Gut, ganz so war es nicht. Aber die Kurssteigerungen speziell in den US-Indizes waren bis Anfang Februar enorm und die Volatilität auf Rekordtief. Konstante Aufwärtstrends als typisches Zeichen des rekordlangen Bullenmarkts der letzten gut neun Jahre, könnte man sagen. Nun spricht vieles dafür, dass das der Bulle seinen 10. Geburtstag nicht mehr erlebt. Was ist da los an den Aktienmärkten, dass es zuletzt so massiv runtergegangen ist und vor allem wie verhält man sich in so einer Situation? Kurz gesagt: Es stürzt im Moment zu viel und von allen Seiten auf die Börsianer ein! Was genau erkläre ich übrigens auch in meinem neuen Video (hier klicken)... Mein Tipp: Abonnieren Sie meinen YouTube-"Aktien Kanal" und sichern Sie sich 2x wöchentlich top-aktuelle Analysen und Hintergrundberichte - 100% gratis! Hier klicken... Hier mal die größten Probleme und die Folgen: Zinserhöhungszyklus Wir haben das grundsätzliche Problem, dass wir in den USA wieder in einem Zinserhöhungszyklus sind. Für dieses Jahr werden 3-4 Erhöhungen beim Leitzins erwartet. Die erste haben wir bereits hinter uns. Warum ist das schlecht? Je höher die Zinsen für festverzinsliche Anlagen sind, umso attraktiver werden diese, umso mehr Geld fließt aus Aktien in festverzinsliche Papiere. Das ist an sich nicht dramatisch. Das ist der normale Gang der Dinge. Aber der Punkt ist, dass wir speziell in den USA inzwischen extrem hohe Bewertungsniveaus bei Aktien haben. Jahrelang ging es mit den Zinsen nur bergab und wenn der Leitzins bei null liegt, können theoretisch die Bewertungsniveaus für Aktien ins Unendliche steigen - was sie übertrieben gesagt zuletzt auch getan haben (auf diese Bewertungsthematik werde ich ein andermal noch ausführlicher eingehen) bzw. scheinbar tun wollten. Das zyklisch adjustierte KGV nach Shiller, der wohl aussagekräftigste Kennzahl in dieser Beziehung, liegt inzwischen bei über 31 bzw. 86 Prozent über dem langfristigen Durchschnitt. Diese Bewertungsniveaus werden derzeit wieder nach unten angepasst, quasi entgegengesetzt zu den steigenden Zinsen. Dass das in dieser hohen Geschwindigkeit passiert, hängt mit den weiteren negativen Einflüssen zusammen, die gerade ihre Wirkung entfalten: Der Faktor Donald Trump Mit seiner extrem protektionistischen Politik versucht Trump gerade, die EU zu spalten und China in die Schranken zu weisen. Dass der für das Wirtschaftswachstum und die Aktienmärkte so wichtige globale Freihandel funktioniert ist einem sensiblen Gleichgewicht zu verdanken, basierend auf vielen gegenseitigen Verträgen und Bestimmungen. Dieses Geflecht aus gegenseitigen Abkommen hat sich über viele Jahre entwickelt und wurde immer wieder auf ihre Praxistauglichkeit getestet und wo nötig adjustiert. Die Welthandelsorganisation (WTO) nahm hier eine koordinierende Funktion ein. Dabei handelt es sich häufig um multilaterale Abkommen wie beispielsweise das transatlantische TTIP oder das Handelsabkommen der Pazifik-Anrainer TPP. Besonders wichtig sind solche Vereinbarungen für kleinere Staaten und Regionen, weil sie darin Schutz vor ansonsten übermächtigen Handelspartnern finden - wie z.B. den USA. Genau das will Trump nun ändern. Er ist gerade dabei, dieses Gleichgewicht gezielt zu zerstören. Er will künftig am liebsten mit allen einzeln verhandeln (wie er das bei den Stahl- und Aluminium-Zöllen bereits praktiziert) und so