Gewinnerwartungen für die Zukunft gesunken
Gewinnerwartungen für die Zukunft gesunken von Sven WeisenhausVor einer Woche hatte ich zur laufenden Berichtssaison geschrieben, dass mit fast jeder Bilanz, die von den Unternehmen vorgelegt wird, derzeit das (kumulierte) Gewinnwachstum steigt. Und diese Tendenz hat sich für das abgelaufene 3. Quartal 2021 bis heute fortgesetzt. Waren die Erwartungen für das Gewinnwachstum im S&P 500 am vergangenen Mittwoch bereits auf +37,6 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen, so haben sie sich nun auf +40,4 % noch einmal verbessert. (Quelle: Refinitiv, eigene Bearbeitung) Kein Wunder also, dass die Anleger derzeit nur relativ wenig Gedanken daran zu verschwenden scheinen, dass es mit den Aktienkursen auch durchaus mal wieder abwärts gehen kann. Gewinnerwartungen für das 4. Quartal 2021 gesunken! Allerdings sollte man beachten, dass die Gewinnerwartungen für die kommenden Quartale nicht mehr steigen, sondern zuletzt teilweise sogar gesunken sind. So erwarten Experten für das aktuell laufende vierte Quartal 2021 aktuell im Durchschnitt „nur“ noch ein Gewinnwachstum von +22,0 %, nach noch 22,9 % vor einer Woche und 22,7 % vor zwei Wochen. (Quelle: Refinitiv, eigene Bearbeitung) Nun ist das keine dramatische Veränderung. Und das Pendel kann in den kommenden Tagen und Wochen auch wieder in die entgegengesetzte Richtung ausschlagen. Doch blickt man auf die jüngst weiter gestiegenen Kurse am Aktienmarkt, dann scheinen Anleger die Gewinnentwicklung des vergangenen Quartals derzeit höher zu gewichten als das zukünftige Ertragspotential. Und das verwundert schon etwas, angesichts der Annahme, dass die Börsen eigentlich die Zukunft handeln. Vieles hängt vom heutigen Entscheid der US-Notenbank ab Ich beobachte die Kursentwicklung der US-Indizes daher jedenfalls weiterhin mit Skepsis. Doch heute richtet sich der Blick der Anleger erst einmal klar auf die geldpolitische Entscheidung der US-Notenbank. Dabei wird mehrheitlich erwartet, dass die Anleihekäufe, die aktuell ein Volumen von 120 Mrd. USD pro Monat haben, reduziert werden. Eine Drosselung um 15 Mrd. USD je Monat dürfte im Markt bereits eingepreist sein. Denn laut Umfragen von Bloomberg erwarten 92 % (!) der Marktteilnehmer einen solchen Beschluss. Nur 4 % gehen davon aus, dass das monatliche Volumen um weniger als 15 Mrd. USD gekürzt wird. Der Startpunkt des Taperings wird von 63 % der Befragten im laufenden Monat und von 27 % im Dezember vermutet. Daneben wird auch sehr genau darauf geachtet, ob und wie die Notenbank den gestiegenen Zinserhöhungserwartungen entgegentritt. Am Markt werden für das kommende Jahr bereits zwei Leitzinserhöhungen erwartet, die erste schon Mitte des Jahres. Es ist aber davon auszugehen, dass sich die Notenbank hier größtmögliche Flexibilität bewahren und sich daher diesbezüglich nicht zu einer konkreten Aussage hinreißen lassen wird. Sollte die Notenbank die Markterwartungen erfüllen, könnte der Beschluss schnell zu einem Non-Event werden. Zeigen sich die Währungshüter aber ambitioniert, die Anleihekäufe schneller zu reduzieren, könnte dies die Aktienmärkte belasten. Aufwärtstrend im Nasdaq 100 ist sehr reif Insbesondere den Nasdaq 100 sehe ich dabei gefährdet. Denn aus fundamentaler Sicht leiden gewöhnlich besonders Growth-Aktien unter einer restriktiveren Geldpolitik. Und aus charttechnischer Sicht ist der langfristige Aufwärtstrend zwar noch klar intakt, doch hält dieser schon sehr lange an, womit er auch sehr reif ist. Und auch kurzfristig ist die Situation überkauft. Denn die Kurse haben innerhalb von 22 Handelstagen, von denen 13 mit einem klaren Gewinn endeten, mehr als 1.600 Punkte bzw. 11 % zugelegt. Dabei wurde die obere Trendkanallinie, die aktuell bei ca. 16.187 Zählern verläuft, bereits fast wieder erreicht. Und so steht nun einem Restpotential von ca. 200 Punkten (obere Trendkanallinie) ein Korrekturpotential von 1.200 Zählern (untere Trendkanallinie bei 14.732 Punkten) gegenüber, wenn sich der Nasdaq 100 weiterhin an seinen Trendkanal hält. Ich fürchte daher, dass die nächste (ABC-)Korrektur nicht mehr allzu lange auf sich warten lässt. Und damit die völlig überkaufte Lage im Nasdaq 100 ausreichend abgebaut wird, müsste diese deutlich größer ausfallen als die vorangegangenen. Allerdings muss man auch beachten, dass gerade die letzte Phase eines Aufwärtstrends zu einer Übertreibung neigt und die Kurse dabei häufig sogar noch in einen fahnenstangenartigen Anstieg übergehen. So etwas haben wir im Nasdaq 100 zum Beispiel auch im August 2020 gesehen, bevor die erste ABC-Korrektur zu einem Rücksetzer von fast 14 % führte. Und da wir uns inzwischen in der saisonal starken Phase mit Aussicht auf eine mögliche Jahresendrally befinden, sollte man weiter steigende Kurse nicht ausschließen. Aber sicherlich kann es nicht schaden, nun wieder einige Gewinne mitzunehmen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse Ihr Sven Weisenhaus www.stockstreet.de
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