Gegen Nachmittag füllte sich das Areal ein bisschen. Um 17 Uhr stand die Verfassungsprüfung an für die eigentlich 25 Starter im Einzelfinale heute. Beim Vetcheck glänzte nicht nur Jana Wargers durch Abwesenheit, das stand schon vorgestern fest. Auch der Schweizer Martin Fuchs hat zurückgezogen. Sein Schimmel Leone Jei hatte ja vorgestern eine verkrampfte Runde. Mit der Vorplatzierung 24. heute als zweiter Starter und ohne irgendeine Chance auf Ruhm, Ehre und finanziellen Zugewinn einzureiten, war wohl nicht sein Geschmack. Außerdem muss er ja auch kommende Woche nach Spruce Meadows. Westliches Kanada – das ist von Mailand aus gesehen wirklich einmal um die halbe Welt. Nicht so weit hat es der Italiener Emanuele Camilli, der nicht erschien. Also noch 24 im Parcours heute ab 12 Uhr. Nachrücker sind der Ire Denis Lynch und der Däne Mathias Nørheden Johansen. Was echte Pferdebegeisterung ist, zeigten die schwedischen Fans: Tapfer warteten sie hinter der Absperrung, um auch der Verfassungsprüfung beiwohnen zu können. Sie können nun sagen, „ich war dabei“. Und um zu erläutern, wie es so aussah, können sie einfach die Daheimgebliebenen in den nächsten Schulbetrieb einladen, wenn kleine Kinder erstmals versuchen, große Pferde irgendwie in den Trab zu bekommen. Die Trabmechanik manch eines Springpferdes ist eben eher von der Sorte „schont die Bandscheibe“. Einige sogar „extra bandscheibenschonend“. Beim Vet-Check waren einige wild und frech, vor allem die Hengste. Die meisten Springer ließen sich geduldig von ihren Reitern auf der kurzen Trabstrecke hinterherziehen. So eng die Hälse beim Abreiten auch sein mögen, sie können auch verdammt lang sein … Den „Hauch einer Ahnung von ein bisschen Peinlichkeit“ (die Aneinanderreihung von Euphemismen, sprich „Beschönigungen“, habe ich mir mal vom parallel stattfindenden Bundeschampionat geliehen, da gehen zwar viele im Zweitakt, aber keiner – Gott behüte! –Pass, sondern nur „den Hauch einer Ahnung von ein bisschen untaktmäßig“) habe ich heute morgen bei meinem Weg zum Stadion verspürt. Mailand schläft, bzw. erwacht, und Tönjes – der frühe Vogel … – rattert mit seinem Rollkoffer 20 Minuten durch die hallverstärkenden Straßenschluchten – Scusa, caro milanese. Gestern hätte ich mich das nicht getraut. Es war Markttag und so bunt und vielfältig das Angebot ist, hätte ich doch Sorgen gehabt, dass mein lärmender Auftritt den einen oder anderen Fischhändler mir einen der auf Eis (das sich dann – Stichwort Gletscherschmelze für Anfänger – doch recht schnell verflüssigte) dargebotenen Tintenfische hinterhergeschmissen hätte. Bäh! Abends war ich dann übrigens still und leise noch ein bisschen in Mailand unterwegs. Ob ich mir kommende Woche auch vorm Finale (bei der Dressur-EM) abends das historische Riesenbeck mit seinen kulturellen Schätzen erwandern, nein „erflanieren“ werde, weiß ich noch nicht. |