jedes Mal einen besseren "Deal" für die USA aushandeln ("bilaterale Abkommen"). "Deal" ist ja ohnehin sein Lieblingswort. Trump denkt in "guten Deals" und "schlechten Deals". Er will möglichst viele "gute Deals" machen, gerne auch auf Pump. Alles andere interessiert ihn nicht. Für solche guten Deals ist ihm fast jedes Mittel Recht. So versucht er z.B. mächtige Handelspartner wie die EU gezielt zu spalten, was angesichts der Uneinigkeit der Mitgliedsstaaten nicht einmal eine allzu schwere Aufgabe ist (siehe auch jüngst die unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der Ausweisung von russischen Botschaftern nach dem Giftgasanschlag auf Ex-Spion Sergej Skripal). Kurzfristig könnte er mit dieser Strategie sogar Erfolg haben. Es gibt eine Theorie, die besagt, dass es so etwas wie einen Optimalzoll gibt. Dass es also tatsächlich möglich ist, mit Zöllen die Preisverhältnisse im gegenseitigen Handel ("Terms of Trade") zulasten des Auslands zu verändern. Protektionismus würde sich in dem Fall tatsächlich lohnen. Der bekannteste Ökonom, der diese Ansicht vertrat, war John Stuart Mill in seinen "Grundsätzen der politischen Ökonomie" (veröffentlicht 1869). Als Beispiel verwendete er damals den Import von deutschem Leinen für die englische Tuchindustrie. Nur: Bereits Mill musste damals eingestehen, dass es sehr schwierig ist, diesen optimalen Zoll zu finden. Es ist immer unklar wie der Handelspartner reagiert. Es droht immer eine Eskalation. Sind die Zölle zu hoch können ganze Industrien zerstört werden (was auch nicht im Interesse des Zoll-Erhebers liegt, weil dann z.B. in der Stahlindustrie die Preise regelrecht explodieren würden, weil zu wenig Angebot am Markt ist). Inzwischen dürfte dieses Unterfangen im Zuge der Globalisierung und der vielen gegenseitigen Abhängigkeiten noch viel schwieriger geworden sein. Meiner Ansicht ist es fast unmöglich, dass die USA dieses Kunststück hinkriegen. Genau davor haben die Börsianer Angst. Ein ausgemachter Handelskrieg wäre mit das Schlimmste, was passieren könnte und würde dazu führen, dass es am Ende nur Verlierer gibt. Der Technologie-Sektor kommt ins Wanken Ausgerechnet jetzt, in dieser heiklen Situation, kommt nun eine Hiobsbotschaft nach der nächsten aus dem Technologie-Sektor: Es zeichnet sich ab, dass das Facebook-Datenleak mehr als ein "Ein-Tages-Skandal" ist. Dass es nachhaltige Folgen haben wird, nämlich dann wenn es zu einer zukünftig strengeren Ausgestaltung der Datenschutzrichtlinien führen wird. Facebook-Gründer und CEO Mark Zuckerberg wird hierzu vor dem US-Kongress aussagen müssen. Genau die Verwendung und die Vermarktung dieser Daten spielen aber eine immens wichtige Rolle für die Gewinne von Facebook und Co. Auch z.B. auf Google könnte sich eine Verschärfung der Datenschutzrichtlinien negativ auswirken. Dass die Trump-Regierung mit der neuen Besetzung von Schlüsselpositionen noch konservativer ausgerichtet ist als ohnehin schon, sorgt genauso für zusätzliche Unruhe wie die Tatsache, dass in den USA ohnehin schon eine Anti-FAANG-Bewegung im Gange ist. Für Facebook, Apple, Amazon, Netflix und Google (Alphabet) haben Kritiker ein neues Akronym erfunden, BAADD, was für big, anti-competitive, addictive und destructive to democracy steht. Ich war auf diese Thematik bereits im Geldanlage-Report vom 27. Januar eingegangen. Das Gefährliche dabei: