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| | | Guten Tag, der Wind pfeift vom Meer her, die Wolken hängen tief, und sogar die Flamingos stecken ihre Schnäbel unter die Flügel, die nun schon rosa gefärbt sind, während der Rest der Tiere noch weiß ist. Sie sehen ein bisschen aus wie die Frisur der Sängerin Billie Eilish, nur halt nicht in Grün-Schwarz, sondern in Pink-Weiß. Mehr hat sich seit vergangener Woche in meinem Exil in diesem kleinen Dorf im Süden Frankreichs nicht verändert. Die Tage zerfließen, vergehen gleichzeitig langsam und schnell, es sind eigentlich lauter Sonntage, die sich da aneinanderreihen. Und zwar die Sorte von Sonntag, an denen man sich ohnehin schon wenig vorgenommen hatte und dann auch dazu nicht kommt. Nur folgt derzeit nie ein Montag. Wenn es auf diese Weise Sommer werden sollte und die Flamingos genügend Shrimps und Krebse gegessen haben, werden sie komplett rosa leuchten. Sie stinken dann übrigens auch sehr, wenn man sich ihnen nähert, aber meistens flattern sie ohnehin davon, wenn ich angetrampelt komme, über den Jogging-Weg, den ich hier alle zwei Tage laufe. Auf diesem Weg durch die Weinberge treffe ich seit Jahrzehnten niemanden, nicht mal den Bauern, der ihn angelegt hat, um seine Reben zu pflegen. Nur am vergangenen Sonntag, als das Wetter besser war, trafen dort Läufer auf Gassigeher und sogar eine Familie, die auf dem Traktorweg eine Partie Boule spielte. Das glich zwar dem Versuch, bei Sturm draußen zu pokern, aber offensichtlich wollen auch die Südfranzosen ihren Tagen eine Struktur geben, der Sonntag soll sich eben wie ein Sonntag anfühlen, inklusive Familienausflug. Und weil man in Frankreich für solche Ausflüge derzeit scharf bestraft wird, versteckt man sich auf Feldwegen. .In den deutschen Nachrichten lese und höre ich unterdessen, dass die Diskussion, wann das alles vorbei sein wird, anschwillt. Als Grund wird genannt, man könne die Wirtschaft nicht so lange lahmlegen. Ich stelle mir die Wirtschaft, wenn sie zum Beispiel von Christian Lindner (FDP) wie eine große, überweltliche Macht beschworen wird, immer vor wie eine Maschine aus einem Mad Max-Film, die dringend am Laufen gehalten werden muss, weswegen in voller Fahrt hier noch was drangeschraubt und dort noch was weggeflext wird, die aber nirgendwo hinfährt und auch nie ankommt. Es scheint, ihr einziger Zweck sei es, zu laufen. So kommt es mir zumindest vor, wenn ich hier, weit weg von allem, zu viel lese und höre über Corona und die Folgen, ich mache mir dann aber eher Sorgen um die Vorerkrankten und die Depressiven, die häusliche Gewalt, die Alten- und Pflegeheime, um die Kleinunternehmer und die Ärztinnen und Ärzte sowieso. So hat halt jeder seine sehr persönliche Unruhe, und ich kann ja nur so und so oft joggen gehen, um mich abzulenken. Es muss jedes Mal eine „Attestation“ ausgefüllt werden, obwohl ich nicht sicher bin, ob alle Franzosen auf dem Weg durch die Weinberge eine dabeihatten, sie gilt ja auch nur eine Stunde. Gefragt habe ich diese freundlichen Menschen in ihren Ringelpullis (tatsächlich!) nicht. Denn einerseits will ich bestimmt nicht der Allemand sein, der hier nach Ausgangszetteln fragt, und andererseits sind alle so höflich meterweit ausgewichen, dass ich hätte rufen müssen. Vielleicht wird das eines der Dinge sein, die von dieser Zeit bleiben, keine bleibende Wirtschaftskrise, sondern eine neue Etikette, bei der man sich aus Höflichkeit nicht die Hände gibt, sondern einen weiten Bogen umeinander zieht, deutlich mit dem Kopf nickt und versucht, mit den Augen zu lächeln, weil über dem eigentlichen Lächeln ein Mundschutz liegt. Wir werden es sehen, am Montag. Wann immer der nächste auch kommen mag. Bis dahin möchte ich das Interview empfehlen, das Lara Fritzsche mit dem Gegenwartsforscher Anthony Adler geführt hat. Vorher wusste ich nicht mal, dass das Fach gibt – nun glaube ich auch gleich an den Zweck diese Forschung. Andrian Kreye wiederum hat einen Mann beschrieben, der schon seit Jahren einen beträchtlichen Teil seines Vermögens in die Bekämpfung möglicher Pandemien steckt: Bill Gates. Wer denkt, dass es sie oder ihn besonders doof erwischt hat mit den Ausgangssperren und dem Social Distancing, oder sich sehr viel Sorgen um die Wirtschaft macht, sollte vielleicht erst mal diese Geschichte von Kai Strittmatter lesen. Nicht nur, weil ich hier neuerdings viel ohne Ziel durch die Gegend renne, sondern weil es wirklich Lust auf Laufen macht, möchte ich noch das Gespräch empfehlen, das Martin Schneider mit dem Marathon-Olympioniken Philipp Pflieger geführt hat. Wenn Sie etwas für die lokale Wirtschaft tun wollen und in München leben, dann sei hier auf das sehr schöne Projekt München bringt's hingewiesen, das ich gerne nutzen würde, wäre ich in der Nähe.
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| Einen schönen Sonntag wünscht David Pfeifer, Leitender Redakteur SZ am Wochenende |
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| | PS: Wer beim Laufen noch extra Motivation braucht, für den Schlussspurt: das Lied Tchiki Tchiki treibt mich seit Jahren immer wieder mal an, wenn ich denke, das wird mir jetzt zu blöd. |
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