Liebe/r Leser/in, sich selbst zu spüren, die eigenen Stärken und Schwächen zu kennen und aus ihnen zu lernen, all das ist wichtig, um erfolgreich, um happy zu sein. Das gilt für unser eigenes Leben genauso wie für uns als Gesellschaft, als Nation. Um sich bewusst zu werden, welch starkes Fundament, welche Tugenden wir haben, worauf wir vertrauen können, hilft häufig ein Blick von außen. Denn Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung gehen oft auseinander. Seit Monaten habe ich das Gefühl, dass wir Deutschen, obwohl es uns vergleichsweise gut geht, uns schlechter reden, als wir sind. Corona hat diesen Miesepeter-Trend befeuert, schwarzmalen und Verschwörungen sehen ist in einigen Bevölkerungsgruppen offenbar schick. Wie wohltuend positive Energie beziehungsweise eine Stimme von außen ist, spürte ich kürzlich bei der Lektüre eines Artikels in der „New York Times“. Der Schreiber: Ruchir Sharma, Mitte 40, Investmentexperte von Morgan Stanley und Bestseller-Autor („Breakout Nations“, „The Rise and Fall of Nations“). Er stellte in seinem Text die Frage, welches Land nach Corona triumphieren würde. Seine Antwort: Deutschland! Eine effiziente Regierung, niedrige Staatsschulden, industrielle Exzellenz und die heimischen Techunternehmen seien Gründe, warum Deutschland ein großer Gewinner in der Post-Pandemie-Welt werden würde. Sharma benutzt das deutsche Wort „Kurzarbeit“, das sich inzwischen einen Platz im amerikanischen Wortschatz erobert hat. So wäre Kurzarbeit für die USA eine Innovation, um Massenarbeitslosigkeit, wie es sie nun dort gibt, zu vermeiden. „Aufbruch Zukunft, gemeinsam stärker aus der Krise gehen“, so heißt die aktuelle Initiative von Hubert Burda Media, dem Unternehmen, zu dem auch FOCUS gehört. Als Motivation für „Aufbruch Zukunft“ verstehe ich neben der Einschätzung von Ruchir Sharma auch unsere Titelgeschichte dieser Ausgabe. Mein Stellvertreter Markus Krischer erklärt ab Seite 42, wie Innovationen gelingen, was wir von erfolgreichen Pionieren lernen können und wie kraftvoll die Ideen-Werkstatt Deutschland ist. Und wir rufen Unternehmen noch einmal dazu auf, sich für den neuen FOCUS-Innovationspreis zu bewerben – mehr ab Seite 50. Und trotz des dramatischen Einbruchs der Wirtschaftsleistung Deutschlands (minus 10,1 Prozent im zweiten Quartal des Jahres) – es gibt auch Zeichen der Hoffnung. So meldet das Ifo-Wirtschaftsinstitut, unter den deutschen Exporteuren mache sich Optimismus breit. Die Exporterwartungen der Industrie sind im Juli von minus 2,2 auf plus 6,9 Punkte gestiegen. „Die Erholung der Wirtschaft in vielen Ländern kommt der deutschen Exportwirtschaft zugute“, so Ifo-Präsident Clemens Fuest. In diesem Sinne: Aufbruch Zukunft, auch wenn Corona nicht vorbei ist. Wenn Sie dieses Editorial häufiger lesen, wissen Sie, dass ich einer der ersten deutschen Corona-Patienten war. Heute, vier Monate nach meiner „Heilung“, wenn man davon überhaupt sprechen kann, denn über Spätfolgen gibt es nur vage Erkenntnisse, kann ich nur sagen: Ich fühle mich zwar wieder fit, jedoch nicht gesund. Es ist eben keine einfache Grippe. Das zeigen Studien, die den Verdacht mehr und mehr erhärten, dass das Virus neben der Lunge auch Herz, Gehirn, Nieren und die Haut schädigt. Deshalb finde ich die Diskussion wichtig und die Forderung richtig, Urlaubsheimkehrer aus Risikogebieten verpflichtend zu testen. Lesen Sie dazu das Interview meines Kollegen Kurt-Martin Mayer mit der bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml ab Seite 66 und die Ergebnisse unserer aktuellen FOCUS-Umfrage auf dieser Seite. „Einfach nur: DANKE. Für die klaren Worte. Eine ‚Bullette‘.“ – Hunderte von Dankesmails wie dieser trafen im Postfach meines lieben Kollegen Jan Fleischhauer ein. Hunderte Polizisten bedankten sich für seine Kolumne in der vergangenen Ausgabe, in der er die Ordnungshüter gegen Klischees und Vorurteile leidenschaftlich verteidigte. Ich möchte Ihnen, unseren Lesern, danken, die schrieben – es kann sehr guttun, wie eingangs dieses Editorials geschildert, mal von außen betrachtet zu werden. Und weil uns seit jeher der Austausch mit unseren Leserinnen und Lesern ganz besonders am Herzen liegt, finden Sie uns seit dieser Woche auch auf der Plattform LinkedIn – linkedin.com/company/focus-magazin. Wir freuen uns auf Ihre Klicks. |