Liebe Leserinnen, liebe Leser, die schnellen und starken Zinssteigerungen der Notenbanken haben die Börsen und die Immobilien-Märkte abgewürgt. Die Aktienkurse haben sich zwischenzeitlich wieder erholt, insbesondere dank der KI-getriebenen hohen Erwartungen. Im Immobilien-Sektor kann davon keine Rede sein, der leidet weiter massiv. Bauanträge liegen brach, Baugenehmigungen erfolgen nur verzögert, Bauaufträge werden storniert, die Fertigstellung neuer Gebäude erreicht neue Tiefststände. Nur die Mieten steigen und das ist natürlich eine Folge des Siechtums beim Neubau. Ebenso leiden die Umsätze bestehender Gebäude, auch hier haben die hohen Zinsen die Kosten für die Käufer in die Höhe getrieben. Und dann ist da noch eine schauerliche Entwicklung im Gewerbebereich, die zunehmend verheerende AusmaÃe annimmt: Commercial Real Estate (CRE). Corona hat den Trend gezündet und der beschleunigt sich immer mehr. Home Office bzw. Work from Home hat sich längst etabliert und führt dazu, dass immer mehr Büroflächen leer stehen. In den US-Ballungszentren sind es oft schon zwischen 30 und 40 Prozent. Das führt zu sinkenden Mieten und Abwertungsbedarf bei den Immobilien. In der Folge geraten nicht nur die Eigentümer in Schieflage, sondern auch die finanzierenden Banken. Es ist jetzt beinahe genau ein Jahr her, dass die âkleine Finanzkriseâ in den USA losbrach und mehrere Regionalbanken in die Insolvenz rutschten. Mit der Silicon Valley Bank und der Signature Bank waren es immerhin die zweit- und drittgröÃte Bankenpleite der USA. Und dann kamen weitere Regionalbanken hinzu, weil gerade diese besonders stark im Bereich Finanzierungen gewerblicher Immobilien engagiert sind. Das Bankensystem hat sich als stabil erwiesen; man kann also durchaus feststellen, dass die richtigen Lehren aus der Globalen Finanzkrise mit dem Beinahe-Kollaps des Weltfinanzsystems gezogen worden sind. Insbesondere JPMorgan Chase hat erneut zugegriffen und das Geschäft kleinerer Wettbewerber geschluckt und steht nun besser da als jemals zuvor. Und doch ist nicht alles Gold was glänzt, es ist mit weiteren Ausfällen bei CRE zu rechnen. Chancen und Risiken bei US-REITs Blickt man auf den REIT-Sektor (Real Estate Investment Trust) sieht man die Krisenspuren deutlich: Die Kurse sind unisono deutlich gefallen und notieren rund 25% niedriger als Anfang 2022. Die Anleger sind nervös und befürchten weitere Verluste, möglicherweise Pleiten. Doch emotionsgetriebene Aktionen sind selten die, die sich an der Börse auszahlen. Denn blickt man auf die US-REITs, dann haben diese ihr Engagement im Bereich Commercial Real Estate seit 2009 kräftig runtergefahren, so dass hier kaum noch signifikantes Problempotenzial besteht. Auf der anderen Seite haben die US-REITs in den letzten beiden Jahren ihren Verschuldungsgrad deutlich gesenkt und ihre Cashflows zwischen 5 und 10% gesteigert. Zudem werden die Schulden nicht alle in nächster Zeit fällig, sondern stehen lediglich mit 5% des Volumens zur Refinanzierung an im Durchschnitt der nächsten Jahre. Und das bedeutet, dass selbst Anschlussfinanzierungen zu erhöhten Zinsen nur kleine negative Auswirkungen auf das Finanzergebnis haben â und wenn die Zinsen in der zweiten Jahreshälfte wieder zu sinken beginnen, verringert sich das Problem zusätzlich. Die Kurse der REITs werden also nicht so sehr von der operativen Entwicklung getrieben, sondern eher vom (zu) groÃen Pessimismus der Anleger. Das dürfte ordentliche Chancen bieten... W.P. Carey W.P. Carey ist ein Real Estate Investment Trust (REIT), der in gewerbliche Immobilien investiert, um diese langfristig zu vermieten. Das Portfolio umfasst mehr als 1.250 Immobilien, die sich auf verschiedene Branchen aufteilen wie Büros, Warenhäuser, Logistik, Hotels