3 Gründe für die Hollywood-Brände +++ Der Boom von Trade Republic
● Kann Merz die Wirtschaft retten? |
● Ist SAP zu groß für den Dax? |
● Sind Birkenstocks Kunst? |
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Liebe Leserin, lieber Leser, die Deutsche Bahn ist wie ihr Land: perfekt organisiert, effizient und … hm, Stop, sorry, das war früher mal. Jetzt sind sich beide zwar immer noch ähnlich, aber in einer eher schmerzhaften Weise: plan- bis erfolglos und oft viel zu spät dran. „Die Bahn hat Probleme, und sie muss besser werden. Die Infrastruktur ist zu alt, zu voll und zu störanfällig“, sagt wer? Werner Gatzer, ein durchaus sympathischer Rheinländer – und als Aufsichtsratschef der Bahn der mächtigste Kontrolleur des Staatskonzerns. Auch Gatzer ist wie das Land: Beide haben schon weniger stressige Zeiten erlebt. Gatzer war 18 Jahre Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Vier Ministern aus drei Parteien erklärte er geduldig die Kniffe des Bundeshaushalts. Nebenbei erfand er – trotz SPD-Parteibuchs – sogar die Schuldenbremse. Deshalb muss er jetzt quasi ausbaden, was er sich früher selbst eingebrockt hat. Als meine FOCUS-Kollegin Lara Wernig und ich ihn jüngst im Berliner Bahntower besuchten, gab er eigene Versäumnisse zu: „Wir haben Bahn und Bundeswehr viel zu lange viel zu stiefmütterlich behandelt. Da habe auch ich Fehler gemacht“, sagte er (Das ganze Interview lesen Sie hier). Bund und Bahn – das Einzige, was bei beiden zuletzt noch gewachsen ist, war die Bürokratie. Allein die Ampel-Koalition hat sich 11.500 weitere Beamte gegönnt, der Konzern einen Wasserkopf an Verwaltung. Beides kostet viel Geld, das jetzt wieder gespart werden muss. Andererseits muss man auf allen Ebenen dringend sanieren. |
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| Bahn-Aufsichtsratschef Werner Gatzer im Bahntower in Berlin (© Marlene Gawrisch für FOCUS) |
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„Wir haben nicht mehr viele Chancen und hinken hinter eigenen Zielen her“, mahnte der 66-Jährige. „Es muss jetzt klappen – Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Infrastruktur, auch Wirtschaftlichkeit." Selbst ein Unternehmen wie die DB „muss schwarze Zahlen schreiben“. Verrückt, aber natürlich hat er recht. Und auch die Republik sollte vielleicht nicht dauernd neue Schulden anstreben, die Gatzer im Fall Bahn dann aber doch vorschlägt: „150 Milliarden für die nächsten zehn Jahre für Investitionen in die Infrastruktur halte ich mindestens für erforderlich.“ Er hatte als Staatssekretär auch schon mal die Idee, 60 Milliarden Euro nicht verwendete Corona-Hilfen für den Klimaschutz umzuwidmen. Das lehnte dann das Verfassungsgericht ab, was den Anfang vom Ende der Ampel bedeutete. FDP-Finanzminister Christian Lindner verabschiedete Gatzer daraufhin in den Ruhestand. Mittlerweile hat auch Lindner seinen Job verloren. Gatzer hat immerhin noch den Bahn-Posten. Und er hat Richard Lutz, der seit sieben Jahre Vorstandschef des Konzerns ist. Warum hat selbst der nie gegengesteuert? Irgendwann platzte die Frage aus mir raus: Stinkt der Fisch nicht immer vom Kopf, Herr Gatzer? „Moment! Das geht mir zu weit“, antwortete er. „Ich will nichts schönreden, und ich glaube, dass wir schon sehr selbstkritisch sind. Aber Ihre Feststellung ist aus meiner Sicht überzogen.“ Er ist wie die Bahn und die Bahn wie das Land und das Land wie Herr Gatzer: mächtig und ohnmächtig gleichermaßen. Alle verwalten ein schweres Erbe. Alle haben es nur gut gemeint. Und so sind wir nun da, wo wir eben sind. Wie erleben Sie diese Bahn im Jahr 2025? |
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| Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz gab dem FOCUS ein großen Strategie-Interview (@ Roman Pawlowski für FOCUS-Magazin) |
