Die Meldung ging etwas unter dieser Tage vor lauter Corona, Trump und CDU. Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich mit Blick auf die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim erstmals klar von Russlands Präsident Wladimir Putin distanziert. Im Spiegel sprach Schröder von einem „klaren Bruch des Völkerrechts“. Sanktionen gegenüber Russland lehnte er aber weiterhin ab. Auch in anderen Fällen habe das Land Grenzen überschritten, „die nicht überschritten werden sollten". Als Beispiel nannte er den „Hackerangriff unter anderem auf den Bundestag“, für den Russland verantwortlich gemacht wird. Der frühere Bundeskanzler kritisierte zudem, dass der Kreml Beziehungen zu rechtsextremen Parteien wie der AfD unterhalte: „Das halte ich für einen Fehler. Ich kann das nicht nachvollziehen.“ Eine bemerkenswerte Kehrtwende. Vor Jahren noch verglich Schröder Putins Völkerrechtsbruch mit einem eigenen, dem Nato-Bombardement auf Serbien. Ein reichlich verquerer Vergleich, weil es der Nato und deren Mitgliedstaaten nie um Annexion und Geländegewinn ging. Lange hatte sich Schröder, den eine enge und langjährige Freundschaft mit Putin verbindet, schützend vor seinen Freund gestellt. Zuletzt in der Causa Nawalny, als er sagte, dass es noch „keine gesicherten Fakten“ zu dem Giftanschlag gebe. Gerhard Schröder ist bekannt für seine unerschütterliche Treue zu engen Freunden. Deshalb ist diese Kehrtwende des früheren Bundeskanzlers, der in den Diensten von Gazprom und der Pipeline Nordstream steht, außerordentlich erstaunlich. Zugleich war der Druck auf ihn in der Putin-Frage in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Vermutlich sah Schröder den Zeitpunkt als gekommen an, sich von Putin einmal in mehreren Punkten zu distanzieren, um nicht selbst Schaden an seiner Freundestreue zu nehmen. Es war allerhöchste Zeit. Ihr Christoph Schwennicke, Chefredakteur |