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Bankenbrief

Wichtiges vom 17. September 2020

Das Thema

EZB erlaubt Banken vorübergehend höhere Verschuldungsquote

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat aufgrund der Corona-Pandemie beschlossen, den Geldhäusern entgegenzukommen. Wie die Notenbank heute mitteilte, werden die Vorgaben für die Verschuldungsquote ("Leverage Ratio") gelockert. Für die Institute im Euroraum gelte vorübergehend eine Ausnahmeregelung: Sie dürfen bei der Berechnung der Quote bestimmte Vermögenswerte wie Einlagen bei der Zentralbank ausklammern. Das ermögliche den Geldhäusern eine höhere Quote, hieß es. Diese Erleichterung könne bis zum 27. Juni 2021 genutzt werden. Danach werde neu entschieden. Bei der "Leverage Ratio" werden die Geschäfte einer Bank unabhängig vom Risikogehalt pauschal ins Verhältnis zum Eigenkapital gesetzt. Vorgesehen ist, dass die Finanzinstitute des Euroraums vom 28. Juni 2021 an nach den Vorgaben der EZB-Bankenaufsicht eine Quote von 3,0 Prozent erreichen. Den Angaben der Notenbank zufolge wird die nun beschlossene Erleichterung, basierend auf Daten von Ende März 2020, die Gesamtverschuldungsquote von 5,36 Prozent um etwa 0,3 Prozentpunkte erhöhen. Das entspricht rund 73 Milliarden Euro. Der EZB-Rat begründete die Ausnahmeregelung mit der Corona-Pandemie, die alle Volkswirtschaften des Euroraums auf beispiellose und tiefgreifende Weise erschüttert habe. Die Bedingung außergewöhnlicher Umstände sei erfüllt, "die den vorübergehenden Ausschluss bestimmter Engagements gegenüber Zentralbanken von der Berechnung" rechtfertigen. Wegen der gravierenden Auswirkungen der Corona-Krise hatten die Bankenaufseher der Eurozone unter anderem bereits ihre Kapitalvorgaben für Banken vorübergehend gelockert. Auch andere Notenbanken wie die Federal Reserve (Fed) in den USA haben ihre Verschuldungsregeln für große Institute angepasst.

Meldungen

Credit Suisse startet mit Katar milliardenschwere Kreditplattform

Die Schweizer Grossbank Credit Suisse erweitert nach eigenen Angaben ihre Zusammenarbeit mit ihrem Großaktionär Qatar Investment Authority (QIA). Das Institut werde gemeinsam mit dem Staatsfonds eine milliardenschwere Plattform auflegen, über die amerikanische und europäische Mittelständler und Großunternehmen Kredite erhalten können. Die Plattform sei Teil der Credit Investments Group (CIG) von Credit Suisse Asset Management mit Kreditpositionen im Volumen von insgesamt 60 Milliarden Dollar (51 Milliarden Euro).


Britische Notenbank hält Leitzins stabil

Die britische Notenbank hält unverändert an ihrer Krisenpolitik fest. Das Gesamtvolumen der Wertpapierkäufe werde weiter bei 745 Milliarden Pfund (814 Milliarden Euro) liegen, teilte die Bank of England heute mit. Der Leitzins bleibe auf dem Rekordtief von 0,10 Prozent. Zuletzt hatte die Notenbank im Juni als Reaktion auf die Corona-Krise das Volumen des Anleihekaufprogramms um 100 Milliarden Pfund auf das derzeitige Niveau angehoben.


Leasing- und Finanzierungsfirma Grenke will sich gegen Vorwürfe zur Wehr setzen

Das Leasing- und Finanzierungsunternehmen Grenke will sich gegen die Vorwürfe des britischen Investors Fraser Perring über angebliche Bilanz-Unregelmäßigkeiten verteidigen. Der börsennotierte Finanzdienstleister hat nach eigenen Angaben eine Taskforce gebildet, die mit der "detaillierten Widerlegung" der Behauptungen beauftragt sei, teilte Grenke heute mit. Am Nachmittag werde Firmenchef Wolfgang Grenke ein "kurzes schriftliches Statement" abgeben. Morgen wollen sich der Vorstand und der Aufsichtsrat dann Fragen von Analysten und Investoren stellen. Perring hatte Grenke Betrug, Bilanzfälschung und Geldwäsche vorgeworfen, zugleich als sogenannter Leerverkäufer auf einen Absturz der Aktien gewettet. Daraufhin war der Aktienkurs von Grenke um rund die Hälfte abgestürzt; heute trat eine leichte Erholung ein. Vorstand und Aufsichtsrat sehen alle Vorwürfe weiterhin als unbegründet an, wie Grenke erklärte. 


