen ihr Leben weiterführen können. Wenn du Fragen zu diesem Thema hast schreibe uns gerne an spenden@adra.at. Dein Marcel Wagner und das ADRA-Team |