Die Börsen dümpeln ins Sommerloch
Die Börsen dümpeln ins Sommerloch von Sven Weisenhaus Zunächst ein Hinweis: Da am morgigen Donnerstag in NRW (und einigen anderen Bundesländern) ein Feiertag ist (Fronleichnam), erscheint an diesem Tag keine Börse-Intern. Und auch am Freitag entfällt die Ausgabe. Die nächste Börse-Intern erscheint somit am Montag, den 07.06.2021. Der DAX müht sich, das Ausbruchsniveau zu halten (siehe grüner Pfeil im folgenden Chart). Eine Entscheidung, ob es doch noch zu einer Bullenfalle kommt oder sich die Ausbruchsbewegung fortsetzt, ist heute nicht gefallen. Denn der DAX pendelte lediglich in sehr engen Bahnen am Ausbruchsniveau seitwärts. Auch insgesamt herrscht derzeit eher Ruhe an den Börsen. Die Kursausschläge sind sehr gering, insbesondere im Vergleich zu der äußerst volatilen Zeit der vergangenen Wochen. Es scheint, als seien die Märkte aktuell auf einem Niveau, mit dem sich sowohl Bullen als auch Bären zufriedengeben. Und das gilt nicht nur für Aktien. Einen wichtigen Grund dafür hatte ich bereits genannt: „Die Notenbanken haben jüngst ganze Arbeit geleistet. Die Sorgen der Anleger vor einer zunehmenden Inflation und einem damit notwendigen Eingreifen der Notenbank in Form einer Reduzierung der Anleihekäufe scheinen vollkommen verflogen“, hieß es vor genau einer Woche in der Börse-Intern. Inflation über den Erwartungen und dem EZB-Ziel Gestern kamen frische Inflationsdaten zur Eurozone „auf den Tisch“. Demnach stiegen die Lebenshaltungskosten im Mai um 2,0 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Das ist das höchste Niveau seit Oktober 2018. Volkswirte hatten mit einem Anstieg der Verbraucherpreise von 1,9 % gerechnet. Im April lag die jährliche Inflation bei 1,6 %. Und die Europäische Zentralbank (EZB) strebt einen Wert von „unter aber nahe 2 %“ an. Die Inflation lag also über den Erwartungen und dem Ziel der EZB. Doch die Märkte zeigten kaum eine Reaktion. Kerninflation noch bei nur 0,9 % Denn die Marktteilnehmer wissen natürlich, dass der Inflationsanstieg insbesondere Basiseffekten geschuldet ist. So legten auch im Mai, wie schon im Vormonat, insbesondere die Energiepreise deutlich zu. Sie verteuerten sich um 13,1 % zum Vorjahr. Zum Vergleich: Preise für Industriegüter ohne Energie nahmen nur um 0,7 % zu. Und für Dienstleistungen mussten Verbraucher lediglich 1,1 % mehr bezahlen. Dadurch stieg die Kerninflation im Mai auch nur um 0,9 % (siehe helle Balken in der ersten Grafik oben). Und das wird die EZB kaum bewegen, schon auf der anstehenden Ratssitzung am 10. Juni eine Reduzierung der Anleihekäufe verkünden zu müssen. Zumal das Inflationsziel der EZB mittelfristig gilt. Und da dieses mehr als 2,5 Jahre lang nicht erreicht wurde, wird die EZB ein temporäres Überschießen zulassen, was sie bereits mehrfach betont hat. Die Wirtschaft hat noch Aufholpotential Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Wirtschaftsleistung und die Arbeitslosigkeit in der Eurozone das Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht haben. Im April ist die Arbeitslosigkeit zwar erneut leicht gesunken, sie liegt aber noch bei 8,0 %, nach 8,1 % im März und 7,3 % im April 2020. Damit sind noch etwa 1,275 Millionen mehr Menschen arbeitslos im Euroraum als vor einem Jahr. Vollbeschäftigung ist zwar kein offizielles Ziel der EZB, im Gegensatz zur US-Notenbank, doch es steht außer Frage, dass auch die Euro-Währungshüter die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt in ihre Entscheidungen mit einbeziehen. Denn für eine nachhaltige Inflation braucht es meist auch steigende Löhne. Und diese sind bei einer Unterauslastung des Arbeitsmarktes weniger wahrscheinlich bzw. die Lohnsteigerungen fallen zumindest moderater aus. Börsen können ruhig auf das typische Sommerloch zusteuern Die EZB kann sich daher am 10. Juni noch gelassen geben. Und sie wird wahrscheinlich auch weiterhin beruhigend auf die Märkte einwirken. So könnten sich auch die Börsenkurse weiterhin in eher ruhigen Bahnen bewegen. Womöglich kommen wir also langsam im typischen Sommerloch an. Allerdings sollte man damit rechnen, dass die EZB die Märkte behutsam auf ein zukünftiges Auslaufen des PEPP-Programms vorbereitet, welches bislang bis März 2022 läuft. Und das könnte zumindest kurzzeitig noch für Volatilität sorgen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse Ihr Sven Weisenhaus www.stockstreet.de
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