Habeck macht Merz und Scholz ein Angebot
● Dennis Schröder genervt |
|
Liebe Leserin, lieber Leser, haben wir keine anderen Wahlkampf-Themen mehr als Migration? Doch. Sogar noch wichtigere. Darüber will nur kaum jemand reden. Sollen wir’s trotzdem mal versuchen? Ich warne Sie aber: Ein paar Schnappatmungs-Momente kann ich Ihnen womöglich nicht ersparen. Natürlich braucht es ein Sofortprogramm für die rezessionsgeplagte Wirtschaft. Ohne wettbewerbsfähige Wirtschaft keine Steuern, mit denen der Staat seine Rechnungen und Großprojekte überhaupt erst bezahlen kann. Klimawende? Auch wichtig. Aber dringend brauchen wir weniger Bürokratie, günstige Energie und Geld für Infrastruktur und Verteidigung. Abermilliarden. Jährlich. Und weil das Mehr-Generationen-Projekte sind, müssen neue Sondervermögen her – nur bitte nicht noch mehr Geld fürs Soziale ausgeben, das schon jetzt jährlich rund 180 Milliarden Euro frisst. Das ist über ein Drittel des Bundeshaushalts. Und da soll nichts gespart werden können für echte Investitionen wie Hightech-Förderung, Verkehrswege, digitale Infrastruktur, aber auch Panzer, Drohnen, Cyberabwehr? Glaub ich nicht. Dazu braucht es indes Politiker, die uns mal die Wahrheit sagen. Und Bürger, die diese Wahrheit aushalten und mitgestalten. Vier-Tage-Woche? Wirklich die falsche Debatte. Die Renten sind eben nicht sicher. Bis 2036 verabschieden sich 16,5 Millionen Boomer. Entweder kriegen die künftig weniger Geld, oder ihre Lebensarbeitszeit muss verlängert werden. Es! Geht! Nicht! Anders! Sage ich als Boomer. Und die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer sagt: „Wir brauchen dringend eine umfassende Rentenreform.“ Wir werden immer älter. Unsere Gesundheit wird immer teurer. Und wir werden immer weniger. Drei Dinge braucht ein ressourcenarmes Land wie wir deshalb: Bildung, Bildung, Bildung. Leider sind selbst grundlegende Kenntnisse in Mathe, Naturwissenschaften und Lesekompetenz bei uns nicht mehr garantiert. Der letzte Pisa-Leistungsvergleich lieferte 2022 die miesesten jemals für Deutschland gemessenen Werte, womit wir doch noch zur Migration kommen. |
|
| Für den Umbau der deutschen Wirtschaft müssen wir auch in Technologien investieren wie Quantencomputing (© dpa) |
|
Die Zahl derer, die nicht mal mehr die Hauptschule beenden, ist unter den Jugendlichen ohne deutschen Pass fünfmal höher. Über ein Drittel der Menschen mit Migrationshintergrund hat keinen Berufsabschluss. Kein Wunder also, dass trotz Fachkräftemangels die Arbeitslosigkeit wieder wächst: auf aktuell drei Millionen (6 Prozent). Die Gründe sind vielfältig, die Ausreden, dass man da so wenig ändern kann, aber auch. Leisten können wir’s uns jedenfalls nicht. Die Frage, wofür 45 Milliarden Euro Bürgergeld jährlich ausgegeben werden, lass ich hier mal ganz beiseite. Aber wir sollten endlich echte Hilfen für echte Fachkräfte aus aller Welt installieren. Und uns zugleich nicht scheuen, auch das Asylrecht auf seine Gegenwarts-Tauglichkeit zu checken. Und wenn Sie mir bis hierher gefolgt sind, sei noch erwähnt: All die notwendigen Reformen und Umbauten müssen nach der Wahl schnell und gleichzeitig angegangen werden. Mit einer Kraftanstrengung der gesamten Gesellschaft. Für weniger als eine echte Revolution haben wir gar keine Zeit mehr. Erst recht nicht für neue Koalitionskräche. Was das Land viel mehr bräuchte, sind noch drei Faktoren: mehr Ehrlichkeit, mehr Gemeinsinn, mehr Wille. Klingt verrückt? Ich habe Sie ja gewarnt: Es könnte schmerzhaft werden. Aber auch wieder schön. Was meinen Sie? Schreiben Sie mir: feedback@focus-magazin.de |
|
| Robert Habeck beim FOCUS-Interview am Montag in Bochum (© Maximilian Mann für FOCUS-Magazin) |
|
Habeck macht Merz und Scholz ein Angebot – und warnt vor Erpressung |
|
