Liebe Leserinnen, liebe Leser, nur knapp anderthalb Monate hat Donald Trump gebraucht, um die Börsen gegen die Wand fahren zu lassen. Seine erratische Wirtschafts-, Zoll- und Außenpolitik lässt Regierungen und Börsen beben und sorgt neben einer – von ihm gewollten – Schwächung des US-Dollars für massive Vertrauensverluste. Und wie jeder (andere) weiß, ist die Psychologie der gewichtigste Einflussfaktor auf Wirtschaft und Börsen. Denn wenn sich die Menschen sorgen, kaufen sie nicht, sondern halten ihr Geld zusammen. Bei Einschätzungen wie „dieses Mal ist alles anderes“ sollte man stets vorsichtig sein, denn meistens ist es das nicht. Aber dieses Mal schon. Denn der starke Bullen-Markt der letzten Jahre war zuletzt eigentlich nur noch von den sogenannten „Magnificent 7“ getragen worden, also Alphabet, Amazon, Apple, Meta Platforms, Microsoft, Nvidia und Tesla. Ohne deren starke Kurszuwächse hätte der S&P 500-Index in 2024 mit einer Nullnummer abgeschlossen. Anders ausgedrückt: die 493 übrigen S&P 500-Werte brachten Anlegern keinen Gewinn, trotz des Börsen-Booms. Natürlich gilt das nur für alle als Gruppe, denn einzelne Aktien haben durchaus stark abgeschnitten, aber dafür haben andere sogar erhebliche Verluste eingefahren. Der entscheidende Punkt ist, dass die „Magnificent 7“ die Performance trieben und damit auch die Konzentration innerhalb des Index. Ihre Gewichtung ist massiv angestiegen und mit Apple, Nvidia und Microsoft haben zwischenzeitlich sogar drei dieser Unternehmen die magische Marke von 3 Bio. US-Dollar bei der Marktkapitalisierung überschritten. Diese Outperformance hat sich in den letzten beiden Jahren massiv erhöht, denn seitdem hat der S&P 500 seinen „gleichgewichteten“ Bruder um 30% abgehängt. Mit anderen Worten: Würden alle 500 Werte stets gleichgewichtet in die Indexentwicklung einfließen, hätte der S&P 500 deutlich weniger stark zugelegt als es durch die Outperformance seiner Schwergewichte der Fall war. Aber auch das ist noch nicht die ganze Geschichte. Die „Magnificent 7“ sind nicht nur im S&P 500-Index hoch gewichtet, sondern auch in den populärsten Börsen-Indizes, wie dem MSCI World. US-Aktien stellen rund die Hälfte des globalen Aktien-Marktes im Volumen von 135 Bio. US-Dollar, China kommt auf 15,6 Bio., die EU auf 15,0 Bio. Daher dominieren die „Magnificent 7“ nicht nur in den USA. Und das hat große Bedeutung, denn immer mehr Menschen investieren passiv; sie kaufen also keine Aktien, sondern legen ihr Geld in ETFs an. Aber auch bei diesen Index-Fonds picken sich die Anleger natürlich die vermeintlich attraktivsten heraus und das sind gewöhnlich die, die in den letzten Jahren die beste Performance aufzuweisen hatten. Die Hausse nährt die Hausse, heißt es, denn wenn die Börsen steigen, fließt immer mehr Geld in die Börsen. Bis die Stimmung kippt. Und genau das ist passiert. Die „Magnificent 7“ wurden als Direkt-Investments immer stärker gesucht und gleichzeitig flossen mehr Anlegergelder in ETFs, die auf genau die Indizes setzten, in denen die „Magnificent 7“ am höchsten gewichtet waren. Zudem gehören die „Magnificent 7“ zu den Unternehmen mit den stärksten Cashflows und kaufen für Milliarden-Beträge eigene Aktien zurück. Allein Apple wendet hierfür 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr auf! Diese Faktoren zusammen haben das Kursfeuerwerk bei den „Magnificent 7“ – und den US-Börsen – immer weiter befeuert. Doch dieselben Effekte wirken