FAANG- und Big Data-Aktien haben fast schon unfassbare Kurssteigerungen hinter sich. Ein Großteil der Rallye an der NASDAQ und teilweise inzwischen auch im S&P 500 zum Beispiel, wo die Tech-Schwergewichte ja auch vertreten sind, war auf die Performance dieser Gruppe zurückzuführen. Die tatsächliche operative Entwicklung kann - so gut sie auch gewesen sein mag - mit diesen Kursanstiegen nicht mithalten. Die Bewertungsniveaus sind in schwindelerregende Höhen gestiegen. Das verdeutlicht folgende Graphik des Analystenhauses Nomura: Es gibt somit keinerlei Bewertungspuffer. Nomura spricht sogar von einer Big Data-Bubble, die gerade am Platzen ist. Seit dem Start der Social Media-Ära 2007 ist diese Art von Aktien (zusammengefasst im S&P Internet Services and Retailers-Index; siehe Graphik) noch viel stärker gestiegen als die NASDAQ insgesamt und hat beim Kurs-Buchwert-Verhältnis wieder Bewertungsniveaus erreicht wie der S&P All Tech-Index zum Zeitpunkt kurz vor dem Platzen der Dot.com-Bubble im Frühjahr 2000. Es wurde bewertungstechnisch ein Zustand erreicht, in dem Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google nicht nur als Unternehmen mit großartigen Geschäftsmodellen und konkurrenzloser Marktführerschaft in ihren Märkten angesehen werden - was sie zweifelsohne haben - sondern als Unternehmen, denen die Zukunft quasi gehört und die auch in den kommenden Jahren sichere Gewinner sein werden. Jede Art von Zweifeln an einer Fortsetzung der Erfolgsgeschichte der FAANG-Aktien führt entsprechend zu heftigen Abwärtsreaktionen am Markt. Jedes Jahrzehnt hat seine Bubble Das Interessante daran ist, dass es Ähnliches in der Vergangenheit schon mehrmals gab: In den 60er-Jahren waren es die Nifty-Fifty-Aktien (die "schicken 50", u.a. Firmen wie Coca-Cola, Johnson & Johnson, McDonald´s), die man zu jedem Preis haben wollte, in den 70er-Jahren waren es Öl-Aktien als "Schwarzes Gold", in den 80ern Festplatten-Unternehmen und Ende der 90er waren es Technologie-, Medien- und Telekommunikationsunternehmen. Jedes Mal wurden Bewertungsniveaus außer Acht gelassen. Jedes Mal war man davon überzeugt, dass quasi nur diesen Firmen die Zukunft gehören würde und jedes Mal folgte danach das böse Erwachen. Aktuell wird z.B. vergessen bzw. toleriert, dass Amazon und Netflix zwar sehr schnell wachsen, aber ohne dabei groß profitabel zu sein. Ob sie jemals so profitabel sein werden, wie der Markt im Moment glaubt, ist fraglich. Werden wirklich Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google die Zukunft kontrollieren und dominieren. Oder werden es nur ein oder zwei dieser Unternehmen sein? Sind sie wirklich unbesiegbar? Ist ihr Erfolg unvermeidlich? Jeder, der diese Frage mit "ja" beantwortet geht gleichzeitig auch davon aus, dass Technologie-Investoren tatsächlich in die Zukunft sehen können. Aber können Sie das wirklich? Die Antwort ist: Sie können es natürlich nicht! Was z.B. wenn durch den Facebook-Skandal die Diskussion nach einer zusätzlichen Basisschicht für das Internet wieder an Fahrt gewinnt. Zusätzliche Basisschicht? Wir haben ja im Internet die offenen Protokolle als Basis, also POP, SMTP, IMAP für den E-Mail-Verkehr, HTTP für Webseiten und TCP/IP für die Übertragung von Datenpaketen. Was fehlt ist eine Basisschicht, die jedem User eine Art eigene, digitale Identität verleiht. Genau das wäre mit Hilfe der