Der wöchentliche Überblick zur US-Wahl
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Was jetzt, America?
Der wöchentliche Überblick zur US-Wahl
von Carsten Luther
Redakteur für internationale Politik

Good morning! Donald Trump kann sich Kanada als 51. US-Bundesstaat vorstellen und freut sich auf Frankreich. Joe Biden wirft die Frage auf: Was wurde eigentlich aus der Idee, niemand stehe über dem Gesetz? Die US-Expertinnen fassen Ihnen die wichtigsten Ereignisse der Woche zusammen. Folge 21 erreicht Sie aus Berlin.

31 Tage nach der Wahl

Jetzt geht das schon wieder los. Nie weiß man so recht, was Donald Trump ernst meint und was nicht – ob man lachen oder weinen soll. Mir fällt da 2019 ein, als er Grönland kaufen wollte. Echt jetzt? Der kanadische Premier Justin Trudeau jedenfalls soll auch eher verkrampft reagiert haben, als der zukünftige US-Präsident ihm nun vorschlug, sein Land könne doch der 51. Bundesstaat der USA werden. Angeblich ein Spaß während des gemeinsamen Dinners in Trumps Mar-a-Lago-Residenz. Das hatte sich Trudeau nach dessen Drohungen mit hohen Zöllen angetan, um vielleicht das Schlimmste zu verhindern. Hilft ja nichts. 

Überhaupt umgarnen längst alle den neuen alten Präsidenten. Kann ja nur helfen, früh gute Stimmung zu machen. Dachte sich wohl auch die französische Regierung und lud Trump kurzerhand zur Wiedereröffnung von Notre-Dame in Paris an diesem Wochenende ein – und ja: Er kommt. "Es wird ein ganz besonderer Tag für alle sein", meint er. Ich kann mir das lebhaft vorstellen: "Der kleine Emmanuel will mir seine wunderschöne Kathedrale nicht verkaufen, wir werden sehen, was mit den Zöllen passiert." Viel Spaß. 

Ich tue Ihnen jetzt den Gefallen und sage im Einzelnen nichts zu den jüngsten Personalien, die Trump für seine nächste Regierungsmannschaft verkündet hat. Ich fürchte zwar, die meint er alle äußerst ernst. Aber über die müssen wir uns noch früh genug ärgern. Oder vielleicht auch nicht mehr. Seinen nominierten Verteidigungsminister könnte er jedenfalls wegen vieler Vorwürfe (Missbrauch, Affären, Alkohol, Inkompetenz) doch wieder fallen lassen, hört man. Gut! Mehr davon! Ich glaube allerdings, das wird nicht viel ändern: So oder so wird es ein gruselig-radikaler Haufen, der großen Schaden anrichten kann. 

Bis dahin meldet Joe Biden aber noch einmal seinen Anspruch auf den Fehltritt der Woche an. Ist der Ruf erst ruiniert ... kann man gegen Ende der Amtszeit auch schnell noch den eigenen Sohn umfassend begnadigen.  

Würde er nicht machen, hatte Biden gesagt.  

Darf er machen, sagt die Verfassung.  

Hätte er nicht tun sollen, denke ich.  

Der frühere republikanische Abgeordnete Joe Walsh kommentierte Bidens Schritt treffend: "Sie haben Trump jetzt die Lizenz dafür gegeben, seiner Familie und seinen reichen Freunden alle möglichen Gefallen zu tun. Und wenn er das tut, haben Sie seinen Unterstützern die Möglichkeit gegeben zu sagen: 'Jeder macht das.'" Was wurde eigentlich aus der Idee, niemand stehe über dem Gesetz und alle seien davor gleich? Trump würde sagen: "Wir werden sehen, was passiert." 

Haben Sie ein schönes Wochenende! 

Meine drei Texte der Woche

Sie handeln von Joe Biden, Joe Rogan und ganz besonderen Versäumnissen der Demokraten.