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CDU und CSU streiten über E-Auto-Prämie |
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In der Union droht neuer Zwist: Im großen FOCUS-Interview lehnt CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz eine Prämie für E-Autos ab. Die CSU will eine solche Subvention aber in ihren Bayern-Plan schreiben. Das sei „keine gute Idee“, kritisierte Merz den Plan aus Bayern. „Subventionen und Prämien sind grundsätzlich keine gute Lösung in unserer Wirtschaftsordnung. Sie können im Ausnahmefall gerechtfertigt sein. Aber dann muss das auch ein Ausnahmefall bleiben. Ansonsten ist es rausgeworfenes Geld und macht die Produkte nur teurer.“ Auch die CSU-Forderung nach einer Ausweitung der Mütterrente widerspricht eigentlich den Positionen der CDU. Hier gibt sich Merz im heute erscheinenden Interview aber konziliant: Das sei „eine Forderung der CSU, die wir respektieren“, so Merz zu Markus Söders Vorstoß. Gleichzeitig verspricht er im Falle einer Kanzlerschaft, dass Rentner keine Einbußen erleiden werden: „Es hat in Deutschland noch nie Rentenkürzungen gegeben. Wer etwas anderes behauptet, der lügt.“ |
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| Werbung für die Plauderei zwischen AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel und US-Milliardär Elon Musk (© x.com/Alice_Weidel) |
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Musk und Weidel: viel Gelächter und ein Hauch von Hitler |
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Wenn man den Blick von AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel auf ihr Land zusammenfassen soll, lässt sich sagen: Bildungs-Level, Infrastruktur, Meinungsfreiheit – alles in desolatem Zustand. Und Angela Merkel, „die erste grüne Kanzlerin“, habe die Bundesrepublik ruiniert. So jedenfalls erklärte sie es gestern Abend ihrem Talkpartner Elon Musk, der zur Live-Schalte auf X eingeladen hatte. Der US-Milliardär bedankte sich für ihre Offenbarungen mit viel „Wow“ und „Richtig“ sowie der Bekräftigung, dass Weidel eine Super-Kanzlerin wäre. Die Deutschen wollten Veränderung, deshalb „sollten sie AfD wählen“. Dann wurde wieder gelacht, und Weidel erzählte noch, dass Hitler (ein „Kommunist“) ja einst zuerst die Meinungsfreiheit einschränkte und die AfD heute die einzige Partei sei, die Juden in Deutschland noch beschütze gegen islamistische Antisemiten etc. Faktenchecker dürften viel zu tun gehabt haben an dem Abend. 76 Minuten ging das so. Rund 200.000 Neugierige hörten zu. Davon wohl auch 150 EU-Beschäftigte, die angeblich checken sollten, ob Musks Gratis-Reklame als illegale Wahlkampfspende für die AfD zu werten ist. Ging die Welt unter? Eher nicht. Wird Musk die AfD-Politikerin ins Kanzleramt loben können mit so einer Power-Plauderei? Wohl ebenso wenig. Diverse Gewerkschaften kündigten aus Protest ihren Rückzug von X an. Das werden die beiden Talkpartner aber wohl verschmerzen. |
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| Christian Hecker, Co-Gründer und Chef von Trade Republic (© Trade Republic) |
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Trade Republic erreicht neue Rekordzahlen |
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Es gibt sie noch – die positiven Nachrichten aus der deutschen Wirtschaft: Die Berliner Jung-Banker von Trade Republic haben jüngst europaweit die Schwelle von acht Millionen Kunden und 100 Milliarden Euro betreutem Vermögen überschritten. Gründer und Chef Christian Hecker sagte FOCUS: „Wir haben die Zahl der Kunden verdoppelt und deren Assets verdreifacht.“ 2024 sei „signifikant profitabel abgeschlossen“ worden. Auch dieses Jahr erwarte er, profitabel zu bleiben – trotz hoher Investitionen. Hecker räumte zugleich negative Seiten des Tempos ein: „Wir standen beim Kundenservice nicht immer da, wo wir hin wollen. Haben aber kräftig investiert.” Bei Trade Republic finden alle Finanzgeschäfte nur noch via App auf dem Smartphone statt. Richtig gestartet war das Start-up erst vor sechs Jahren. Unter anderem bietet Trade Republic seinen Kunden ETF-Sparpläne an, um künftige Rentenlücken zu schließen. Bitter enttäuscht zeigt sich Hecker deshalb von den Wahlprogrammen aller Parteien zum Thema Rente: „Diese inhaltliche Leere beunruhigt mich zutiefst. Dabei war schon die Aktienrente der Ampel-Koalition viel zu klein gedacht. Man muss das Thema viel größer denken, und zwar schnell”, so der 35-Jährige. Sonst werde man „irgendwann an den Punkt kommen, dass die Jugend deswegen auf die Straße gehen und für echte Lösungen protestieren wird“. |
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| Der Kurs der SAP-Aktie: seit Mitte 2022 nur nach oben |
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Ist SAP zu groß für den Dax? |
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Die SAP-Aktie hat diese Woche mit 248,60 Euro ein neues Rekordhoch erreicht. Der Walldorfer Tech-Konzern war damit 303 Milliarden Euro wert. Seit Vorstandschef Christian Klein mit dem Cloud-Geschäft Erfolge feiert, geht es kontuinierlich nach oben (siehe Grafik). Anleger müssen sich trotzdem Sorgen machen. Denn wenn es nach den Zahlen geht, ist SAP bereits zu wertvoll für den Dax. Der Index besitzt nämlich eine Kappungsgrenze. Erreicht ein Unternehmen mehr als 15 Prozent des Gesamtwerts aller 40 Dax-Konzerne, muss sein Gewicht beschnitten werden. Das soll die Dominanz einzelner Player verhindern, da sie die Aussagekraft des Dax als Indikator für die deutsche Wirtschaft verzerren würden. Ob es dazu kommt, entscheidet sich bei der nächsten Indexüberprüfung im März. Beobachter fürchten, SAP könnte die Frankfurter Börse wegen der drohenden Kappung verlassen – wie schon 2023 der Industriegase-Hersteller Linde. Damals lag die Grenze noch bei zehn Prozent. Finanzexperten fordern, den Passus abzuschaffen. Ein großer Teil der Gewinne von Dax-Konzernen werde eh nicht mehr in Deutschland erwirtschaftet – ein starker Dax sagt über die Wirtschaftsleistung Deutschlands also nicht mehr viel aus. |
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56 Parteien und Vereinigungen haben ihre Teilnahme an der Bundestagswahl beantragt. Darunter befinden sich auch kuriose Namen wie etwa die „Döner Partei” oder die „Guten”. Bis 14. Januar entscheidet der Bundeswahlausschuss, bei wem die Voraussetzungen erfüllt sind, um zur Wahl anzutreten. |
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| Bei Waldbränden in Kalifornien wurden bislang rund 2000 Gebäude zerstört (© Reuters) |
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Drei Gründe, weshalb die US-Waldbrände so wüten |
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Kalifornien erlebt die schlimmsten Winterbrände seit mehr als vier Jahrzehnten. Rund um Los Angeles sind gleich vier große Feuer ausgebrochen. Vor allem im Nobel-Vorort Pacific Palisades wüten die Flammen. Über 100.000 Menschen sind auf der Flucht. Für die Heftigkeit der Verwüstungen gibt es drei Gründe. Starke Santa-Ana-Winde: Die nach der Bergkette benannten Winde haben die trockene Luft aus dem Landesinneren getrieben und die Feuer maßgeblich entfacht. Mit bis zu 160 Kilometern pro Stunde peitschten sie Flammen und Glut an. Dazu kam: Viele Stromleitungen flatterten in den Böen. Funkenflug entzündete die Böden. Wetterkapriolen: Die Berge und Hügel in der Region sind nach zwei regnerischen Wintern mit dichter Vegetation bedeckt. Nun folgte eine extreme Trockenperiode mit hohen Temperaturen. Das macht die Masse an Pflanzen laut Klima- und Feuerforscher John Abatzoglou zum perfekten Zunder. Stadt-Land-Schnittstellen: Der Trend zu „wildland-urban interfaces“, also Orte, an denen menschliche Populationen auf natürliche Lebensräume treffen, „hat auch das Risiko von Waldbränden erhöht“, sagte die US-Klimaforscherin Janice Coen gegenüber „USA Today“. „Häuser und Infrastruktur können sich entzünden, wodurch eine Rückkopplungsschleife entsteht, die die Hitzeentwicklung und die Ausbreitung von Glut verschlimmert“, so Coen. |
