Frankreichs Regierung vor dem Aus – Dax im Höhenflug
● Öl-Riese kauft Covestro |
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Liebe Leserin, Lieber Leser, die Nachricht „Biden begnadigt Biden“ klingt nach Skandal. Dabei ist sie vor allem: tragisch. Nur wenige Menschen vereinen so viel Tragik auf sich wie Joe Biden. Kurz vor Weihnachten 1972 krachte ein Sattelzug in den Familienkombi – seine Frau Neilia Hunter Biden und die einjährige Tochter Naomi starben. Biden, gerade in den U.S. Senat gewählt, wurde „Amtrak-Joe“: Er pendelte mit dem Zug zwischen Washington D.C. und Delaware, um für seine Söhne Beau und Hunter zu sorgen. Beau musste er 2015 zu Grabe tragen. Der anerkannte Generalstaatsanwalt von Delaware erlag im Alter von 46 Jahren einem Hirntumor. Wenn Beau der Kronprinz war, dann gab Hunter das schwarze Schaf – ein Lobbyist mit Drogenproblem, dessen Geschäfte einen bösen Anschein auf seinen Vater warfen. Und statt ihn, Obamas Vize-Präsidenten, gegen Donald Trump in den Ring zu schicken, stellten die Demokraten lieber Hillary Clinton auf – wahrscheinlich die einzige Person, die 2016 verlieren konnte. Als Biden endlich zum Zug kam, hatte er vier wertvolle Jahre verloren. Alterserscheinungen besiegelten das politische Schicksal des 82-Jährigen. |
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| Umarmung: Der U.S. Präsident, nachdem er seinen Sohn Hunter begnadigt hat. Diese Woche wäre das Strafmaß verkündet worden (© EPA) |
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Der jüngste tragische Akt ist, dass Papa Joe sein Präsidentenamt nutzt, um Hunter, 54, zu begnadigen. Er bricht damit nicht nur sein Wahlversprechen, sondern scheint Trump nachzueifern, der nach gusto Gnade für die Friends&Family-Fraktion walten ließ. Was gewiss bald den Kriminellen zugutekommt, die 2021 das Kapitol stürmten – Trump sprach gestern von „Geiseln.“ Bidens Erklärung, „rohe Politik“ habe in Hunters Fall die Justiz „infiziert“, stützt fatalerweise das Opfer-Wehklagen seines Vorgängers. Das Dilemma war unlösbar: Hunter hatte einen Promi-Malus. Zweifelsohne hat er als Suchtkranker gegen Waffen- und Steuerrecht verstoßen. Vergehen, keine Verbrechen. Vergleichbare Fälle hätten nicht ins Gefängnis geführt. Doch eine in den USA gängige Urteilsabsprache wurde bei Hunter torpediert. Bidens Sohn war Spielball von Kräften, die entweder seinem Vater schaden oder den Republikanern im Wahlkampf keine Munition liefern wollten. Diese Munition, die die Demokraten von ihrem hohen moralischen Ross runterschießt, hat Joe Biden jetzt persönlich geliefert. Aus väterlicher Überzeugung. Sein Sohn, seit fünf Jahren drogenfrei, sollte „gebrochen werden“, um ihn selbst zu brechen: „Genug ist genug.“ Nicht einmischen? Das sagt sich leicht, wenn es nicht um das eigene Kind geht. Gleichzeitig ist der Schaden für die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats kaum zu ermessen. Joe Biden konnte nicht gewinnen. Oder was meinen Sie? Schreiben Sie uns an feedback@focus-magazin.de |
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| Olaf Scholz und Wolodymyr Selenskyj ehren gefallene Soldaten (© dpa) |
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Kanzler-Kurztrip in die Ukraine: Olaf Scholz ist erstmals seit zweieinhalb Jahren in das Kriegsgebiet gereist, besuchte unter anderem verwundete Soldaten. Der Aufenthalt war nach Informationen von „Politico“ kurzfristig geplant. Am Freitag hatte der Bundeskanzler demnach mit Präsident Wolodymyr Selenskyj telefoniert. Ein für gestern vorgesehener Besuch des estnischen Ministerpräsident Kristen Michal wurde am gleichen Tag abgesagt. Die Union kritisiert die Ukraine-Reise deshalb als Wahlkampftermin. Das verhalten sei schäbig, die Reise verlogen, sagte CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter der „Augsburger Allgemeinen“. Der Bundeskanzler hat den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zuletzt genutzt, um sich von Wahlkampfgegner Friedrich Merz abzugrenzen, den er als „unberechenbaren Oppositionsführer“ bezeichnet. In der Ukraine kündigte Scholz Rüstungslieferungen im Wert von 650 Millionen Euro noch im Dezember an. Das Geld dafür stammt aus Mitteln, die der Ukraine bereits zugesagt wurden. In einer TV-Ansprache sagte Selenskyj gestern Abend: „Ich möchte Ihnen persönlich danken, Olaf, und ich danke Ihrem Land, ich danke Deutschland!” |
