Für das Klima.
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13. Januar 2023
Klimafreitag
Alles zu Klimakrise und Umweltschutz
Nadja Schlüter
Redakteurin Audio-Team
SZ Twitter Mail
Guten Tag,

Wenn Sie wollen, können Sie die Räumung live verfolgen. Wie einbetonierte Barrikaden aus dem Asphalt gehämmert werden, Polizisten und Aktivisten im Schlamm rangeln, Menschenketten Zufahrtswege blockieren und Maskierte abgeführt werden. Denn vom Einsatz der Polizei in und um Lützerath, der am Mittwoch begonnen hat, und dem Widerstand der Klimabewegung gibt es online unzählige Bilder, Videos, Tweets und Storys zu sehen. Auch Jana Stegemann und Christian Wernicke, SZ-Korrespondentin und -Korrespondent in Nordrhein-Westfalen, schreiben über den Protest und die Räumung im Rheinischen Braunkohlerevier. Gemeinsam haben sie vorab das Protest-Camp in Lützerath besucht, Wernicke hat im SZ-Podcast „Auf den Punkt“ über die Hintergründe der Besetzung und des Polizeieinsatzes gesprochen, und auch die aktuellen Entwicklungen verfolgen sie für die SZ.

Und ja, das ist ja auch alles sehr spannend zu beobachten. Ich erwische mich selbst ständig dabei, wie ich Instagram öffne, um die neuesten Story-Posts aus „Lützi" nicht zu verpassen. Aber wenn ich die App dann wieder schließe und die Bilder sacken lasse, erwische ich mich auch oft dabei, wie ich mich frage: Was bringt das eigentlich? Können die Aktivistinnen und Aktivisten in Lützerath überhaupt irgendwas erreichen?

Viele vergleichen „Lützi“ ja gerade mit dem „Hambi“. Der Hambacher Forst, nur 30 Kilometer südlich von Lützerath gelegen, war ebenfalls von Klimaaktivisten besetzt gehalten worden, damit er nicht für den Kohleabbau gerodet wird. 2018 wurde geräumt, es war der größte und teuerste Polizeieinsatz in der Geschichte Nordrhein-Westfalens – und außerdem ein ziemlich gewalttätiger. 2021 wurde entschieden, dass die Räumung rechtswidrig war. Vor allem aber wurde 2020 im Kohleausstiegsgesetz festgeschrieben, dass der „Hambi“ erhalten bleiben soll. Die Besetzer haben also ihr Ziel erreicht. Nur: In Lützerath ist die Ausgangslage eine andere. Das Dorf gehört RWE, die ehemaligen Bewohner und Bewohnerinnen wurden längst ausbezahlt und umgesiedelt und vor allem wurde die Räumung, die jetzt begonnen hat, gerichtlich bestätigt.

So gesehen lauten die Antworten auf meine Fragen also: Der Protest bringt nichts. Die Aktivistinnen und Aktivisten können Lützerath nicht retten und den Abbau der Kohle unter dem Dorf nicht verhindern.

Aber Protest hat ja selten nur ein konkretes Ziel, sondern immer auch ein symbolisches. Er will Aufmerksamkeit generieren, für ein Thema sensibilisieren, ein Zeichen setzen. Was das angeht, erreichen die Aktivisten und Aktivistinnen vielleicht doch etwas. Denn die Bilder von der Räumung machen Eindruck, genauso wie die von den martialischen Kohlebaggern und dem riesigen Loch in der Erde, an dessen Kante die Häuser sich noch klammern. Sie zeigen, was für ein Wahnsinn der Abbau fossiler Energieträger ist – ebenso wie ihre anschließende Nutzung. „Lützi“ steht damit also symbolisch für den Widerstand gegen die fossile Energien. Dafür, dass das Verbrennen von Kohle und der Ausstoß von CO₂ jetzt sofort und überall gestoppt werden müssen, um das 1,5-Grad-Ziel vielleicht doch noch einhalten zu können.

Gleichzeitig gibt es aber Zweifel daran, dass Lützerath als Symbol die richtige Wahl ist. Denn durch den Kohlekompromiss bleiben fünf umliegende Dörfer, die ursprünglich auch der Kohle weichen sollten, erhalten, und RWE steigt 2030 aus der Kohle aus, acht Jahre früher als geplant. Dass Lützerath abgebaggert wird, schreibt Jana Stegemann in einem Kommentar, „ist Teil eines Deals, den die Klimaaktivisten eigentlich als Sieg für sich verbuchen können“. Die Klimabewegung habe die Bagger in NRW schon gestoppt.

Ähnlich sieht es Stefan Kornelius, Chef des SZ-Politik-Ressorts: In seiner Video-Kolumne sagt er, dass Lützerath „der falsche Platz“ für den Protest gegen die Klimapolitik sei. Zum einen, weil juristisch eben alles schon geklärt sei. Zum anderen aber auch, weil das Mitmischen gewaltbereiter Radikaler in Lützerath die Akzeptanz für Klimaproteste gefährde. Und weil die Klimabewegung sich „mit ihrem Absolutheitsanspruch“ selbst schade. Denn die Energiewende brauche „die Fähigkeit zum Kompromiss“.

Am Ende habe ich also doch keine klaren Antworten auf meine Fragen. Im Gegenteil: Ich habe sogar noch weitere. Und möchte die gerne an Sie weitergeben: Meinen Sie, dass der Protest in „Lützi“ dem Klimaschutz hilft? Ist er sinnlos? Oder schadet er den Zielen der Klimabewegung gar? Und sollten wir den Aktivisten und Aktivistinnen vielleicht zurufen „Choose your battles!“, dass sie also ihre Energie für die Kämpfe bündeln sollen, in denen wirklich noch etwas zu gewinnen ist? Oder denken Sie, dass beim Thema Klimaschutz alle Schlachten geschlagen werden müssen – weil es um alles geht?

Ich freue mich auf Ihre Gedanken dazu an klimafreitag@sz.de.

Viele Grüße sendet
Nadja Schlüter
Redakteurin Audio-Team
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