Liebe Frau Do, ein Hinweis in eigener Sache vorweg: Für den Rest der Woche kommt die „Stimme des Westens“ von meinem Kollegen Christian Sieben. Er unterstützt den Newsletter schon länger und wird ihn künftig immer wieder einige Tage am Stück ganz übernehmen. Der 42-Jährige stammt aus Duisburg und hat Geschichte und Politik in Düsseldorf studiert, sein Herz brennt für Kunstgeschichte, Wandern und den FC Liverpool. Gemeinsam mit Wolfram Goertz schreibt er die Chat-Kolumne „Die Störenfriede“, neulich hat er Ihnen seine geliebte Schimanski-Jacke vorgestellt. Kurzum, ich schätze ihn als klugen, kreativen Kopf und erstklassigen Schreiber, der sich bestens für die „Stimme des Westens“ eignet. Ende des Monats stößt Dorothee Krings dazu, die ich Ihnen dann näher vorstelle. Wir werden also etwas vielstimmiger, und darüber freue ich mich sehr. Heute wichtig: Fußball: Was für ein Krimi am Abend! Italien hat sich erst im Elfmeterschießen gegen Spanien durchgesetzt und steht jetzt zum vierten Mal im EM-Finale. „Wir haben gegen einen mächtigen Gegner gespielt. Wir haben gelitten aber wir haben es nach Hause gebracht“, kommentierte Siegschütze Jorginho. Maskenpflicht: Bundesjustizministerin Christine Lambrecht ist vorerst gegen eine Aufhebung der Maskenpflicht in Innenräumen. Auch eine Impfung biete keinen hundertprozentigen Schutz vor einer Weitergabe des Virus, sagt sie. Derweil meldet das RKI eine leicht steigende Sieben-Tage-Inzidenz für heute. Niederlande: Der prominente Kriminalreporter Peter R. de Vries ist in Amsterdam durch einen Schuss schwer verletzt worden. Drei Verdächtige wurden festgenommen. Impfkampagne: Kreuzimpfung statt doppelt Astrazeneca – auf die plötzlich geänderte Empfehlung der Ständigen Impfkommission reagierten die Menschen mit großer Unsicherheit. Auch Jürgen Zastrow, Leiter des Impfzentrums Köln, kritisiert die Stiko: Nun säßen Praxen und Impfzentren auf Tausenden Astrazeneca-Dosen, die sie gerne zurückgeben würden oder ansonsten vernichten müssten. Ihn ärgert auch die eingeschränkte Empfehlung für Kinder ab 12 Jahren. „Schlechter hätte man es nicht machen können“, sagt er im Interview mit Antje Höning. Noch mehr aktuelle Nachrichten gibt es zum Hören – von Montag bis Samstag jeden Morgen ab 5 Uhr in unserem „Aufwacher“-Podcast. Meinung am Morgen: Wahlkampf: In gut 80 Tagen findet die Bundestagswahl statt. Gestern hat die CDU ihren Wahlslogan bekannt gegeben, für den die Partei auch prompt Spott erntete. Zuvor gab es viel Kritik am Buch von Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, jetzt äußerte sich auch Bundesinnenminister Horst Seehofer. Viele beklagen einen miesen Wahlkampf. „Dieser Wahlkampf ist wie eines dieser quälenden Fußballspiele, bei denen keine Mannschaft aus der Deckung kommt, die Abwehr den Ball hin und her kickt, kein Spielzug das Niveau der Kontrahenten erkennen lässt“, meint auch Dorothee Krings – und erörtert, warum das Spiel nicht anders angegangen wird. Corona: Die „Stimme des Westens“ besteht manchmal aus Stimmen des Westens. Martin Kessler argumentiert in seinem Leitartikel, warum die Lockerungen für einige Reiseländer zu früh kommen. „Sehenden Auges trägt die Bundesregierung dazu bei, dass es beschleunigt zu einer vierten Welle kommt“, schreibt er. Unsere Kolumnistin Maria-Sibylla Lotter, Philosophie-Professorin in Bochum, warnt hingegen vor einer „schädlichen Dauerängstlichkeit, auch wenn wir Corona absehbar nicht loswerden. Aus meiner Sicht haben beide recht, was die Sache nicht leichter macht. Der Umgang mit der Pandemie hat regelmäßig dazu geführt, dass sich Menschen – nicht nur in Politik und Medien, sondern auch im Privaten – in polarisierte, verhärtete Konfrontationen begeben, die wir hinter uns lassen sollten. Russland: Eine Konfrontation spielt sich gerade auch im Schwarzen Meer ab, wo die Nato und die Ukraine das Manöver „Sea Breeze“ abhalten und damit Russland empören. Unser Korrespondent Ulrich Krökel analysiert, was auf die Region zukommt, in der Macht mehr bedeutet als Recht. Mich erinnert das an den Kalten Krieg, den wir doch hinter uns gelassen haben glaubten. Ein gutes Ende ist nicht in Sicht, war es damals aber auch nicht – es gibt also Hoffnung. Sie wollen noch mehr Analysen und Kommentare? Unser Meinungs-Ressort versorgt Sie jeden Tag mit aktuellen Beiträgen. So gesehen: Apropos: Hoffnung als Haltung finde ich unabdingbar, erst recht, wenn nicht klar ist, worauf sie sich eigentlich gründen soll. Meine Schwester spottet gelegentlich über meine Versuche, stets auch das Gute zu sehen. Natürlich lässt sich in der Geschichte wie in der Welt von heute unfassbar viel Leid und Hass erkennen – auch in unserem wohlhabenden Land – und bestimmen unzählige scheinbar unlösbare Konflikte das internationale Geschehen. Als Journalisten verschließen wir die Augen davor nicht, im Gegenteil – aber ich weigere mich schlicht, mich davon bestimmen zu lassen. Mit Pessimismus lässt sich nichts erreichen, und krank macht er im Zweifel auch. Zynismus liegt mir nicht. Bleibt nur die Hoffnung; wo sie ist, findet sich auch Zukunft. „Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende“, soll Oscar Wilde behauptet haben. Und auch wenn das Zitat wie ein abgegriffener Poesiealbumspruch klingt, mag ich es doch sehr, denn aus ihm spricht eben jene Hoffnung und große Gelassenheit. Aber jetzt steht erstmal kein Ende an, sondern ein Anfang, nämlich ein neuer Tag – und der wird gut, einverstanden? Herzlich Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |