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Liebe Leserinnen & Leser,
In den Corona-Anfangstagen im Frühjahr 2020 haben meine Frau und ich unser Weinregal im Keller einst gut befüllt. Weniger weil wir uns wegen Corona betrinken wollten, als vielmehr, weil wir den lokalen Weinhändler unseres Vertrauens in dieser so schwierigen Zeit unterstützen wollten - und Wein ja auch nicht schlecht wird, sondern jahrelang gelagert werden kann.
Damals führte meine Frau mit Dierk Steinert (siehe Foto), Inhaber der Weinhandlung "En Gros & en detail" in Leipzig, ein spannendes Interview, in dem er die massiven Probleme schilderte: "Wir haben im Normalfall einen Umsatzanteil von 75 Prozent Gastronomie zu 25 Prozent Umsatzanteil Privatkunden. Der Umsatz aus der Gastronomie ist für acht Wochen zu Null weggebrochen." Sprich: Obwohl sein Ladengeschäft als Lebensmittelhandel eingestuft wurde und dadurch geöffnet bleiben durfte, war er doch indirekt vom Lockdown, da Restaurants geschlossen bleiben mussten. Dadurch brach ihm sein wichtigster Umsatzkanal, die Gastronomie-Belieferung, weg. Daraufhin kauften einige Privatkunden bei ihm im Laden mehr Wein ein als üblich, um Steinert zu untersützten: "Es gab wirkliche Solidaritätskäufe und manche etwas exklusivere Flasche war auch dabei." Und auch ein bereits kurz vor Corona eingerichteter Online-Shop auf Shopify-Basis half Steinert durch die schwierige Zeit.
Warum ich nun soweit aushole? Etwa ein bis eineinhalb Jahre später erzählte mir der Weinhändler, dass einige seiner Kunden noch immer ihre Keller mit Wein voll hätten, ähnlich wie bei uns auch. Denn ich gebe zu: Soviel Umsatz wie im Frühjahr 2020 haben wir nie wieder bei Steinert in einer so kurzen Zeit gemacht.
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Und wenn wir nun die Zeit noch etwas weiter vorspulen auf 2023, so zeigt sich nun dass der Weinhandel erneut zu kämpfen hat. Denn selbst wenn so manches Weinregal mittlerweile wieder leer sein dürfte: Der Ukraine-Krieg und die damit einhergende hohe Inflation sind nach Corona ein weiterer "schwarzer Schwan", den niemand hatte kommen sehen.
Das zeigt sich nun an den aktuellen Halbjahreszahlen von Hawesko, dem wohl wichtigsten Player im deutschen Weinhandel. Zum börsennotierten Konzern gehören die Stationärhändler Jacques’ sowie Wein & Co., der Onlinehandel mit Marken wie Vinos.de, WirWinzer und Hawesko.de und das B2B-Geschäft mit Wein Wolf, Abayan und Grand Cru Select.
"Das anhaltend schlechte Konsumklima aufgrund der hohen Kern-Inflationsrate in Deutschland führte zu einem veränderten Kanal-Mix. In Anbetracht steigender Preise weichen Kunden in allen Lebensmittel-Sortimenten 'nach unten' aus und bleiben auch beim Wein in ihren gewohnten Preiskategorien. In den Endkundensegmenten verschieben sich dadurch die Umsätze aufgrund der kleineren Warenkörbe hin zum stationären Einzelhandel und weg vom E-Commerce", so das Unternehmen in einer Börsenmitteilung.
Und auch wenn das Unternehmen von einem kleinen Umsatzplus schreibt, so ist das nur die halbe Wahrheit: Dieser Umsatzzuwachs wurde nur dadurch erreicht, dass erst im vergangenen Sommer das tschechische Weinhandelsunternehmen Global Wines & Spirits übernommen worden war. Ohne das Geschäft von „Global Wines & Spirits“ kommt auch der gesamte Hawesko-Konzern im ersten Halbjahr 2023 auf einen Netto-Umsatz, der unter dem Vorjahreswert von 312 Millionen Euro liegt. Zieht man nämlich die 11 Millionen Euro der Tschechen vom Konzernumsatz ab, dann liegt der Halbjahresumsatz 2023 bei 303,2 Millionen Euro und damit niederiger als im 1. Halbjahr 2022, berichtet Neuhandeln.
Soviel zu den News von heute - wir lesen uns morgen wieder.
Herzliche Grüße,
Ihr Florian Treiß
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