| Zu den Themen aus Berlin: Genau heute vor einem Jahr trat Franziska Giffey als Familienministerin zurück – noch bevor die FU ihr nach einer zweiten Prüfung der Arbeit den Doktortitel wieder entzog. Für unseren Podcast „Berliner & Pfannkuchen“ haben wir die Medienberaterin und Perfomance Coach Julia Binsack gefragt, wie Giffey es geschafft hat, sich erfolgreich aus der Affäre zu ziehen – und ihre politische Karriere mit der Kandidatur zum Amt der Regierenden Bürgermeisterin fortzusetzen, im Gegensatz etwa zu Guttenberg, Schavan und Spiegel. Die entscheidenden Punkte der gelungene Krisenkommunikation aus ihrer Sicht: + Giffey stellte sich als handelnde Akteurin dar. + Sie hat nichts vertuscht. + Sie nutzte in der Krise ihren Ruf als Macherin. + Und sie beherzigte die wichtigste Affären-Erkenntnis: „Wer schweigt, täuscht, sich wegduckt, Verantwortung nicht übernimmt oder gar auf Mitleid setzt und sich als Opfer zeigt, muss die politische Bühne ganz verlassen.“ Giffey hatte lange um den Titel gekämpft, aber im letzten Moment losgelassen und die Flucht nach vorne angetreten: „Wer ich bin und was ich kann, ist nicht abhängig von diesem Titel. Was mich als Mensch ausmacht, liegt nicht in diesem akademischen Grad begründet.“ Ihr Motto: Hinfall, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen. Mundwinkel hoch, Lächeln. Geweint wird woanders. Und welches Bild vermittelt Giffey heute? Bei näherer Betrachtung: ein zwiespältiges. Einerseits duckt sie sich weiter nicht weg – sie tritt auch dann auf, wenn es wehtut: z.B. bei der DGB-Demo zum 1. Mai, wo sie mit Eiern beworfen wurde; oder bei Forschungs- und Hochschulveranstaltungen, wo Akademiker sie schon mal mit vornehmer Herablassung missachten. Die FU teilte uns jedenfalls mit, der „Fall Giffey“ habe nicht nur am Otto-Suhr-Institut, sondern an der ganzen Uni zu einer „zusätzlichen Aufmerksamkeit und Sensibilisierung für das Thema Plagiate und Gute Wissenschaftliche Praxis geführt“. Wir haben die Senatskanzlei nach solchen Wissenschaftsterminen gefragt, hier eine Auswahl: Festakt 150 Jahre ASH, Gründung eines Zentrums für Gen- und Zelltherapie mit der Charité, zwei, drei Grußworte bei ähnlichen Gelegenheiten in den kommenden Wochen und Monaten. Andererseits gehen solche Termine im sonstigen Gute-Laune-Blitzlichtgewitter weitgehend unter: Seit dem Amtsantritt gab es 360 Posts auf ihrem Instagram-Account, darunter viele fröhliche Bilder. Eine Lasagne wurde von ihren Followern besonders wohlwollend kommentiert. Lediglich 2 Beiträge hatten einen Hochschulbezug – obwohl die Koalition Berlin in ihrem Vertrag doch als Wissenschaftshauptstadt mit Strahlkraft und weltweiter Bedeutung feiert. Dazwischen immer wieder: Viel Wollen und Wünschen, viele Ankündigungen und Behauptungen, viel Stolz und Repräsentanz, und das auf so vielen Bühnen wie möglich. Aber dagegen stehen eben auch nur mäßige Umfragewerte: Lediglich 40 Prozent sind mit Giffeys Arbeit zufrieden oder sehr zufrieden, 47 Prozent sind es weniger oder gar nicht. Und so ist der Eindruck der Medienberaterin Julia Binsack nur im ersten Moment verblüffend – sie sagt: „Ihr Image als jemand, der sich kümmert, als Macherin, die volksnah ist, die die Sorgen und Ängste der Menschen versteht, das fällt ihr gerade etwas auf die Füße. Sie ist da im Moment nicht sonderlich präsent. Sie kann ihr Image als Macherin nicht ausspielen.“ | |