EZB hält still - Euro STOXX 50 tut es dem DAX gleich
EZB hält still - Euro STOXX 50 tut es dem DAX gleich von Sven Weisenhaus Wie vom Markt mehrheitlich erwartet, hat die Europäische Zentralbank (EZB) heute beschlossen, die Leitzinsen unverändert zu belassen – nach zuvor 10 Zinsanhebungen in Folge. Begründet wurde dies damit, dass die Inflation merklich zurückgegangen ist und die bisher bereits beschlossenen Zinserhöhungen stark auf die Finanzierungsbedingungen durchschlagen und dies zu einem Rückgang der Inflation beiträgt. Der EZB-Rat ist unverändert der Auffassung, „dass sich die EZB-Leitzinsen auf einem Niveau befinden, das – wenn es lange genug aufrechterhalten wird – einen erheblichen Beitrag zu diesem Ziel leisten wird“, wie es auch bereits im Statement zum Zinsentscheid vom 14. September hieß. Sollte die Inflation also weiter nachlassen und zukünftig unterhalb des aktuellen Leitzinsniveaus bleiben, dürfte es wohl auch zukünftig keine weitere Zinsanhebung im aktuellen Zyklus mehr geben. Rezessive Tendenzen sorgen für nachlassende Inflation Zumal jede weitere Leitzinsanhebung die Wirtschaft zusätzlich belasten würde. Dabei sorgen rezessive Tendenzen bereits für eine sinkende Nachfrage und somit einen nachlassenden Preisdruck. Darauf deuten auch die vorläufigen Einkaufsmanagerdaten vom Dienstag hin, die für die Eurozone ähnlich düster aussehen wie für Deutschland (siehe gestrige Börse-Intern). Der Einkaufsmanagerindex für die gesamte Euro-Wirtschaft – Industrie und Dienstleister zusammen – gab im Oktober auf 46,5 Punkte nach, von 47,2 Zählern im Vormonat. Experten hatten dagegen einen Anstieg auf 47,4 erwartet. Der Rückgang auf das niedrigste Niveau seit November 2020 war also eine große negative Überraschung. Grund dafür waren Industrie und Dienstleister fast gleichermaßen. Der Industrieindex gab zwar nur um 0,4 Punkte nach, während es beim Service-Index 0,9 Punkte sind, dafür schrumpft das verarbeitende Gewerbe (43,0) aber weiterhin stärker als der Dienstleistungsbereich (47,8). S&P Global berichtet zu den Daten, dass der Auftragseingang ein höheres Minus auswies als zuletzt, „was auf einen verstärkten Nachfragerückgang nach Gütern und Dienstleistungen hindeutet“. Der Gesamt-Auftragseingang von Industrie und Servicesektor wies im Oktober sogar das höchste Minus seit Mai 2020 aus. Da er damit stärker ausfiel als der Produktionsrückgang, nahmen die Auftragsbestände in beiden Sektoren mit leicht beschleunigter Rate ab - und insgesamt so rasant wie seit Juni 2020 nicht mehr. Zum Thema Inflation heißt es von S&P Global: „Trotz der gestiegenen Ölpreise verlangsamte sich der Preisauftrieb bei Gütern und Dienstleistungen leicht und fiel so schwach aus wie zuletzt im Februar 2021.“ Vor dem Hintergrund einer nachlassenden Inflation durch eine zunehmend schwächelnde Wirtschaft macht es sehr viel Sinn, dass die EZB nicht noch mehr Öl ins Feuer gießt, sondern die weitere Entwicklung und die (zeitversetzte) Wirkung ihrer bereits beschlossenen Zinserhöhungen erst einmal einige Zeit in Ruhe abwartet und beobachtet. Euro STOXX 50 tut es dem DAX gleich Da sich Marktteilnehmer bereits auf diese abwartende Haltung der EZB eingestellt haben, kann man die heute Zinsentscheidung der EZB als Non-Event schnell abhaken. Viel interessanter als die fundamentalen bzw. geldpolitischen Entwicklungen sind daher die charttechnischen – vor allem auch beim europäischen Aktienindex Euro STOXX 50. Dessen Abwärtstrendkanal wurde zwischen dem 38,20%-Fibonacci-Retracement der gesamten Kurserholung seit dem Bärenmarkttief und dem Korrekturtief vom 20. März bei 3.981,83 Punkten getestet und bestätigt (siehe grüner Pfeil im folgenden Chart). Alle drei Linien wurden damit fast zeitgleich als Unterstützungen bestätigt. Am Freitag vergangener Woche hatte ich dazu geschrieben, dass es faszinierend wäre, „wenn der Euro STOXX 50 es dem DAX in ähnlicher Weise gleichtut“ (siehe „Zahlreiche Aktienindizes stehen kurz vor wichtigen Kurszielen“) – und genau das hat er mit dem jüngsten Kursverlauf. Noch ein weiteres Korrekturtief? Bei beiden Aktienindizes wäre nun ein Ende der saisonalen Schwäche denkbar. Ebenso wäre allerdings bei beiden Aktienindizes aus Sicht der Elliott-Wellen noch ein weiteres Korrekturtief denkbar, mit dem der aktuelle Abwärtsimpuls zu einem 5-gliedrigen komplettiert werden würde. Für den Euro STOXX 50 gilt daher nun ähnliches wie für den DAX (siehe gestrige Börse-Intern - „Wen verwundert die aktuelle Schwäche des DAX?“: Erst wenn sich abzeichnet, dass sich die aktuelle Abwärtsbewegung wieder entschleunigt, kann man auf das Ende der saisonalen Schwäche und eine Jahresendrally setzen. Das wäre der Fall, wenn das Tief der Welle 2 des aktuellen Abwärtsimpulses überschritten wird. Denn dann läge aus Sicht der Elliott-Wellen eine Überschneidung in den Wellen vor, was gegen eine weiterhin impulsive Abwärtsbewegung sprechen würde. Zumal damit beim Euro STOXX 50 ein Angriff auf die obere Linie des aktuellen Abwärtstrendkanals einhergehen würde. Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse Ihr Sven Weisenhaus www.stockstreet.de
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