US-Notenbank will Leitzins bis 2023 bei nahe Null halten

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) will ihren Leitzins angesichts der Corona-Krise voraussichtlich über Jahre hinweg nahe der Nulllinie belassen. Das ist Prognosen zu entnehmen, die die Fed gestern Abend nach ihrer Zinssitzung in Washington veröffentlichte. Demnach gehen die Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses überwiegend davon aus, dass sich an der gegenwärtigen Zinsspanne von null bis 0,25 Prozent bis ins Jahr 2023 nichts Wesentliches ändern wird. Trotz der anhaltenden Corona-Krise hat die Notenbank ihre Konjunkturvorhersage deutlich angehoben. Für dieses Jahr erwartet die Fed nun einen Rückgang der US-Wirtschaftsleistung um 3,7 Prozent. Im Juni war noch mit einem Einbruch von 6,5 Prozent gerechnet worden. Die Fed sei weiter entschlossen, ihre volle Bandbreite an Werkzeugen einzusetzen, um die Folgen der Corona-Krise einzudämmen, sagte US-Notenbankchef Jerome Powell.


Gründer des Start-ups SO1 kaufen ihr Unternehmen von Wirecard zurück

Das mit in die Insolvenz von Wirecard gezogene Big-Data-Start-up SO1 bekommt eine neue Chance. Die ehemaligen Gründer konnten Medienberichten zufolge die Assets des Unternehmens zurückkaufen und wollen einen Neustart wagen. Wirecard hatte das Start-up noch kurz vor dem eigenen Zusammenbruch in diesem Frühjahr erworben. Die Gläubigerversammlung gab nun auf Empfehlung des Wirecard-Insolvenzverwalters Christian Köhler-Ma die Zustimmung, die Reste des SO1-Betriebs an eine von den Start-up-Gründern Raimund Bau und Sebastian Gabel neu formierte Gesellschaft zu veräußern.


Inflationsrate in der Eurozone erstmals seit langem gesunken

Die Verbraucherpreise sind im August in der Eurozone erstmals seit etwa vier Jahren wieder rückläufig gewesen. Verglichen mit dem Vorjahresmonat ging die Inflationsrate auf 0,2 Prozent zurück, teilte das Statistikamt Eurostat heute nach einer zweiten Schätzung in Luxemburg mit. Im Juli lag die Inflationsrate noch bei 0,4 Prozent. Die Kernteuerung – ohne Lebensmittel- und Energiepreise – fiel von 1,2 auf 0,4 Prozent. Die EZB strebt eine Inflationsrate von knapp 2 Prozent an.

Die Köpfe

Privatkundenchef Mandel verlässt die Commerzbank

Der Privatkundenchef der Commerzbank, Michael Mandel, wird seine Tätigkeit für das Geldhaus am 30. September beenden. Der 53-Jährige habe dem Aufsichtsrat eine einvernehmliche Auflösung seines Vertrags angeboten, das Gremium habe angenommen, teilte das Institut heute mit. Die Verantwortung für das Privat- und Unternehmenskunden-Geschäft im Konzernvorstand übernehme ab 1. Oktober vorerst Vorständin Sabine Schmittroth. Im Vorstandsressort von Marcus Chromik werde übergangsweise die Verantwortung für das Compliance liegen. Die Commerzbank diskutiert seit Monaten eine Verschärfung ihres Sparkurses und sucht einen neuen Vorstandschef. Mandel gilt Medienberichten zufolge als Vertrauter des scheidenden Commerzbank-Chefs Martin Zielke, der seinen Posten spätestens zum Jahresende abgeben will. "Die neue Strategie ist eine radikale Kehrtwende und geht über alles Bisherige weit hinaus", erklärte Mandel in einem im Intranet der Bank veröffentlichten Interview. Für eine so große Veränderung brauche es bedingungslosen Rückhalt von allen Seiten. "Ich habe den Eindruck, dass ich den nicht mehr habe und es deshalb für die Bank besser sein könnte, wenn diese Aufgabe jemand anderes übernimmt." Seinen bisherigen Kurs verteidigte Mandel mit den Worten: "Fakt ist: Mit unserem Filialnetz haben wir in den vergangenen Jahren einen wesentlichen Teil unseres Wachstums geholt." Der Privatkundenchef betonte: "Wir verzeichnen im Segment stabile Erträge und sind profitabel." Mandel ist seit 2002 bei der Commerzbank. 2016 hatte er im Vorstand die Leitung des Privatkundenressorts übernommen.


EZB-Ratsmitglied Rehn sieht Eurozone in der Zwickmühle

Der finnische Notenbank-Chef Olli Rehn sieht für die Eurozone die Gefahr, für lange Zeit in eine Falle aus schwachem Wachstum und schwacher Inflation zu geraten. "Die Inflation im Euroraum ist beharrlich zu niedrig geblieben, und es besteht das Risiko, dass dieser Trend anhält", schrieb das EZB-Ratsmitglied in einem heute veröffentlichten Bulletin der finnischen Zentralbank. Er befürchte, dass die Corona-Krise das Produktivitätswachstum und die Teuerung auf lange Sicht bremsen könnte. Das würde ein Auseinanderdriften der Euroländer verstärken.


