Dass die AfD ihre Sitzung vorverlegte, war der CDU-Politikerin wohl ganz recht, um wegen Terminschwierigkeiten gesichtswahrend aus dem überparteilichen Versuchsballon rauszukommen (und in den grünen Fraktionssaal hinein). Wenn der neue Bundestag heute zusammentritt, wird die AfD zum 27. Mal einen Bewerber für das Amt des Vizepräsidenten aufstellen, der dann in sämtlichen Wahlgängen durchfällt. Gerold Otten, Oberst a.D. und AfD-Mitglied der ersten Stunde, kennt das. Bei seiner letzten Nichtwahl sagte er: „Ich beziehe die Ablehnung nicht auf mich, sie ist gegen die AfD-Fraktion gerichtet.“ Mitgehangen, mitgefangen. Kein Abgeordneter ist verpflichtet, die AfD in ein Staatsamt zu wählen. Auch Grüne und Linkspartei warteten anfangs gut zehn Jahre, bis man sie im Bundestag mitpräsidieren ließ. Für die Grünen ist nun aber schon Klöckners Besuchsidee ein verwerflicher Akt der Normalisierung. Die Brandmauer, die das AfD-Wachstum bisher ja schon so überaus erfolgreich verhindert hat, soll nun auch die Kommunikation unterbinden. Die grüne Klientel (genau, die 11,6 Prozent) applaudiert. Der Nutzen für die liberale Demokratie hingegen ist nicht ersichtlich. Denn der künftigen Bundestagspräsidentin stehen die vielleicht explosivsten Jahre der jüngeren Parlamentsgeschichte bevor: verhärtete Fronten, deren linker wie rechter Rand die Mitte nicht nur rhetorisch in die Zange nimmt. Und eine breitbeinige AfD, die sieht, dass zunehmender Extremismus ihr bei Wahlen bislang nicht schadet. Julia Klöckner muss das Hohe Haus vor den Niederungen des Gezänks bewahren, das das Vertrauen in die Politik weiter untergräbt. Es bedarf eines klugen Umgangs, auch mit der größten und nicht selten pöbelhaften Oppositionsfraktion AfD (20,8 Prozent). Ohne sich mit ihr gemein zu machen. Ist die ehemalige Landwirtschaftsministerin dieser Aufgabe gewachsen? Schreiben Sie uns an feedback@focus-magazin.de |