Eine Preiserhöhung ist schon eine nervige Sache. Besonders bei Strom und Gas will der Verbraucher sparen und wechselt daher häufig den Anbieter. Diese Wechselkunden werden in einer Datenbank aus einem E-Pool gespeichert – was ein Ende des "Hopping" bedeuten kann. Mehr als nur ein Gerücht? Vor einigen Jahren kursierten schon erste Ideen zu so einer Datenbank. Die Schufa, als größte Wirtschaftsauskunftei in Deutschland, entwickelte in diesem Zusammenhang ihren sogenannten "Schufa-E-Pool". Dieser Pool sammelte von 2018 an Informationen über die Verbraucher im Bereich Strom und Gas. Gesammelt wurden z.B. Informationen über unbezahlte Rechnungen oder über den Energieverbrauch des Kunden. Laut eigener Werbebroschüre der Schufa stellte der Pool aber auch „Wichtige Hinweise“ zu den Laufzeiten der jeweiligen Verträge bereit. Auf alle diese Daten konnten die Energieversorger zurückgreifen und für den eigenen Entscheidungsprozess im Neukundengeschäft einsetzen. Seit August 2020 ist dieser E-Pool allerdings nicht mehr im Angebotsportfolio der Schufa. Als Gründe gab die Schufa fehlende Markttauglichkeit an. Auslöser werden aber vielmehr unangenehme Fragen vom NDR und der SZ gewesen sein, die in der Angelegenheit erstmals recherchiert hatten. Doch das Schreckgespenst ist damit allerdings noch nicht vertrieben, denn die Münchner Wirtschaftsauskunftei CRIF Bürgel entwickelte offenbar einen ähnlichen Pool für Energieversorger, dessen Konzept nach Informationen von NDR und SZ derzeit von der zuständigen bayerischen Datenschutzbehörde geprüft wird. Zwar machte die Auskunftei keine vertieften Angaben zu dem Pool. Sie bestätige aber die Arbeiten daran und eine enge Zusammenarbeit mit den Behörden. Wozu braucht man diesen Pool eigentlich? Für Energieversorger sind Kunden, die schon nach der Mindestvertragslaufzeit wieder wechselten, einfach unattraktiv. In der Branche werden sie als "Bonushopper" bezeichnet. Ein Interesse der Versorger solche unattraktiven Verbraucher ausfindig zu machen drängt sich geradezu auf. Zu belegen ist das aber auch mit einer vom NDR und SZ durchgeführten Umfrage bei 75 Energieversorgern. Zwar hatten viele Bedenken geäußert, zwei der drei größten Versorger gaben aber offen zu, dass sie solche Datenpools von Auskunfteien zumindest geprüft hätten. Wenig glaubwürdig erscheinen vor diesem Hintergrund sind dann Aussagen, wie die vom Schufa-Sprecher, dass der Pool nicht aus der Idee gewachsen sei Verbraucher daran zu hindern den Anbieter zu wechseln. Erst recht nicht, wenn man die Aussagen des Hamburger Portals "Wechselpilot" betrachtet. Das Portal hatte ermittelt, dass bei manchen Energieversorgern mittlerweile bereits jeder fünfte Neukunde abgelehnt wird. Sehr oft erfolgt die Ablehnung auch an Angabe von irgendwelchen Gründen, so Jan Rabe, Geschäftsführer von "Wechselpilot". Für den abgelehnten Verbraucher ist damit im günstigsten Fall nur die Suche nach einem anderen Versorger verbunden. Im schlimmsten Fall muss er sich im Anschluss seiner erweiterten Suche auf einen teuren Grundversorgungstarif einlassen. Die Sorgen und Ängste von Verbraucher- und Datenschützer scheinen sich in dieser Hinsicht zu bestätigen. Wo ist das Problem? Daten von Verbrauchern dürfen bislang in einem gewissen Rahmen ausgetauscht werden. Das betrifft vor allem Daten von Kunden, die ihre Rechnungen nicht zahlen oder die betrügerisch tätig sind. Verbraucher- und datenschutzrechtlich heikel wird es aber, wenn auch Daten von offenbar vertragstreuen Kunden hin und her geschoben werden. Der Datenschutzexperte und frühere Landesdatenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert bringt es anschaulich auf den Punkt, wenn er sagt, dass der Einsatz eines solchen Pools dazu führt, dass Kunden "zum Freiwild der gesamten Branche" würden. Vertreter anderer Datenschutzbehörden stehen solcher Speicherungen ebenfalls eher kritisch gegenüber. In die gleiche Kerbe schlägt auch die Verbraucherzentrale. Wenn Strom- und Gasunternehmen durch Datenbanken künftig sehen könnten, dass Kunden schon häufiger gewechselt haben, könnten sie diese dann entweder systematisch ablehnen oder ihnen attraktive Konditionen vorenthalten. Anders sieht es aber der für die Schufa zuständige Hessische Landesbeauftragte für Datenschutz. Er hält es aufgrund der Wettbewerbssituation für rechtlich vertretbar, dass Strom- und Gasversorger Kundendaten in branchenweiten Datenbanken teilten. "Wenn ich sehe, dass im Markt der Energieversorger schon die ein oder andere Insolvenz passiert ist – hauptsächlich aufgrund nutzloser Akquisitionskosten – dann muss ich dieses legitime Interesse einfach anerkennen" so ein Behördenvertreter. Wie positionieren sich die Aufsichtsbehörden? Bislang gibt es keine ausführliche Stellungnahme irgendeiner Aufsichtsbehörde. Es wurden lediglich Sorgen geäußert. Für die erste November-Woche werden aber die zuständigen Behörden der Länder und des Bundes sich zu diesem Thema abstimmen und äußern. Das Ergebnis dieser Zusammenkunft wird interessant sein. Aus datenschutzrechtlicher Sicht bedarf es für die Verarbeitung von Daten stets einer Rechtsgrundlage. Für eine Verarbeitung zur Vertragsdurchführung bleibt wenig Raum. Hier scheitert es an der Erforderlichkeit. Eine Einwilligung werden die Verbraucher wohl nicht erteilen. Selbst wenn sie diese erteilen sollten, würde es wohl an der Freiwilligkeit scheitern. Der Kunde würde seine Einwilligung nämlich nur erteilen, um den günstigen Tarif zu erhalten. Die Verarbeitung auf ein berechtigtes Interesse zu stützen bleibt als einziger Ausweg zurück. Der oben zitierte Ansatz lässt sich zwar hören, aber eine darauf gestützte Datenverarbeitung bleibt bedenklich. Hier müsste mit mehr als nur einem vermeintlichen Insolvenzrisiko argumentiert werden, um eine so einschneidende Datenverarbeitung zu rechtfertigen. Beitrag hier kommentieren |