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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 15.02.2021 | Abendliche Schneeschauer bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. | ||
+ Müller mahnt zur Geduld + Grüne drehen sich bei der U-Bahn im Kreis + Mitte ist Berlins vermülltester Bezirk + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, wir schauen zu Beginn mal schnell ins Kino-Programm (ist ja schließlich Berlinale; mehr dazu im „Encore“) – und lesen auf der Ankündigungstafel des (geschlossenen) Bundesplatz-Kinos: „Schnee von heute – Wegen des großen Erfolgs Verlängerung! 2. Woche“. Tatsächlich könnte es heute nochmal zu einem kleinen Flockdown kommen, bevor es taut (max. 5 cm, siehe auch „Das Eis wird dünner“). Der Kino-Lockdown dauert dagegen noch an. | |||||
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Bei „Berlin direkt“ im ZDF warnte der Regierende Ministerpräsidentenvorsitzende Michael Müller gestern Abend trotz sinkender Inzidenz (F‘hain-Xberg und T‘hof-S‘berg sind unter 50, Steglitz-Z’dorf bei 32,6) vor zu großer Hoffnung auf baldige Wiedereröffnung von Kultur und Kommerz: Die Werte müssten erst stabil unter 35 liegen, und zwar großflächig. Osterurlaub hält Müller immerhin „für denkbar“ – aber das kann auch bedeuten, dass er vielleicht wieder nur im Kopf stattfindet, als schöne Fantasie. Viel hängt ab vom Tempo, mit dem sich die hoch ansteckenden Virusvarianten verbreiten – in Berlin tauchen sie inzwischen bei jeder zehnten Neuinfektion auf (Q: Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci). Müller meint seine Mahnung zu mehr Geduld also durchaus ernst – auch wenn er zuletzt öfter lächelnd zu sehen ist, wie am Sonnabend bei Phoenix. Der Comic-Künstler Matthias Lehmann, der das politische Leben Müllers zu zeichnen versuchte, stellte beim Gespräch jedenfalls fest: „Sie kommen sehr entspannt rüber.“ | |||||
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Angetreten war die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch, um „Brücken zu bauen“ – vom Bau neuer U-Bahnstrecken hielt sie (wie die meisten Grünen) eher wenig. Doch die Meldung der „Morgenpost“, dass ausgerechnet die (grün geführte) Verkehrsverwaltung eine Verlängerung der U7 in beide Richtungen empfiehlt (BER und Heerstraße), kommentierte sie jetzt so: „Gut, wenn der Senat die Debatte über neue U-Bahnlinien versachlicht. Die U-Bahn ist ein wichtiger Teil der Verkehrswende.“ Hm, demnach wäre wohl auch das gleichzeitige Vorwärts- und Rückwärtsfahren ein wichtiger Teil der Verkehrswende; zumindest scheint es ein elementarer Bestandteil von Jaraschs Wahlkampf zu sein. Vielleicht will sie die Berliner Untergrund-Bahnen demnächst aber auch nur noch über Brücken fahren lassen, das Oben und Unten ist schließlich auch ein wichtiger Teil der Verkehrswende, ebenso wie das Drunter und Drüber. Die grüne Wirtschaftssenatorin Ramona Pop, die den Zug ins Chefzimmer im Roten Rathaus vor ein paar Wochen verpasst hatte, stieg jedenfalls gleich ein und reagierte ironisch jubelnd so: „Weitere Linien werden folgen! Freue mich darauf, und: Jede Senatsdebatte ist selbstverständlich sachlich.“ Anmerkung der Redaktion: Früher haben sich die Grünen auch fürs Klima interessiert. Nach aktuellen Berechnungen für ein Gutachten (hier nachzulesen) amortisiert sich der Umweltbauschaden einer U7-Verlängerung erst nach 128 Jahren (unter Berücksichtigung der überirdischen Teilstrecken). Bis dahin dürfte nicht nur den Nachnachnachfolgern der heutigen Grünen-Generation das Wasser bis zum Hals stehen. | |||||