oder Self-Storage. Aufgrund dieser breiten Aufstellung wird der REIT dem Sektor 'Diversified' zugeordnet und ist dort mit einer Marktkapitalisierung von 12,35 Mrd. US-Dollar der mit Abstand gröÃte Player. Darüber hinaus ist der REIT auch regional diversifiziert, denn 62% der Mietumsätze werden in den USA erzielt und 36% in Europa. WPC hat durchaus seine Vorzüge: 99% seiner Mietverträge sind mit automatischen Mieterhöhungen ausgestattet, 61% sind an die Inflationsrate gekoppelt. Dies führt auch und gerade in Zeiten hoher Inflationsraten zu einer validen Planbarkeit der Mieterträge für die kommenden Jahre. Zudem liegt die durchschnittliche Restmietdauer bei über 10 Jahren. Auch über Leerstand kann sich WPC nicht beklagen, denn die durchschnittliche Vermietungsquote beträgt 98%. Selbst in Krisenzeiten wie 2010 ist sie nicht unter 96,5% gefallen, was für die ausgezeichnete Qualität der Standorte und Liegenschaften spricht. Einen weiteren Pluspunkt verbucht WPC, weil man die Immobilien im Net Lease-Verfahren vermietet. WPC stellt also das Gebäude zur Verfügung, der Mieter ist jedoch selbst verantwortlich für die Betriebskosten und die Instandhaltung der Immobilie. Dies führt ebenfalls zu einer sehr guten Planbarkeit der Einnahmen von WPC und geringeren Zahlungsausfällen, zum Beispiel infolge hoher Energiepreissteigerungen, die die Mieter selbst bei ihrer Versorger berappen müssen. Der Aktienkurs hat (trotzdem) in den letzten 5 Jahren gut 25% verloren und dieses Minus geht auf den Einbruch in den letzten 12 Monaten zurück. Alleine seit dem Jahresstart summiert sich das Minus auf fast 13%. Dazu beigetragen hat vermutlich auch die Entscheidung, sein CRE-Engagement abzuspalten und als Net Lease Office Properties (NLOP) via Spin-off an seine Aktionäre zu verschenken. Eine Entscheidung mit Nebenwirkungen. Denn W.P. Carey hatte sich Mitte 2023 gerade erst den Status als Dividendenaristokrat erkämpft, nachdem man 25 Jahre lang jedes Jahr die Dividenden erhöht hatte. Doch man beschloss, sich von der Sparte der Büroimmobilien zu trennen; diese machten 2015 noch 30% der annualisierten Basismiete des Unternehmens aus, zuletzt waren es nur noch 15%. Anfang November 2023 wurde nun die Ausgliederung von 59 der höherwertigen Office-Immobilien in die neu geschaffene Tochter Net Lease Office Properties abgeschlossen und W.P. Carey-Aktionäre erhielten für je 15 WPC-Aktien eine Aktie von Net Lease Office Properties. Darüber hinaus hat WPC den Rest seiner 87 verbliebenen Büroimmobilien verkauft. Durch diese Aktion hat W.P. Carey seine Bilanz verkürzt, indem man Werte und Schulden ausgegliedert hat. Allerdings verlor man auch die dazugehörigen Mieteinnahmen, was den FFO (Funds from Operations) reduzierte. Und der ist maÃgeblich für die Dividendenausschüttungen. Folgerichtig hat WPC seine Dividenden für das 4. Quartal um annähernd ein Fünftel gekürzt â und damit den soeben erst erreichten Titel des Dividendenaristokraten sofort wieder verloren. Oder unnötig verspielt, wie Kritiker monieren. Der Verlust des Dividendenaristokratenstatus wiegt schwer, die finanziellen Auswirkungen halten sich jedoch in Grenzen. Denn WPC-Aktionäre nehmen neben der gesenkten Quartalsdividende auch noch die Dividende ein, die die neu in ihrem Depot befindlichen NLOP-Aktien abwerfen. Das waren im letzten Quartal 0,34 US-Dollar. Zuletzt hat W.P. Carey angekündigt, seine Quartalsdividende wieder zu erhöhen. Zwar nur um magere 0,6%, aber unterm Strich liegt die annualisierte Dividendenrendite nun bei 6,2%. Das ist schon sehr ordentlich und könnte zusammen mit einer perspektivischen Erholung der Immobilienwerte und damit des Aktienkurses zu einer attraktiven Gesamtrendite über die nächsten Jahre führen. |