Rallye am indischen Aktienmarkt! Liebe Leserin, lieber Leser, indische Aktien sind derzeit gefragt. Der Nifty 50 und andere Indizes haben neue Allzeithochs markiert. Das hat zwei Gründe: 1. Indien ist bei Anlegern beliebt, auch weil das Land von seiner Neutralität in den aktuellen Konflikten wirtschaftlich profitieren kann. Dazu gleich mehr. 2. Die Regierungspartei Bharatiya Janata Party (BJP) hat vor wenigen Tagen wichtige Regionalwahlen gewonnen. das spricht in den Augen vieler Anleger für politische Stabilität. Die Aussicht auf sinkende Zinsen in den USA und weltweit hat die allgemeine Risikobereitschaft der Anleger erhöht, und der indische Aktienmarkt profitiert aufgrund der zwei genannten Punkte derzeit besonders davon. Aktien von Unternehmen aus der Finanzbranche und dem Rohstoffsektor legten besonders stark zu und zogen den Index nach oben. Beide Sektoren machen 41 Prozent im Franklin FTSE India ETF (WKN A2PB5W) aus. Der ETF hat eine niedrigere Kostenquote als die anderen ETFs auf den indischen Aktienmarkt und zeigte in den letzten drei Jahren auch die leicht bessere Performance. Allerdings sind die sich auf den MSCI India oder den Nifty 50 Index beziehenden ETFs nahezu gleichwertig.
Finanzwesen und Software sind die wichtigsten Branchen Der Mischkonzern Reliance Industries ist das Schwergewicht am indischen Aktienmarkt. Etwa die Hälfte seines Umsatzes stammt aus dem Ölgeschäft, der Rest teilt sich auf in Textilien, Einzelhandel, Medien, Telekommunikation etc. Der wichtigste Sektor im ETF ist das Finanzwesen mit einem Anteil von 21 Prozent an der Marktkapitalisierung, gefolgt von der Informationstechnologie, meist handelt es sich um Softwareunternehmen mit 13 Prozent. Sechs Unternehmen aus den beiden Branchen finden sich auch unter den Top 10: Die 10 Schwergewichte im Franklin FTSE India ETF | Aktie (Branche) | Gewicht in % | 1 | Reliance Industries (Öl, Textilien etc.) | 7,94 | 2 | Housing Development Finance (Banken) | 5,87 | 3 | Infosys (Informationstechnologie) | 5,05 | 4 | Tata Consultancy (Informationstechnologie) | 3,56 | 5 | Axis Bank (Banken) | 2,38 | 6 | Hindustan Unilever (Konsum) | 2,29 | 7 | Bharti Airtel (Telekommunikation) | 2,21 | 8 | Larsen & Toubro (Bau, Maschinenbau) | 2,09 | 9 | Bajaj Finance (Finanzdienstleistungen) | 1,92 | 10 | ICICI Bank (Banken) | 1,50 | | Summe | 34,8 |
Doch geht die Rallye nun weiter? Das wird davon abhängen, ob die Risikobereitschaft der internationalen Anleger hoch bleibt. Nach wie vor scheint es so, als würden sich viele Anleger aus China zurückziehen bzw. immer mehr auf Indien setzen. Das hat Gründe: Auf der einen Seite ist China aktuell nicht mehr der Wachstumsmotor der Weltwirtschaft. Zahlreiche schon lange bestehenden Strukturprobleme treten seit längerem offen zu Tage. Dazu kommt die rigidere Politik Pekings gegenüber privaten Unternehmen und der Konflikt mit den USA. Beides bewegt internationale Unternehmen dazu, die Abhängigkeit von China zu verringern. Viele Anleger, speziell aus den USA, scheinen China ganz den Rücken gekehrt zu haben. Der chinesische Aktienmarkt befindet sich nach wie vor im Abwärtstrend, eine Wende nach oben bleibt trotz teils niedriger Aktienbewertungen bisher aus. Große Fortschritte, aber auch Probleme Doch Indien profitiert nicht nur von der Schwäche Chinas, es gibt in Indien selbst positive Entwicklungen, die dessen Attraktivität für Anleger erhöhen. Das Wachstum war in den letzten Jahren höher als in China und das dürfte auch 2024 so bleiben. Dazu kommt: Indien wirkt wegen seines demokratischen Systems und seiner traditionellen