Der alternativlose Kandidat Steinmeier und das demokratische Frösteln
Liebe/r Leser/in, für mich ist klar: Max Otte ist ein völlig ungeeigneter Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten, der sich von einer ebenso ungeeigneten Partei aufstellen lässt. Das wird ihn vermutlich die Mitgliedschaft in der CDU kosten – völlig zu Recht. Und noch eine Vorbemerkung: Ich finde, dass Frank-Walter Steinmeier als Bundespräsident okay ist. Dennoch ist diese degoutante Kandidatur ein demokratischer Defekt. Ein Defekt der Alternativlosigkeit, den wir mit dem Ende der Großen Koalition und dem Abdanken von Angela Merkel überwunden geglaubt hatten. So verständlich die Empörung in der CDU über den Otte-AfD-Coup ist, so unverständlich ist die Unfähigkeit der Union, selbst einen Kandidaten für die Wahl des Staatsoberhaupts aufzubieten, also eine Alternative zu Steinmeier. Als gebürtiger DDR-Bürger, in dessen Staat immer nur alternativlose Kandidaten für alle Positionen zur „Wahl“ standen, löst das bei mir ein demokratisches Frösteln aus. Und es ist ja nicht so, dass die CDU nicht über geeignete Kandidaten verfügen würde. Mir fällt da sofort der Name Wolfgang Schäuble ein oder auch der von Norbert Lammert, Vorgänger Schäubles als Bundestagspräsident. Und natürlich gibt es immer noch Edmund Stoiber und Theo Waigel in der CSU. Zugegeben, alles keine Frauen, aber das ist Steinmeier auch nicht. Ich kann mir den Verzicht von CDU und CSU, eine Alternative zum Amtsinhaber ins Rennen zu schicken, nur so erklären, dass sie nicht glauben, ebendieses gewinnen zu können. Das aber wäre grundfalsch. In der Bundesliga gewinnt seit Jahren mit großer Zuverlässigkeit der FC Bayern so gut wie alle Spiele, aber deswegen kämen die übrigen Vereine doch nicht auf den Gedanken, gegen den Rekord-Meister nicht anzutreten. Außerdem ist Friedrich Merz doch auch erst im dritten Anlauf CDU-Vorsitzender geworden. Für Merz bietet der Fall Otte eine ideale Gelegenheit, Tatkraft bei der Abgrenzung zur AfD unter Beweis zu stellen. Verständlich, dass der konservative Sauerländer sie genutzt und ein Parteiausschlussverfahren gegen Otte eingeleitet hat. Für den Kampf gegen Parteien- und Demokratieverdrossenheit wäre es aber besser gewesen, der neue starke Mann der CDU hätte auch einen überzeugenden Bewerber für das Amt des Bundespräsidenten gefunden. Denn in einer Demokratie stärkt Konkurrenz am Ende den Sieger, in diesem Fall also den bisherigen und künftigen Bundespräsidenten. Wo wir gerade über Politikverdrossenheit sprechen – in dieser Woche bin ich vom Glauben abgefallen, als ich vom Stopp staatlich geförderter Baudarlehen gelesen habe und von der Frechheit, dass für Bundestagsabgeordnete andere Regeln den Corona-Genesenenstatus betreffend gelten als für den Rest der Bevölkerung. Diese sonnenarmen Januartage fühlen sich derzeit noch grauer an als sonst. | | Mit vielen Grüßen, Robert Schneider, Chefredakteur FOCUS-Magazin | Jetzt jede Woche im Heft Das Plus im FOCUS-Abonnement Dem FOCUS liegt jetzt in jeder Ausgabe der „Hauptstadtbrief“ kostenlos bei. Lesen Sie darin noch mehr Analysen zur aktuellen Politik und sichern Sie sich unser exklusives Angebot für Sie: Erhalten Sie 26 Ausgaben für 127,40 Euro, zusätzlich einen 80-Euro-Verrechnungsscheck als Dankeschön. Bestellen Sie einfach auf www.focus-abo.de/editorial das Angebot und Sie erhalten den FOCUS innerhalb von zwei Wochen pünktlich und portofrei nach Hause geliefert. Wenn Sie den FOCUS nach den 26 Ausgaben wieder im Handel kaufen möchten, genügt ein Anruf und das Abo ist beendet. * Inkl. MwSt. und Versand. Sie haben ein gesetzliches Widerrufsrecht. |
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