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| Streit ums Sparen: Marine Le Pen könnte morgen die Minderheitsregierung platzen lassen (© dpa) |
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Frankreichs Regierung vor dem Aus? |
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In Frankreich steht die Minderheitsregierung von Premierminister Michel Barnier, 73, vor dem Aus. Die Chefin der rechtsnationalen Partei Rassemblement National (RN), Marine Le Pen, 56, will einen Misstrauensantrag der Linksfraktion im Parlament unterstützen. Rechts- und Linkspopulisten hätten gemeinsam eine Mehrheit für den Sturz der Regierung. Die Abstimmung stünde frühestens morgen an. Hintergrund: Barnier hatte im hochverschuldeten Frankreich zwar Zugeständnisse an Le Pens Partei gemacht. Er verzichtete darauf, die Stromsteuer und Medikamenten-Zuzahlungen zu erhöhen. Dafür sollte die medizinische Versorgung von Migranten verringert werden. Der RN bestand jedoch darauf, als Sparmaßnahme nicht die nächste Rentenerhöhung zu verschieben. Barnier brachte das Gesetz zum Sozialhaushalt daraufhin mithilfe eines umstrittenen Verfassungsartikels ohne Abstimmung durch das Parlament. Doch es war nur das erste von drei Haushaltsgesetzen, die bis Jahresende verabschiedet werden müssen. Falls Barnier das Misstrauensvotum verliert, muss Präsident Emmanuel Macron einen neuen Premierminister ernennen. Neuwahlen sind frühestens im Juli 2025 möglich. Genug Gesprächsstoff immerhin mit Donald Trump, der für Samstag einen Besuch in Paris angekündigt hat – zur Wiedereröffnung der Kathedrale Notre Dame. |
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| Der Dax hat im laufenden Jahr gut 18 Prozent zugelegt (© dpa) |
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Dax nimmt historische Marke ins Visier |
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Dax-Rekord zu Monatsbeginn: Das Börsenbarometer legte gestern um gut 1,2 Prozent zu und erreichte im Tagesverlauf mit 19.929 Punkten ein Allzeithoch. Die historische Marke von 20.000 rückt damit in greifbare Nähe – zumal der Dezember als starker Börsenmonat gilt. In der Langzeitentwicklung ist der Dax laut Statista zum Jahresschluss im Schnitt um 0,97 Prozent gestiegen. Besser waren nur der März (+1,61%) und der November (+1,44%). Die Jahresend-Rallye laufe, sagt Robert Halver von der Baader Bank. Investmentfonds zum Beispiel wollten sich vor dem Jahreswechsel „mit hohen Kursen schmücken“ und trieben die Kurse, so Halver. Hinzu komme die Aussicht auf Zinssenkungen durch die Notenbanken. Der Dax profitiere auch von „verbesserten konjunkturellen Perspektiven“ in den USA und China, sagt Robert Greil, Chefstratege bei der Münchner Privatbank Merck Finck. Die großen deutschen Konzerne machten rund drei Viertel ihres Umsatzes im Ausland, so Greil zum FOCUS. Daher trifft sie die Rezession in Deutschland weit weniger als kleinere Betriebe. |
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| Der Kunststoffhersteller Covestro wird arabisch (© EPA) |
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Milliarden-Deal: Arabischer Ölkonzern schluckt Dax-Konzern |
