Demokratie braucht freien Meinungsaustausch Wie viel Zündstoff im korrekten und vor allem politisch korrekten Sprachgebrauch liegt, zeigt sich jetzt wieder am Streit zwischen Justiz- und Innenministerium. Das Innenressort rügte einen Gesetzentwurf der KollegInnen, weil er konsequent nur in der weiblichen Form verfasst war. Es traten ausschließlich „Gläubigerinnen“ und „Inhaberinnen“ in Erscheinung. So aber sei der Text leider nicht verfassungskonform, sagte das Haus Seehofer. Genderneutrale Bezeichnungen und Formulierungen sind ein Minenfeld, auf dem jeder Fehltritt fatal enden kann, wie jetzt auch die Harry-Potter-Erfinderin J. K. Rowling erfuhr. Sie hatte über die Bezeichnung „Menschen, die menstruieren“ gespottet und fragte, warum man nicht einfach wie seit Urzeiten „Frau“ sage. Daraufhin wurde sie als „transphob“ und überhaupt reaktionär verdammt, und es fand sich im Netz eine Gruppe zusammen, die ihr unverblümt den Tod wünscht. Wie aber sollen wir überhaupt noch miteinander reden, wenn überall Fallstricke ausgelegt werden? Wenn die eigentliche Botschaft, das bedenkenswerte Argument, der Versuch der Klärung keine Rolle spielen, weil jede Äußerung daraufhin abgeklopft wird, ob sie nicht einen politischunkorrekten Subtext enthält. Demokratie aber braucht den freien Meinungsaustausch. Wenn alle nur noch mit Gleichgesinnten sprechen, von denen sie keine Ablehnung zu erwarten haben, wird die öffentliche Meinungsbildung in Gleichförmigkeit ersticken. | Jobst-Ulrich Brand, Kultur & Leben |
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