Trotz des lautstarken Migrations-Krachs der vergangenen Woche macht Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck seinen Konkurrenten Friedrich Merz und Olaf Scholz nun eine Offerte: Für die Übergangszeit nach der Bundestagswahl am 23. Februar schlägt er den beiden einen Pakt vor, weil man „möglicherweise auf eine schwierige, längere Phase der Regierungsbildung“ zusteuere, so Habeck im großen FOCUS-Interview (roter Link unten). Der Top-Grüne möchte – erstens –, „dass die Ukraine weiter die Unterstützung erhält, die sie benötigt“. Außerdem schlägt er vor, „dass wir eine geschlossene und entschlossene Haltung der EU gegenüber der neuen US-Regierung vorbehaltlos unterstützen – besonders in Handelsfragen“. Drittens schlägt Habeck vor, „dass wir die Netzentgelte aus den Stromkosten rausnehmen und so Wirtschaft und Haushalte schnell entlasten“. Zugleich warnte er gegenüber FOCUS vor Erpressungsversuchen der Union: „Der entscheidende Punkt war: Wie soll man verhandeln, wenn die Drohung fortbesteht: ‚Wenn ihr uns nicht folgt, stimmen wir eben mit der AfD‘?“ Allen müsse „klar sein: Ein solches Agieren kann eine Regierungsbildung der Mitte nach der Bundestagswahl sehr schwer oder unmöglich machen“, warnte Habeck weiter. Auch „Ausschließeritis, wie Markus Söder oder Christian Lindner sie betreiben, könnte unter Umständen heißen, dass am Ende nur noch ein Bündnis mit der AfD möglich ist“. Ob das dann „strategische Dummheit ist oder politischer Wille“, wollte Habeck gegenüber FOCUS nicht beurteilen. |
|
| Olaf Scholz, Friedrich Merz und Alice Weidel streiten sich in den nächsten Wochen regelmäßig im TV (© dpa (2), reuters (2) |
|
Wahlkampf: sechs TV-Debatten in 14 Tagen |
|
Die Kanzlerkandidaten können sich über mangelndes Interesse der TV-Sender nicht beschweren: In den zwei Wochen vor der Bundestagswahl treffen sie in gleich sechs verschiedenen Formaten aufeinander. Am Sonntag geht es los mit einem Zweikampf zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz. Zu sehen ist das Duell um 20.15 Uhr bei ARD und ZDF. Am Donnerstag treten die beiden Kanzlerkandidaten von SPD und CDU dann erstmals direkt gegen ihre Kontrahenten von AfD (Alice Weidel) und Grünen (Robert Habeck) auf. Bei dem ZDF-Format bekommen sie ab 19.25 Uhr Fragen von Zuschauern gestellt. Eine Woche vor der Wahl laden RTL und ntv das Quartett ins Studio zum „Quadrell”. Es wird moderiert von Günther Jauch und Pinar Atalay und läuft am 16. Februar ab 20.15 Uhr live. Schon einen Tag später stehen sich Scholz, Weidel, Merz und Habeck erneut gegenüber: In der ARD (21.15 Uhr) sollen den Kandidaten ebenfalls Publikumsfragen gestellt werden. Das zweite Duell zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz gibt’s dann am 19. Februar ab 20.15 Uhr bei WeltTV. Die letzte Chance, Wähler zu überzeugen, bekommen alle am Vorabend der Wahl. In jeweils drei Minuten werden zehn Bürger Merz, Scholz, Weidel und Habeck mit ihren Fragen konfrontieren. |
|
Donald Trump erlässt ein Dekret für Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Dort muss künftig u.a. mit Einreiseverboten rechnen, wer gegen US-Bürger oder Verbündete der USA ermittelt. Im November hatte das Gericht Haftbefehl gegen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erlassen wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen. Porsche will wieder mehr Modelle mit Verbrennungs- oder Plug-in-Hybridmotoren ausstatten. Grund: das Geschäft mit Elektro-Sportwagen verlief zuletzt eher schleppend. Schon am Wochenende hatte der Autobauer angekündigt, sich von Finanzchef Lutz Meschke und Vertriebsvorstand Detlev von Platen zu trennen. Im vierten Quartal 2024 sprang der Umsatz von Amazon auf 187,8 Milliarden US-Dollar. Fürs Gesamtjahr erhöhten sich die Erlöse damit auf 638 Milliarden Dollar. Trotzdem verlor die Aktie nachbörslich rund 2,4 Prozent. Analysten hatten mit einem noch stärkeren Cloud-Geschäft gerechnet. Amazon-Chef Andy Jassy kündigt an, 100 Milliarden Dollar in KI-Infrastruktur zu investieren.