Joe Rogan gilt in den USA als König der Podcaster und Stimme der Hypermännlichkeit. Seine Unterstützung für Donald Trump halten manche für wahlentscheidend. Aber wie ist es, in seiner Show Gast zu sein? Der Berliner Schriftsteller Norman Ohler hat es erlebt. → Zum Artikel
Nun also doch: US-Präsident Joe Biden hat seinen Sohn Hunter begnadigt. Menschlich vielleicht verständlich, politisch ein Fehler, schreibt meine Kollegin Rieke Havertz. → Zum Artikel
Die Saat für Donald Trumps Wahlsieg wurde schon vor 16 Jahren gelegt, schreibt meine Kollegin Heike Buchter: Die Biden-Regierung hat es danach versäumt, für ihre sozialpolitischen Erfolge zu kämpfen. → Zum Artikel
Wer sagt denn sowas?

"Trump can’t deliver a peace deal."

a) Donald Trump
b) Joe Biden
c) Pam Bondi

ZEIT Geschichte – Die amerikanischen Präsidenten

Vom Bürgerkrieg über das Erbe des Rassismus bis hin zur aktuellen politischen Spaltung – steht die Zukunft der amerikanischen Demokratie auf dem Spiel?

Warum haben die Menschen Harris, warum Trump gewählt? Unsere Mini-Videoporträts von zufällig ausgewählten Personen. → Zum Artikel

Wollen Sie uns hören? 

In dieser Folge von OK, America? diskutieren meine Kollegen Rieke Havertz und Klaus Brinkbäumer über Hunter Bidens Begnadigung. In dieser Folge von Die sogenannte Gegenwart analysieren Ijoma Mangold und Lars Weisbrod, wie sich die Welt durch die US-Wahlen verändert hat. Und hier hören Sie unseren Rückblick Vier Jahre Trump in 48 Episoden.

Das Bild der Woche

Meine Kollegin Tina Ahrens ist die Chefin der Bilder von ZEIT ONLINE. An dieser Stelle schreibt sie jede Woche über ein Foto, das sie besonders bewegt hat.

© Mark Peterson/Redux/laif

“Diese Woche hat meine Kollegin Rabea Weihser über das “Mar-a-Lago-Face" geschrieben. In Mark Petersons Foto der designierten Heimatschutzministerin Kristi Noem erkennt man dieses sehr gut: Frauen mit heller Haut, langem Haar, kleiner Nase, hohen Wangenknochen, großen Augen, langen Wimpern und vollen Lippen. Aber auch bei der Auswahl der Männer in Trumps Kabinett zeigt sich eine ähnliche Ästhetik von muskulösen Körpern, kantigen Kiefern, vollen Haaren und weißen Zähnen. ‘Trump idealisiert Geschlechterbilder, in denen sich maximaler Östrogen- und Testosteroneinfluss spiegeln’, schreibt Rabea, denn ‘Trump will mit seinen Ministern und Beraterinnen – nach seinem Verständnis – attraktive Bilder produzieren.’ Zur Not helfen viele mit falschen Wimpern, Spritzen und Skalpells nach.”

Und sonst so?

Was müssen Sie diese Woche sonst noch gesehen, gelesen, angeschaut haben?

  • Dieses investigative Multimedia-Projekt über Polizeigewalt

  • Diesen Essay in The Atlantic über den Niedergang der Romantik in den USA

  • Den Podcast Elon’s Spies über einen der mächtigsten Menschen der USA: Elon Musk

Das war die 21. Spezialausgabe unseres Was-jetzt?-Newsletters zur US-Wahl 2024. Sie erscheint jeden Freitag zusätzlich zum Morgenüberblick und wird geschrieben von Amrai Coen, Marcus Gatzke, Rieke Havertz, Carsten Luther, Katharina Meyer zu Eppendorf, Johanna Roth, Anna Sauerbrey und Fiona Weber-Steinhaus. 

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