Mit rund 1.902 Euro je Feinunze war Gold zuletzt so wertvoll wie nie zuvor. Der Krieg im Nahen Osten und die damit verbundene Nachfrage nach sicheren Häfen haben dem gelben Edelmetall neuen Schwung verliehen. Seit jeher neigen Anleger in unsicheren Zeiten dazu, ihr Vermögen in als sicher geltende Investments zu stecken. Gold, das anders als Papiergeld nicht in beliebiger Menge produziert werden kann, wird in solchen Marktphasen als stabile Wertanlage betrachtet.
Dennoch dürfte sich der eine oder andere Anleger über den Anstieg des gelben Edelmetalls verwundert die Augen reiben, sind in den vergangenen Wochen doch auch die US-Realzinsen kräftig angestiegen. Die Rendite zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen, die als Referenz für Opportunitätskosten der Goldhaltung gelten, überschritt Ende Oktober erstmals seit 2007 die Schwelle von fünf Prozent. Auf der anderen Seite gibt es aber natürlich auch gute Gründe, weshalb sich Gold dennoch recht wacker geschlagen hat. Da wären zum einen der eingetrübte Konjunkturausblick sowie die eingangs erwähnten zunehmenden geopolitischen Unsicherheiten. Hinzu kommt die nach wie vor recht hohe Inflation, die zwar sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks in den vergangenen Monaten zurückgekommen ist, mit 2,9 Prozent in der Eurozone und 3,7 Prozent in den USA aber weiterhin deutlich über dem angestrebten Wert von 2 Prozent liegt. Zudem ist dem Dollar im Vergleich zum Euro zuletzt ein wenig die Puste ausgegangen. Nachdem der Greenback von Mitte Juli bis Anfang Oktober ordentlich zur Gemeinschaftswährung aufgewertet hat, bewegt sich das Währungspaar seither seitwärts. Und: Da Gold rund um den Globus fast ausschließlich in Dollar gehandelt wird, har das Edelmetall daher für Investoren aus dem Nicht-Dollar-Raum an Attraktivität gewonnen. Charttechniker geben grünes Licht für weiteren Anstieg Ebenfalls positiv: Sollten sich die Perspektiven für die US-Konjunktur in den kommenden Monaten eintrüben – selbst eine Rezession scheint nicht ausgeschlossen –, dürfte dies mit sinkenden US-Anleiherenditen einhergehen. Zugleich schwindet die Sorge vor weiteren Zinserhöhungen. Laut dem FedWatch Tool der Chicago Mercantile Exchange, das die Wahrscheinlichkeit für Zinsänderungen der US-Notenbank aufgrund von Terminkontrakten angibt, rechnet der Markt zumindest in der nahen Zukunft nicht mehr mit einer Verschärfung der Geldpolitik. Ein neues Hoch markierte der Goldpreis zwischenzeitlich auch in japanischen Yen, australischen Dollar und britischen Pfund. Nun fragen sich nicht nur die als Goldbugs bezeichneten Fans des Edelmetalls: Könnte dies ein Vorbote für ein neues Rekordhoch in Dollar sein? Immerhin übersprang der Goldpreis jüngst kurzzeitig die psychologisch wichtige 2.000-Dollar-Marke. Geht es nach den Kurvendeutern, stehen die Chancen gut: Sie entdecken in der jüngsten Kursentwicklung ein „v-förmiges-Umkehrmuster“ und leiten daraus ein Anschlusspotenzial von 140 Dollar je Unze ab. Dies wäre mehr als genug, um das Rekordhoch vom Mai dieses Jahres ins Visier zu nehmen, als Gold rund 2.072 Dollar kostete. Zentralbanken decken sich weiter mit Gold ein. Dass die Ampel für den Goldpreis auf Grün stehen könnte, legen auch die jüngsten Daten des World Gold Council nahe. Danach stieg die vierteljährliche Goldnachfrage auf 1.147 Tonnen und lag damit rund 8 Prozent über ihrem Fünf-Jahres-Durchschnitt. Mit Nettokäufen im Gesamtwert von 337 Tonnen war es für die Notenbanken das drittstärkste Quartal der Geschichte. Größte Käufer waren die Zentralbanken Chinas, Polens und die Türkei. Seit Jahresbeginn hat die Nachfrage der Währungshüter indes rund 800 Tonnen erreicht, was laut den Datenreihen des World Gold Council einen neuen Rekord bedeutet. Und: Geht es nach dem Branchenverband, dürfte die starke Kaufserie der Zentralbanken auch für den Rest des Jahres anhalten. Die Investitionsnachfrage summierte sich zwischen Juli und September hingegen auf 157 Tonnen und lag damit 56 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Abflüsse gab es hingegen bei Gold-ETFs, Münzen und Barren. Experten sehen weitherin noch Luft nach oben
Louise Street, Marktanalystin beim World Gold Council, blickt dennoch optimistisch in die Zukunft und traut der Goldnachfrage angesichts der Erwartung weiterer stabiler Käufe durch die Zentralbanken eine „positive Überraschung“ zu. Eine Einschätzung, die auch die Besucher der Global Precious Metals Conference der London Bullion Market Association teilen. Vom 15. bis zum 17. Oktober trafen sich in Barcelona globale Branchenführer und Experten zum Wissensaustausch. Die Mehrheit der dort befragten Experten rechnet damit, dass Gold in den kommenden Monaten eine Outperformance erzielen wird.
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