Blockchain-Technologie möglich. Darauf war ich im Geldanlage-Report vom 20.01. eingegangen. Das könnte im Extremfall letzten Endes soziale Netzwerke wie Facebook in die Bedeutungslosigkeit führen. Tech-Anleger sollten sich nie zu sicher fühlen Das ist natürlich im Moment noch eine Art Zukunftsvision oder wenn man es negativ ausdrücken will: ein Hirngespinst. Ob das jemals passieren wird, ist fraglich. Aber es zeigt, dass es immer alternative Szenarien gibt und dass sich Anleger speziell im Technologiebereich nie zu sicher fühlen sollten. Apropos Zukunftsvision: Ebenfalls diese Woche meldete NVIDIA, dass man wegen des tödlichen Unfalls bei einem selbstfahrenden Uber-Auto nun bis auf weiteres Tests mit autonom fahrenden Roboter-Autos aussetzen werde. Die Aktie brach darauf hin stark ein, noch viel mehr aber Tesla, die beim Autonomen Fahren ja auf NVIDIA als Technologielieferant setzen. Die Konkurrenz mit Waymo (Alphabet) könnte nun noch weiter enteilen. Auch aus diesem Sektor entweicht nun also gerade etwas Zukunftsfantasie. Als ob das alles nicht genug der schlechten News wären, hat es Trump nun offenbar auch noch auf Amazon abgesehen. Er prüft laut verschiedenen übereinstimmenden Meldungen, Möglichkeiten Steuerschlupflöcher (die Amazon bisher meisterlich zu nutzen weiß) zu schließen. Was nun? Wie reagieren wir als Börsianer auf diese Unheilsverstrickung? Zunächst einmal ist es meiner Ansicht nach unumgänglich, dass wir nach so vielen Jahren Bullenmarkt eine Absicherungsstrategie haben, um Gewinne abzusichern bzw. Verluste zu begrenzen. Speziell bei Wachstumsaktien ist so etwas essenziell. Ich halte es gut für möglich, dass wir nun vor einer großen Zäsur am Markt stehen. Wenn so viele Leader quasi gleichzeitig "zusammengefaltet" werden, kann das einen Trend zum kippen bringen. Das muss nicht heißen, dass es weitere massive Kursverluste auf breiter Ebene geben wird. Aber die Chancen sind hoch, dass es zu Favoritenwechseln kommt. Dass die alten Führungsaktien, die die NASDAQ in den letzten Jahren nach oben gezogen haben, sich zumindest eine längere Verschnaufpause nehmen (müssen). Wenn diese Aktien ihre Aufwärtstrends verlassen, wie z.B. jüngst Facebook, ist ein Verkauf unumgänglich. Worum es jetzt geht ist, neue Führungsaktien möglichst früh aufzuspüren und zu beobachten. Wie genau das funktioniert erfahren Sie in meinem Video... MEIN FAZIT: Die Aktienmärkte haben ihren Charakter in den letzten Wochen grundlegend verändert. Statt niedriger Volatilität und konstanten Kurszuwächse gibt es jetzt erratische Ausschläge und einen kurzfristigen Abwärtstrend. Die Heftigkeit mit der bisherige Führungsaktien wie Facebook oder zuletzt auch Amazon und Tesla abgestraft werden könnte auf einen grundlegenden Favoritenwechsel bei den Anlegern hindeuten. Da die Problemfelder vorerst bleiben werden (Zinserhöhungszyklus; Donald Trump) könnte es in diesem Stil weitergehen. Tech-Anleger sollten sich in Acht nehmen und Gewinne absichern. Welche bisher gebeutelte Branche nun auf einmal ein starkes Comeback feiert erfahren Sie in der neuen Ausgabe meines Premium-Dienstes Breakout-Trader (www.breakout-trader.de). Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in den genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert: Es kann daher kein Interessenskonflikt vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. |