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Der arabische Ölriese Adnoc hat sich die Mehrheit am Leverkusener Kunststoffhersteller Covestro gesichert, der früheren Kunststoff-Sparte von Bayer. Zum Fristende des Übernahmeangebots seien die Aktionäre laut Adnoc bereit gewesen, rund 70 Prozent der Anteile zu übertragen. 50 Prozent plus eine Aktie hätten bereits gereicht. Die verbleibenden Covestro-Aktionäre können ihre Aktien bis zum 16. Dezember verkaufen. Wer das Angebot von 62 Euro je Aktie nicht annehmen wolle, müsse sich auf eine Zwangsabfindung (Squeeze-out) einstellen – sofern Adnoc die gesetzliche Schwelle von 95 Prozent erreicht. Covestro beschäftigt rund 17.500 Mitarbeiter und produziert vor allem Kunststoff-Vorprodukte für die Auto- oder Baubranche. Das Unternehmen soll nach der Übernahme in der neuen Investmentgesellschaft XRG aufgehen, die zu einem der fünf größten Chemie-Hersteller der Welt aufsteigen könnte. Der Staatskonzern aus Abu Dhabi will 11,6 Milliarden Euro für Covestro auf den Tisch legen, einschließlich Schulden. Der Deal zählt zu den größten Übernahmen eines Golfstaats. Hintergrund ist die Neuausrichtung der Region, die nicht mehr vom reinen Öl-Verkauf leben will. |
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| Der Hypothalamus (orange) ist essentiell für das zentrale Nervensystem (© Science Photo Library) |
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Neue Studie im Kampf gegen Lähmung |
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Ein neuer Forschungsansatz widmet sich Menschen mit inkompletter Querschnittslähmung. Wissenschaftler aus Lausanne haben eine Schlüsselregion im Gehirn ausgemacht, deren tiefe Stimulation das Gehen von Betroffenen verbessern könnte. Beim inkompletten Querschnittsyndrom nach einem Unfall oder bei einer Rückenmarkserkrankung sind die Nervenbahnen zwischen Gehirn und Rückenmark teilweise unterbrochen. Das beeinträchtigt in den meisten Fällen die Gehfähigkeit. Um diese zu verbessern stand bislang nur die Stimulation des Rückenmarks im Zentrum der Wissenschaft. In Experimenten identifizierte die Schweizer Forschungsgruppe jetzt den lateralen Hypothalamus für eine mögliche Regeneration: Stimulierten sie diese Hirnregion mittels implantierter Elektroden bei querschnittsgelähmten Mäusen und Ratten, konnten die Tiere besser laufen. Anschließend testeten sie das Verfahren an zwei betroffenen Menschen und ließen sie ein Rehaprogramm durchlaufen. Das Ergebnis: Die Kombination habe ihre Leistung im 6-Minuten-Gehtest deutlich verbessert – sie legten bis zu doppelt so viele Meter zurück, heißt es in der im Fachjournal „Nature Medicine“ erschienenen Studie. Unabhängige Experten halten die Ergebnisse für vielversprechend, allerdings reichten die Einzelfälle für eine Bewertung nicht aus. |
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Gewinnerin: Für Jamila Schäfer, 31, wird das neue Jahr zum Sprungbrett: Im Februar wird sie Bayerns Grüne voraussichtlich in die Bundestagswahl führen. Beim Parteitag im Dezember rückt sie auf den Spitzenplatz von Urgestein Claudia Roth, 69, die auf Listenplatz drei antreten will. Schäfer ist seit 2021 im Bundestag – sie errang im Wahlkreis München Süd das einzige Direktmandat in Bayern, das nicht an die CSU ging. | |
Verlierer: Der Rücktritt von Pat Gelsinger, 63, kam gestern überraschend – und ist vielleicht doch verständlich. Der Intel-Chef räumt seinen Posten inmitten stürmischer Zeiten. Der Halbleiterriese hat schon länger schwer zu kämpfen. Eine Reihe von Fehlentscheidungen schreiben Beobachter sowohl Gelsinger als auch seinen Vorgängern zu. So hat der US-Konzern den KI-Trend verpennt. | |
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… noch ein Wort zu Olaf, dem Besonnenen. Aufmerksame Beobachter seines völlig wahlkampfunabhängigen Spontanbesuchs in der Ukraine entdeckten einen neuen Reisebegleiter des Kanzlers. Ein silberner Koffer, Marke Rimowa. Sorge um Scholz' engste Vertraute, die schon etwas abgerockte Ledertasche, ist unbegründet. Wahrscheinlich braucht sie nur etwas Ruhe von ihren TikTok-Auftritten. | | Ich packe meinen Koffer… (© dpa) | Im Koffer waren übrigens weder Butterstullen noch Bargeld, wie Online-User mutmaßten, ebensowenig ein Taurus. Auf der Pressekonferenz verriet der Kanzler: „Im Wesentlichen handelt es sich um Reiseutensilien, Wäsche und was man so braucht.“ Mehr Details brauche ich jedenfalls nicht. Herzliche Grüße | | Tanit Koch |
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