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Gewinnerin: Mit ihrem Buch „Altern" gelang Elke Heidenreich, 81, der größte deutsche Bucherfolg 2024. Das geht aus dem „Branchen-Monitor Buch“ hervor, der vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels veröffentlicht wird. Platz 2 belegt „Das Kalendermädchen" von Sebastian Fitzek. Erst dann folgt Angela Merkels Autobiografie „Freiheit". Heidenreich reflektiert auf sehr persönliche Weise übers Älterwerden und zieht als Fazit: „Das meiste ist vollkommen unwichtig. Man sollte einfach dankbar sein.“ | |
Verlierer? Er hatte bei einem Wahlkampf-Auftritt in Greifswald gerade übers Bürgergeld räsonniert, da wurde FDP-Chef Christian Lindner von einer Lokalpolitikerin der Linken mit einer Rasierschaumtorte attackiert. Der 45-Jährige sprach zwar von einer „Verrohung“ des Diskurses, setzte seinen Auftritt aber fort. Kritik an der Tat kam von Vertretern aller Parteien. Fazit: Wenn der nun beginnende Wahlkampf eines nicht braucht, dann sind es Schaumschlägerinnen. | |
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Trumps Urteilsverkündung TikTok Anhörung Bundesparteitage • Justiz I: Das Strafmaß im Schweigegeld-Prozess gegen Donald Trump soll am heutigen Freitag verkündet werden, zehn Tage vor seiner Vereidigung als US-Präsident. Richter Juan Merchan deutete an, dass keine Haftstrafe zu erwarten sei. Schuldig gesprochen hat der Oberste Gerichtshof Trump bereits im Mai. • Justiz II: Heute wird vor Gericht das drohende Verbot von Tiktok im Land geprüft. Der chinesische Mutterkonzern Bytedance wehrt sich gegen ein Gesetz, das einen Verkauf des US-Geschäfts an eine nicht-chinesische Firma bis zum 19. Januar vorschreibt. Die Regierung in Washington sieht in der Plattform ein Sicherheitsrisiko. • Wahlkampf: Gleich drei Parteien versammeln sich an diesem Wochenende, um ihr Programm für die Bundestagswahl zu beschließen und offiziell ihre Kanzlerkandidaten zu nominieren. Der Bundesparteitag der SPD findet am Samstag in Berlin statt. Die AfD trifft sich am 11. und 12. Januar in Riesa. Das Bündnis Sahra Wagenknecht will ihre Parteichefin am Sonntag in Bonn zur Kanzlerkandidatin wählen.
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… noch eine Frage an Sie: Sind Birkenstock-Sandalen Kunst? Darum ging es nämlich gestern vorm Bundesgerichtshof. Die Firma hatte mehrere Konkurrenten verklagt, die das Design zu frech kopiert haben sollen. Und da kommt das Urheberrecht ins Spiel. Anders als etwa das Patent- oder Designrecht dient das Urheberrecht nämlich dem Schutz kreativer Leistungen. Das galt zum Beispiel schon für Bauhaus-Ikonen oder Möbel von Le Corbusier. | | Ausschnitt aus dem Film „Barbie“, wo die Puppe sich zwischen High-Heels-Kosmos und Birkenstock-Realität entscheiden muss (© Warner Bros.) | Aber gilt derlei auch für die Gesundheits-Treter? Es ging um vier Modelle, u.a. den Schuh „Arizona“, der im Hollywood-Hit „Barbie“ die Hauptdarstellerin bei ihrer feministischen Selbstfindung aus der High-Heels-Welt begleitete. Nun beraten sich die Richter erst mal. Das wird auf jeden Fall länger dauern als die Rückkehr meiner Kollegin Tanit Koch, die Sie schon am Montag hier wieder begrüßt. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende! Herzlichst | | Thomas Tuma |
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