Liebe/r Leser/in, unser neues Jahrzehnt ist keine zwei Wochen alt, und schon jetzt zeichnet sich ab, wie herausfordernd die Jahre werden, die vor uns liegen. Es ist vor allem die Geschwindigkeit unserer Zeit, die mich beeindruckt. Wie schnell Dinge heute eskalieren können, ja wie sogar die Weltordnung innerhalb weniger Tweets und Stunden auf den Kopf gestellt werden kann, davon wurden wir am dritten Tag dieses Jahres Zeuge. Der Tod des iranischen Terrorgenerals Soleimani droht den Nahen Osten und Nordafrika in einen Krieg zu reißen – mit einem Fuß auf dem Feld stehen dort die Großmächte Russland, China und USA. Über die Woche der Angst, die Stufen der Eskalation und welche Rolle wir Europäer in dem Konflikt besetzen, berichten wir ab Seite 22. Vor allem die Geschwindigkeit unseres digitalen Lebens: Welchen Einfluss die digitale Transformation in Krisen, Kommunikation und demokratischen Prozessen mittlerweile ausübt, wird ab dem nächsten Wochenende in München verhandelt. Bei der großen Innovationskonferenz DLD von Hubert Burda Media, dem Unternehmen, zu dem auch FOCUS gehört, werden mehr als 150 Speaker und 1500 Teilnehmer erwartet. Es diskutieren u. a.: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Start-up-Superstar und Snap-Gründer Evan Spiegel, KI-Experte Sebastian Thrun, Digitalphilosoph Tristan Harris, Kunstkurator Hans Ulrich Obrist, die Pop-Psychologin Esther Perel und hochrangige Politiker wie Markus Söder und Jens Spahn. Die ehemalige Astronautin Catherine Coleman erzählt vom Leben und Überleben im All, Schach-Großmeister Garri Kasparow bittet zum Duell: Nach seinem Auftritt auf der DLD-Bühne am Montag, dem 20. Januar, wird Kasparow zehn Herausforderern die Chance geben, gegen ihn anzutreten. Wenn auch Sie bei der DLD dabei sein wollen, sollten Sie heute noch eine Mail an das Team von DLD-Gründerin Steffi Czerny schreiben. Sie können es unter der E-Mail-Adresse: paul.steinhardt@dld-conference.com erreichen. Deutlich langsamer geht es in der deutschen Politik zu. Es wird wenig regiert, aber viel gefordert: Ob es sich um eine Bodenwertzuwachssteuer handelt oder den Abzug der deutschen Soldaten aus dem Irak oder um den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland oder um höhere Beiträge für Gutverdiener in die Rentenkasse oder um die Frage nach einer anderen Taktik der Polizei in Leipzig oder um einen höheren Mindestlohn oder um ein Dschungelcamp-Verbot wegen der Brände in Australien oder, oder, oder – nichts scheint vor dem Forderungs-Furor der SPD und vor allem des neuen Duos an ihrer Spitze sicher. Daraus spricht möglicherweise ein beinahe kindlich anmutender Glaube, man könne mit Forderungen die Welt verbessern oder ändern. Der Großteil der Ideen aus der Polit-Werkstatt von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ist jedoch so unausgegoren, dass ihre Regierungsgenossen in der GroKo sich beschämt die Ohren zuhalten und sich darin üben, die Ideen der Vorsitzenden zu ignorieren. In Wahrheit steht die Regierungs-SPD um Olaf Scholz weiterhin selbst zur schwarzen Null, sagt es aber lieber nicht ganz so laut. Ob Saskia Esken und NoWaBo das alles ernst meinen oder mit ihren lautstarken Forderungen nur von ihrer Machtlosigkeit ablenken wollen, ist schwer auszumachen. Die Mutter aller Forderungen nach dem Ausstieg aus der GroKo, mit der sie den Mitgliederentscheid zum SPD-Vorsitz gewonnen haben, ist nämlich gar nicht mehr zu hören. Der SPD sollte allerdings klar sein: Auf Dauer hält sie den Spagat zwischen ideologischem Wolkenkuckucksheim und Regierungsalltag nicht aus. Die Welt ist laut und rast – hören Sie also mal in sich hinein. Hören Sie auf Ihren Körper! Er ziept und kneift, juckt und brennt, ächzt und rumort, schwitzt und zittert. Und oft fühlt er sich einfach nur sauwohl, entspannt seine Muskeln, fährt den Herzschlag herunter und atmet sanft ein und aus. Unser Körper übermittelt uns unentwegt Signale. Er ist im ständigen Dialog mit uns. Aber, so warnen viele Ärzte und Psychologen, wir verlieren das Gespür für ihn. Unser Verstand hat Schwierigkeiten, diese Botschaften zu deuten, Schmerzen richtig zu interpretieren. Selbst des Gefühls, hungrig oder satt zu sein, sind wir uns nicht sicher. Eine junge wissenschaftliche Disziplin macht sich daran, den oft verschütteten Zugang zu unserem Selbst zu erkunden und unsere Interozeption zu erforschen, die Wahrnehmung unserer Innenwelt. Reporterin Petra Thorbrietz hat bei den Experten des Gebiets recherchiert. In unserer Titelgeschichte ab Seite 58 können Sie lesen, was sie über die erstaunliche Weisheit und Intelligenz unseres Körpers erfahren hat. Bleiben Sie focussiert! |