auch beim Abschwung! Die Börsenstimmung hat gedreht und die Anleger ziehen Geld aus Aktien und ETFs. Also zuvorderst aus den „Magnificent 7“, denn dort steckt es und damit haben die Anleger in den letzten Jahren ihre Gewinne erzielt. Diese Gewinne wollen sie jetzt „in Sicherheit bringen“, als würde die Börse so funktionieren. Egal, der Anlegergeist tickt so und daher wird es so gemacht. (Endlich) die erwartete Sektorrotation!? Erschwerend kommt hinzu, dass beim bisherigen Treiber immer lauter die Sinnfrage gestellt wird: Kann man mit KI wirklich Geld verdienen? Die Antwort hierauf sind die KI-Profiteure bislang schuldig und das belastet die Entwicklung. Und nachdem die Technologie-Aktien mehr als 15 Jahre lang die klassischen Werte, die auch als Value Aktien bezeichnet werden, ausgestochen haben, könnte hier nun ein Wachwechsel bevorstehen. Auch dies könnte zusätzlichen Druck auf die Kurse der „Magnificent 7“ auslösen. Für Anleger bedeutet diese Gemengelage eine Herausforderung. Sollen sie dem aktuell vorherrschenden Trend folgen und in Value Aktien umschichten? Oder sollen sie ihrer Angst folgen und lieber ihre Aktien und ETFs verkaufen – um sie irgendwann später wieder günstiger zurückkaufen zu können? Um es klar zu sagen: Auf keine dieser Fragen gibt es eine Antwort! Nicht heute, nicht jetzt. Nur in der Rückschau wird man wissen, was die richtige Entscheidung gewesen wäre. Aber keine Angst, das ist keine neue Erkenntnis, sondern Basiswissen für jeden Börsianer. Basiswissen, das schnell wieder vergessen wird und das in emotional herausfordernden Situationen völlig ignoriert wird. Wenn Angst oder Gier regieren, starrt alles auf die Kurse und glaubt jedem dahergelaufenen Möchtegern-Propheten. Aber auch die wissen nichts über die Zukunft. Die Börse ist kein Spiel der Gewissheiten, sondern der Wahrscheinlichkeiten! Das muss man verstehen und wenn man dies einmal begriffen hat, fällt die Schlussfolgerung leicht: Man muss auf die Werte setzen, bei denen sich ein positives Chance-Risiko-Verhältnis ergibt. Und je länger man ihnen Zeit gibt, desto besser stehen die Chancen, dass sich das Investment auszahlt. Und unter dieser Prämisse stechen zwei Unternehmen aus den „Magnificent 7“ heraus, bei denen das Chance-Risiko-Verhältnis besonders attraktiv erscheint und damit die Wahrscheinlichkeit starker Renditen in den nächsten Jahren höher liegt als andernorts. Amazon Amazon ist zum Dominator im Einzelhandel geworden und konnte jüngst sogar umsatzseitig den bisherigen globalen Marktführer Walmart überflügeln. Dabei hat man inzwischen drei Bereiche auf 100 Mrd. US-Dollar Jahresumsatz entwickelt: Das Handelsgeschäft kam in 2024 auf 247 Mrd. US-Dollar, das Plattformgeschäft auf 156 Mrd. und Amazon Web Services (AWS) auf 108 Mrd. Doch damit nicht genug, auch Advertising und Prime wachsen 2-stellig und erreichten 56 bzw. 44 Mrd. US-Dollar Umsatz. Werfen wir einen genaueren Blick auf die Zahlen: Die Umsätze legten im 4. Quartal 2024 um 10% auf 187,8 Mrd. US-Dollar zu, wobei die global führende Cloud-Sparte AWS im Jahresvergleich um 19% auf 28,8 Mrd. wuchs bei einem Betriebsergebnis von 10,6 Mrd. US-Dollar; die EBIT-Marge liegt bei sehr starken 37% und macht AWS zur Cashcow im Amazon-Konzern. 2014 lag der Umsatz noch bei 1,8 Mrd. US-Dollar und ist mit durchschnittlich 37% pro Jahr gewachsen. Mit einer "annualisierten Runrate" von 118 Mrd. US-Dollar erzielt AWS auf Standalone-Basis mehr Umsatz als 486 der S&P 500-Unternehmen. Im Gesamtjahr 2024 verbuchte Amazon 633 Mrd. US-Dollar an Umsätzen. 