Weltbank-Chefvolkswirtin Reinhart: Erholung kann fünf Jahre dauern

Die negativen Folgen der Corona-Pandemie dürfte die globale Wirtschaft nach Einschätzung der Weltbank noch über Jahre belasten. "Es wird wahrscheinlich eine rasche Erholung geben, da alle mit den Lockdowns verbundenen Restriktionsmaßnahmen aufgehoben werden, aber eine vollständige Erholung wird bis zu fünf Jahre dauern", warnte Weltbank-Chefvolkswirtin Carmen Reinhart heute in Madrid. In einigen Ländern dürfte die Rezession länger anhalten, wodurch die Ungleichheit noch verschärft werde. Die Ökonomin erwartet, dass die weltweiten Armutsraten als Folge der Pandemie erstmals seit 20 Jahren steigen werden.


Ex-Notenbanker Carney übernimmt Beraterposten bei Pimco

Der frühere Chef der britischen Notenbank, Mark Carney, wird künftig dem Global Advisory Board des Vermögensverwalters Pimco angehören. Das teilte das Unternehmen heute mit. Carney soll den Anleihespezialisten der Allianz-Tochter tiefergreifende Erkenntnisse über das Handeln von Notenbanken und Regierungen vermitteln.

Die Tweets des Tages

Wir freuen uns morgen 12.00 auf  "EU-Finanzmärkte in Zeiten von Corona – Aufgaben für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft" mit @joergkukies, Stefan Simon @DeutscheBankAG, @michael_huether, und Michael Hager @EU_Commission. #Livestream go.bdb.de/OnKWp #EU2020DE


Wir sind in Feierlaune! Die Gewinner unseres gemeinsamen Schülerwettbewerbs "Jugend und Wirtschaft" mit @FAZ_Finanzen werden heute gekürt! Um 16:20 Uhr startet die Preisverleihung. Unser prominenter Gast: Bundesfinanzminister @OlafScholz. Der Livestream: go.bdb.de/rbeh9

Am Vortag meistgeklickt

Was Top-Manager von Bewerbern wissen wollen

Wer schon einmal bei einer internationalen Top-Führungskraft im Bewerbungsgespräch saß, dürfte über die eine oder andere Frage sehr überrascht gewesen sein. Statt nach Stärken oder Schwächen befragt zu werden, ging es um ganz anderes: "Auf einer Skala von eins bis zehn: Wie seltsam sind Sie?" oder: "Was war das letzte Kostüm, das Sie getragen haben?". Aber auch Aufgaben wie "Nennen Sie mir etwas, das beinahe niemand so sieht wie Sie" oder "Wie würde eine Person Sie beschreiben, die Sie nicht mag?" verlangen nach einer klugen Antwort. Auf welche Reaktionen Richard Branson, Elon Musk, Lori Goler und andere bei ihren Kandidaten hoffen, lesen Sie hier:

Was morgen wichtig wird

Die EU-Kommission stellt ihre Pläne für ein "digitales Jahrzehnt" vor. – Die USA veröffentlichen Zahlen zur Leistungsbilanz im zweiten Quartal. – Die Universität von Michigan präsentiert Daten zum US-Verbrauchervertrauen im September. – In Frankfurt findet der Verbandstag der Sparda-Banken statt. Gastredner ist der ehemalige Präsident des Ifo Instituts, Hans-Werner Sinn. – Vorstand und Aufsichtsrat des Leasing- und Finanzierungsunternehmens Grenke wollen am Nachmittag Fragen von Analysten und Investoren zu den Vorwürfen der Bilanzfälschung beantworten. – Am "Sustainable Management Summit" der Frankfurt School of Finance nimmt BASF-Vorstandsmitglied Saori Dubourg teil. – Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in Berlin. – Die Banken-ON-SCREEN-Veranstaltung mit dem Thema "EU-Finanzmärkte in Zeiten von Corona – Aufgaben für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft" wird online von Bankenverbands-Chef Christian Ossig eingeleitet.

Der Nachschlag

Das Erfolgsrezept: Die richtigen Fragen stellen

Was garantiert den Erfolg? Wenn Sie die richtigen Antworten für die zu lösenden Probleme wissen. Aber wer kann diese schon so einfach aus dem Hut zaubern? Selbst Microsoft-Gründer und Unternehmerlegende Bill Gates räumt ein, dass er im Laufe seiner Karriere hauptsächlich dadurch weitergekommen sei, dass er den richtigen Leuten die richtigen Fragen gestellt habe. Denn, wer eine schwierige Aufgabe vor sich hat oder ein großes Ziel erreichen will, sollte keine Zeit darauf verwenden, ganz alleine das Rad jedes Mal neu zu erfinden, meint Gates. Welche beiden Fragen er stets beim Herangehen an jedes große neue Problem gestellt hat, lesen Sie hier:

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