Neutralitätspolitik anziehend für westliche Politiker und auch für Unternehmen. Allerdings sollte man die Kirche im Dorf lassen, Indien kann China in dessen Bedeutung für die Weltwirtschaft auf absehbare Zeit nicht ersetzen. Das BIP pro Kopf ist nur halb so hoch wie in China, das daher noch lange der größere und attraktivere Absatzmarkt bleibt. Zudem zieht Indien zwar mehr Direktinvestitionen von Unternehmen an, aber trotz mancher Ankündigungen und Pläne großer Konzerne zeigen die nackten Zahlen hier bislang keinen Boom. Nicht nur Apple beklagt Probleme mit der Profitabilität indischer Fabriken sowie mit Logistik, Zöllen und Infrastruktur. Das waren auch früher schon große Investitionshemmnisse, und die werden sich nur langfristig beheben lassen. Zudem gibt es andere Länder, die China gern als Produktionsstandort ablösen möchten wie z.B. Vietnam. Im Korruptionsindex z.B. rangiert Indien hinter beiden Ländern. Bürokratie und eine wenig zentralisierte Regierung machen Unternehmen in Indien das Leben immer noch schwer, auch wenn es zweifellos große Fortschritte bei der Regierungsführung, in der Verwaltung und dem Ausbau der Infrastruktur gibt. Die zunehmende Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung z.B. ist ein großer Sprung nach vorne. Wichtig ist auch festzuhalten: Zu einer straff geplanten staatlichen Wirtschaftspolitik wie in China ist Indien nicht in der Lage. Auch sollte sich niemand der Illusion hingeben, in Indien gäbe es für Anleger kein politisches Risiko. Nach Ansicht von Politikexperten hat sich das Land in den letzten Jahren in Richtung einer „Autokratie mit Wahlen“ entwickelt. Die Spannungen zwischen den Religions- und Volksgruppen haben zugenommen. Doch das alles bedeutet auch, dass Indien viel Wachstumspotenzial besitzt, das aber nur gehoben werden kann, wenn die strukturellen Probleme weiter angegangen werden und wenn es nicht zu einer politischen Destabilisierung kommt.
Die unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung in China und Indien spiegelt sich auch am Aktienmarkt wider. Seit Anfang 2022 bewegen sich der MSCI China ETF (WKN: LYX0YW) und der Franklin FTSE India ETF (WKN: A2PB5W) oft entgegengesetzt. Durch die stark unterschiedliche Performance ist der Anteil indischer Aktien im iShares MSCI Emerging Markets IMI ETF deutlich auf 17,5% gestiegen (China: 25,0%). Mitte 2020 lag der Anteil chinesischer Aktien im Emerging Markets Index noch bei fast 40 Prozent, der Indiens bei 8 Prozent. Mein Fazit Die Rallye kann sich zwar noch fortsetzen, aber der indische Aktienmarkt scheint inzwischen überhitzt. Immer mehr inländische Privatanleger investieren ohne großes Know-how in Aktien. Dieser Boom kann rasch ins Gegenteil umschlagen, wenn es zu einer stärkeren Korrektur kommen sollte. Nicht nur die Experten der Barclays Bank sehen den indischen Aktienmarkt inzwischen als ambitioniert bewertet an. Langfristig bietet Indien zweifellos Chancen für Anleger, aber antizyklisch gesehen ist jetzt kein guter Zeitpunkt für einen Einstieg. Zumal es auch Risiken gibt, altbekannte Strukturprobleme sind nicht beseitigt. Und es gibt Grenzstreitigkeiten mit China, die Peking zur Destabilisierung Indiens nutzen könnte. Die beiden Länder-ETFs haben sich in den letzten Jahren oft entgegengesetzt entwickelt. Im MSCI Emerging Markets ETF haben sich beide Kurseffekte daher teils aufgehoben, der ETF entwickelte sich konstanter.
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Herzliche Grüße und bis kommende Woche Dein Lars Erichsen Chefredakteur Rendite-Report www.rendite-report.de |