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Ein herrlicher Spaß ist die „Joyn“-Doku „Unfck the World“ (ganz cool ohne „u“) über den (nicht nur an Corona gescheiterten) Versuch, am 12. Juni 2020 die Welt durch eine Petitionsveranstaltung im Olympiastadion zu retten – allein schon der Start-up-Sprech der dengelnden Aktivsten ist allerfeinste Unterhaltung („Also das is‘n huge success“). Teil 1 läuft unter dem Titel „Aufstand der Wissenschaftler“, und in einer Schlüsselszene sollen die „Scientists for Future“ im leeren Stadion für ein PR-Video den ausgewählten Slogan rhythmisch skandieren („Unfuck the World. Es eignet sich super als Festival-Titel, Unfuck the world. Es ist so… so call to action-mäßig“). Philip Siefer, einer der beiden Organisatoren, singt vor: „Aaanfuck, Anfuck the World, Aaanfuck the World“ (Klatschklatsch). Die Gruppe stimmt nur zögernd ein, einer fragt: „Was ist, wenn wir nicht ‚fuck‘ sagen wollen?“ Tja, Problem. Was jetzt? „Wir piepsen das aus“, schlägt Siefer vor. Die Wissenschaftler ziehen sich zur Beratung zurück. „Einige stören sich jetzt hier an der Nicht-Jugendfreiheit.“ „Das heißt halt so.“ „Das wollen wir gar nicht erst aufmachen, das Fass.“ Waldemar Zeiler, der andere Organisator, versucht, einen Zweifler zu überzeugen. „Das ist natürlich provokativ, aber die Presse wird extrem darüber berichten.“ Eine Frau löst sich aus der Gruppe und geht auf Siefer zu: „Also ich glaube, es gibt noch keinen Konsens darüber, dass wir ‚Unfuck the World‘ rufen.“ „Ok, wer nicht will, braucht nicht.“ „Aber wir stehen ja trotzdem hier zusammen.“ „Ok, hat jemand eine Idee für einen neuen Slogan?“ Hm, wie wär’s vielleicht mit „Vornehm geht die Welt zugrunde“? | |||||
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Immer mehr Müll (inkl. Hausratschrott) landet in Berlin auf der Straße: Vor drei Jahren waren es 31.900 Kubikmeter, vor zwei Jahren 33.200 und im vergangenen Jahr 39.500 m³. Abfuhrkosten laut BSR: Fünf Millionen Euro. Im krassen Gegensatz dazu stehen die Einnahmen durch Bußgelder wegen illegaler „Entsorgung“ – hier eine Bezirksübersicht (Zahlen für 2020): Spandau: 8960 Euro Reinickendorf: 4940 Euro Marzahn-Hellersdorf: 2890 Euro Friedrichshain-Kreuzberg: 2775 Euro Neukölln: 2520 Euro Mitte: 785 Euro Pankow: 500 Euro Charlottenburg-Wilmersdorf: 0 Euro Lichtenberg: 0 Euro. Steglitz-Zehlendorf: 0 Euro („Keine Ermittlungsansätze“) Treptow-Köpenick: 0 Euro („Kann leider nicht beantwortet werden“) Tempelhof-Schöneberg: 0 Euro („Die Verursachenden konnten nicht ermittelt werden“) Macht zusammen gerade mal 22.370 Euro, also ein 213tel der angefallenen Kosten (von den Aufwendungen für Ermittlung und Bußgeldabwicklung einmal abgesehen). Besonders interessant ist ein näherer Blick auf zwei der zwölf: + Tempelhof-Schöneberg sieht sich als einziger Bezirk nicht einmal in der Lage anzugeben, wie viele Sperrmüllmeldungen überhaupt eingegangen sind (Zuständig: Stadträtin Christiane Heiß, Grüne). + Mitte bleibt mit 18.346 Meldungen der vermüllteste Bezirk Berlins (Pankow kommt als Zweitplatzierter auf 10.188 Meldungen), erhält aber andererseits mit 719.000 Euro die meisten Mittel aus dem Programm „Saubere Stadt“ – fast das Dreifache des Durchschnitts aller Bezirke (und 225.000 Euro mehr als Neukölln). Dagegen die Zahl der Bußgeldbescheide: fünf. Somit teilen sich Mitte und Tempelhof-Schöneberg den erstmals in diesem Jahr vom Checkpoint vergebenen Preis „Die Blechtonne“ (wird auf Wunsch bis zur Rathaustür gerollt). Oft gemeldet werden auch überquellende Abfallbehälter in Parks. CP-Leser Thomas Röming fotografierte gestern so einen am Müggelsee – dort hatten sich offenbar Hochstapler beim Ausflug getroffen (hier zu sehen). | |||||
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