247 Mrd. davon entfielen auf den Onlinehandel und generierten seit 2014 eine durchschnittliche Wachstumsrate (CAGR) von 13,7%. Zweitgrößter Brocken sind die Third-Party-Seller mit 156 Mrd. US-Dollar Umsatz bei 29,5% CAGR vor AWS mit 108 Mrd. US-Dollar und einer CAGR von 36,9%. Auf Platz 4 folgt Advertising, wo Amazon stark wächst und Google und Facebook immer näher kommt; 2024 verbuchte Amazon hier 56 Mrd. US-Dollar Umsatz bei einer CAGR von 34,8%. Die Subscription Services (Prime) steuern 44 Mrd. US-Dollar zum Umsatz bei und wachsen seit 2014 mit einer CAGR von 32% und das Schlusslicht bilden die physischen Stores mit 21 Mrd. US-Dollar und einer CAGR von 20,3%. Amazon wächst also weiter stark und das mit zunehmender Profitabilität. So erhöhte sich das operative Ergebnis im 4. Quartal 2024 um mehr als 60% auf 21,2 Mrd. US-Dollar und der Nettogewinn verdoppelte sich annähernd auf 20,0 Mrd. US-Dollar, während der Gewinn je Aktie im Vergleich zum 4. Quartal 2023 um 86% auf 1,86 US-Dollar wuchs. Sorgenfalten bereitet die KI-Offensive, denn Amazon will in diesem Jahr 100 Mrd. US-Dollar in KI und Cloud investieren. Damit erhöht man die Ausgaben nicht nur kräftig, sondern setzt sich an die Spitze unter den Investitionstreibern. Die aufkommenden Rezessionsängste und der dank Trump stark zunehmende Wunsch ausländischer Kunden und Staaten nach eigenen, heimischen Lösungen setzen hier einige Fragezeichen. Doch es gibt auch gute Nachrichten: Während Amazon aktuell vor allem die extrem teuren Nvidia-KI-Chips nutzt, setzt man zunehmend auch auf seine eigenen kürzlich eingeführten Chips "Trainium 2". CEO Andy Jassy führte hierzu aus: Trainium 2 sind zusammen mit EC2-Instanzen in der Regel 30-40% günstiger als andere aktuelle GPU-betriebene Instanzen von Nvidia. Mehrere technisch versierte Unternehmen wie Adobe, Databricks, Poolside und Qualcomm haben in ersten Tests mit Trainium 2 beeindruckende Ergebnisse erzielt“. Hier winken also perspektivisch erhebliche Einsparpotenziale, ohne auf die Wachstumsbremse treten zu müssen. Was vom Cashflow nach Investitionen übrig bleibt, ist der Free Cashflow, und dieser steht für Aktienrückkäufe und Dividenden zur Verfügung. Amazons Free Cashflow stieg in den letzten 12 Monaten um 4% auf 38,2 Mrd. US-Dollar, was kaum Begeisterungsstürme auslöst, insbesondere angesichts der angekündigten KI-Investitionsoffensive. Und doch bahnt sich genau hier eine außergewöhnliche Chance an: Während die KI-Investitionen (noch) hoch sind und weiter steigen, kann Amazon die Investitionen in anderen Bereichen bereits heute deutlich reduzieren, ohne Einbußen hinnehmen zu müssen. Man reduziert die physischen Stores, man hat die großen Anfangsinvestitionen im Bereich Logistik hinter sich (und ist hinter USPS in den USA längst unangefochtener zweitgrößter Logistikanbieter und zwar meilenweit vor FedEx und UPS). Die aktuellen 38,2 Mrd. US-Dollar an Free Cashflow könnten in den nächsten Jahren auf 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr anwachsen – eine Größenordnung, in der sich aktuell Apple oder Alphabet bewegen. Zwei Unternehmen, die immer mehr eigene Aktien zurückkaufen. Diese Perspektiven könnten auch bei Amazon kräftig den Kurs antreiben, denn bisher ist Amazon hier eher zurückhaltend. All diese Faktoren zusammen machen die Amazon-Aktie zum Top-Pick im Warenkorb! |