| |
|
| Der Preis für die Feinunze ist auf Jahressicht um 40 Prozent gestiegen (© Reuters) |
|
Wie Notenbanken den Goldpreis befeuern |
|
Auch im Februar setzt der Goldpreis seine Rallye fort. Erst am Mittwoch hat der Preis für die Feinunze (31,1 Gramm) mit 2.873,30 Dollar ein Allzeithoch erreicht – zum vierten Mal im laufenden Jahr. Bereits im vergangenen Jahr hatte das Edelmetall 40 Rekordstände markiert. Zur Begründung für den Boom verweist der Branchenverband World Gold Council (WGC) auf die wachsende Unsicherheit allerorten. Neben „Sorgen wegen militärischer Konflikte“ stiegen auch die Risiken für mögliche Handelskonflikte, sagte WGC-Analystin Louise Street mit Blick auf wiederholte Zolldrohungen von US-Präsident Donald Trump. Vor allem die Zentralbanken stocken ihre Goldreserven auf. Nach einer Auswertung des WGC übertrafen die Käufe im Vorjahr zum dritten Mal in Folge die Marke von 1000 Tonnen. Zum Vergleich: Zwischen 2010 und 2021 kauften die Notenbanken weltweit im Schnitt mit 473 Tonnen pro Jahr kaum die Hälfte. Spitzenreiter war 2024 die Polnische Notenbank, die ihre Goldreserven um 90 Tonnen aufstockte, vor der Türkei (75 Tonnen) und Indien (73 Tonnen). Für Aufsehen sorgten zuletzt auch die Währungshüter von Tschechien und Ungarn, die sich 20 bzw. 16 Tonnen Gold sicherten. Außerdem steht Gold auch bei Investoren hoch im Kurs. Alleine im vergangenen Jahr stieg die Nachfrage um ein Viertel auf 1180 Tonnen. Welchen Stellenwert Gold zur Vermögensabsicherung genießt, zeigt ein Blick auf den jüngsten UBS-Milliardärsreport. Danach planen 40 Prozent der Superreichen, im laufenden Jahr Gold zu kaufen. |
|
6,9 Prozent mehr Aufträge hat die Industrie im Dezember erhalten. Analysten hatten nur ein Plus von 2,0 Prozent erwartet. Der versöhnliche Jahresschluss sei zwar „keine Trendwende“, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium gestern. Aber einen kleinen Hoffnungsschimmer sehen viele Ökonomen schon. |
|
| Überflutete Straße in Pont-Réan in Westfrankreich: Fachleute führen die Vielzahl der jüngsten Überschwemmungen auf die Erderwärmung zurück (© dpa) |
|
Neuer Wärmerekord im Januar |
|
Der Januar 2025 war der wärmste je gemessene Jahresbeginn. Das berichtet das EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus in seinem monatlichen Bericht. Die Durchschnittstemperatur lag bei 13,23 Grad und damit 1,75 Grad über dem vorindustriellen Niveau. „Der Januar setzt die Rekordtemperaturen fort, die in den vergangenen zwei Jahren beobachtet wurden“, so Samantha Burgess vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW), das Copernicus betreibt. Und das trotz des Wetterphänomens La Niña, das normalerweise mit einer Abkühlung der Meeresoberfläche in weiten Teilen des Pazifiks einhergeht. Es kehrt üblicherweise vor allem in den Tropen die Auswirkungen des wärmenden Wetterphänomens El Niño um. Doch in diesem Jahr lag die Temperatur der Meeresoberfläche den Angaben zufolge im Januar bei 20,78 Grad, der zweithöchste Wert nach dem Januar 2024. Laut Copernicus gibt es Anzeichen, dass die abkühlende Wirkung von La Niña sich verlangsamt, womöglich bis März sogar vollständig stoppt. |
|
Gewinner: Metro-Großaktionär Daniel Kretinsky, 49, möchte sich die Mehrheit an dem Düsseldorfer Großhandelskonzern sichern – und ihn zugleich von der Börse nehmen. Prompt schoss der Aktienkurs gestern um rund 37 Prozent in die Höhe. Die übrigen Großaktionäre, Meridian und Beisheim, wollen ihre Anteile behalten, unterstützen aber Kretinskys Plan. Ebenso wie der Metro-Vorstand. Der Tscheche verhandelt außerdem seit Monaten mit ThyssenKrupp über den Zukauf weiterer Anteile am Stahlgeschäft. Leisten könnte er’s sich. Sein Vermögen wird auf rund 10 Milliarden Dollar geschätzt. | |
Verlierer: Der deutsche Basketballer Dennis Schröder, 31, spielt nicht mehr für die Golden State Warriors. Das Erfolgsteam aus San Francisco hatte ihn erst im Dezember geholt, gab ihn aber an die Utah Jazz ab, die ihn anschließend an die Detroit Pistons weiterreichten. Schröder selbst bezeichnete es als „moderne Sklaverei“, dass Spieler auch gegen deren Willen abgegeben werden können. Was ihn trösten mag: Schröders Gehalt dürfte diese Saison bei gut zwölf Millionen Euro liegen. | |
|
Viel Politik und ein Welt-Sportevent SamstagCSU: In Nürnberg findet der Parteitag mit CSU-Chef Markus Söder und Kanzlerkandidat Friedrich Merz statt. CDU: Deutschlandweit sind erneut Demonstrationen gegen eine Zusammenarbeit von CDU und AfD angekündigt. Sonntag FDP: In Potsdam findet der außerordentliche Parteitag zur Bundestagswahl statt. USA: Um 23.15 Uhr deutscher Zeit startet die Live-Übertragung des Super Bowl auf RTL. | |
|
… noch ein Blick auf die aktuelle Wahlwerbung, die offenbar dem Credo folgt: Viel hilft viel. Jede unbescholtene Straßenlaterne wird mittlerweile von mindestens zwei Plakaten belagert mit den immer gleichen Schlagworten. Humor wird höchst sparsam eingesetzt. | | Doch nun wagt sich die Union aus der Deckung. Zu einem Foto von SPD-Chef Lars Klingbeil wurde getitelt: „Er konnte Scholz nicht verhindern. Sie können das. Beide Stimmen CDU“ (siehe oben). Klingbeil war zuletzt vorgeworfen worden, er habe nach dem Ende der Ampel versucht, dem Kanzler eine erneute Kandidatur auszureden. Parteispitze und Scholz dementierten inzwischen. Aber manche Gerüchte sind einfach zu schön, um falsch zu sein. Bleiben Sie so lässig und tiefenentspannt wie der Plakat-Gag. Am Montag wird Sie hier wieder meine Kollegin Tanit Koch begrüßen. Ein schönes Wochenende wünsche ich Ihnen! Herzlichst | | Thomas Tuma |
|
| © 2025 BurdaVerlag Publishing GmbH |
https://mailings.focus-magazin.de/go/7kv7e7ptumjw4goh21htjq2ukr2rr348x0ys0sgco5n5/33